Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
Vom Netzwerk:
Problem, daß niemand mehr in der Firma ist, den ich um Rat fragen kann, und Schriftliches gibt es so gut wie gar nicht. Vorsichtsmaßregel. Tiger ist verschwunden. Die Hälfte der Belegschaft hat sich krankgemeldet -« »Und Mr. Massingham?« unterbrach ihn Dr. Conrad mit einer Stimme, die vollkommen tonlos geworden war.
    »Massingham tourt durch die Weltgeschichte, um Investoren zu beschwichtigen. Wenn ich ihn zurückpfeife, entsteht genau der Eindruck, den wir vermeiden wollen. Im übrigen ist Massingham in juristischen Dingen kaum zu gebrauchen.« Conrads Miene zeigte nichts als massives Unbehagen. »Und dann stellt sich die Frage nach dem Geisteszustand meines Vaters - nach seiner geistigen Gesundheit - oder wie man das nennen will« er erlaubte sich ein ehrbares Zögern - »Der Streß hat schon vor Weihnachten angefangen, er hat einiges ausstehen müssen.« »Streß«, wiederholte Dr. Conrad.
    »Er kann schon eine Menge vertragen - bestimmt nicht weniger als Sie -, aber so was gibt es: Manchmal kommt ein Nervenzusammenbruch genau im richtigen Moment. Je zäher ein Mann ist, desto länger hält er durch. Aber wer Augen hat zu sehen, erkennt die Anzeichen schon lange vorher. Wenn der Mann plötzlich nicht mehr auf allen Zylindern läuft.« »Wie bitte?«
    »Wenn er aufhört, sich rational zu verhalten. Und es nicht
merkt.«
»Sind Sie Psychologe?«
    »Nein, aber ich bin Tigers Sohn, sein Partner und sein größter Fan; und, wie Sie sagen, er ist auf meine Hilfe angewiesen. Und Sie sind sein Anwalt.« Aber nach seinem unbewegten Gesichtsausdruck zu urteilen, schien Dr. Conrad nicht einmal das zugeben zu wollen. »Mein Vater ist verzweifelt. Ich habe mit den Leuten gesprochen, die in den Stunden vor seinem Verschwinden in seiner Nähe gewesen sind. Er hatte vor allem einen Wunsch: Er wollte mit Kaspar Conrad sprechen. Mit Ihnen. Und nur mit Ihnen. Bevor er mit irgendeinem anderen auf der Welt sprechen würde. Er hat seinen Besuch hier geheimgehalten. Sogar vor mir.«
    »Und woher wissen Sie dann, daß er mich besucht hat, Oliver?« Oliver brachte es fertig, diese unangenehm scharfsinnige Frage zu überhören. »Ich muß dringend zu ihm. Ihm helfen, so gut ich kann. Ich weiß nicht, wo er ist. Er braucht mich.« Bringen Sie Conrad dazu, Ihnen die Weihnachtsgeschichte zu erzählen, hatte Brock gesagt. Warum hat Tiger ihn allein im Dezember und Januar neunmal besucht? »Vor ein paar Monaten ist mein Vater in eine schlimme Krise geraten. Er hat mir von einer Verschwörung geschrieben, die auf seinen Sturz abzielt. Er hat mir gesagt, außer mir selbst gebe es nur einen Menschen, zu dem er Vertrauen habe, und das seien Sie. ›Kaspar Conrad ist auf unserer Seite.‹ Und gemeinsam hätten Sie beide gesiegt. Sie hätten die Gegner abgewehrt, wer auch immer das war. Tiger war überglücklich. Vor zwei Wochen wird Winser erschossen, und wieder eilt mein Vater zu Ihnen. Dann verschwindet er. Wo ist er? Er muß doch gesagt haben, wohin er gegangen ist. Was hat er vor?«

    14
    Eine Wiederholung, dachte Oliver, als Conrad zu reden anfing. Es ist fünf Jahre her, und Tiger steht hier an diesem Schreibtisch, und ich harre gehorsam in seinem Schatten aus, noch übersatt vom letzten Abendessen: Vater und Sohn in der Kronenhalle, Kalbsschnitzel und Rösti und Rotwein des Hauses, und anschließend das privatere Vergnügen aus der Minibar meiner Hotelsuite. Tiger hält mal wieder eine Rede zur Lage der Nation, und die Nation bin wie üblich ich:
    »Kaspar, lieber Freund, gestatten Sie mir, Ihnen Oliver vorzustellen, meinen Sohn und frischgebackenen Partner, der ab heute zu Ihren geschätzten Kunden zählt. Wir haben einen Auftrag für Sie, Kaspar. Sind Sie bereit?«
    »Bei Ihnen, Tiger, bin ich zu allem bereit.«
    »Unsere Partnerschaft ist absolut, Kaspar. Oliver besitzt den Schlüssel zu allen meinen Geheimnissen und ich zu seinen. »Einverstanden und zur Kenntnis genommen, Tiger.« Und ab zum Lunch bei Jacky.
    Drei Monate später, und diesmal sind wir eine richtige Versammlung: Tiger, Michail, Jewgenij, Winser, Hoban, Schalwa, Massingham und ich. Wir feiern ein von Kaffee beschwingtes Fest der Freundschaft, und dann geht´s zu einem nahrhafteren Fest ein paar Häuser weiter ins Dolder Grandhotel. Am Abend zuvor habe ich in Chelsea mit Nina geschlafen, und auf der linken Schulter unter meinem Hemd von Turnbull & Asser trage ich noch die blutigen Abdrücke ihrer Zähne. Jewgenij ist schweigsam, vielleicht ist er eingeschlafen. Michail

Weitere Kostenlose Bücher