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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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er oder sie es so gewollt hat. Wenn es um die Wahrung des Bankgeheimnisses geht, sind die Schweizer einfach nicht zu schlagen. Gesetz ist Gesetz für die. Und Kodex ist Kodex. ›Von einem Kunden‹, mehr kriegt man nicht aus ihnen heraus. Sie haben uns lediglich gesagt, das Geld stamme von einem seit langem bestehenden und gut geführten Konto, und sie hätten nicht den geringsten Grund, an der Rechtschaffenheit des Kunden zu zweifeln. Und das war´s. Der Rest ist Schweigen.« »Wieviel?« sagte Oliver.
    Pode antwortete ohne zu zögern. »Fünf Millionen und dreißig Pfund. Und was wir alle gern wissen würden: Wo stammt das Geld her? Wir haben Crouchs Anwälte gefragt. Von ihm stammt es nicht, sagen sie. Wir haben sie gefragt, ob Mr. Crouch uns bei der Frage nach Carmens Wohltäter denn irgendwie weiterhelfen könne. Mr. Crouch ist gegenwärtig auf Reisen, sagt man uns. Zu gegebener Zeit werde man Verbindung mit uns aufnehmen. Nun, auf Reisen, das ist doch heutzutage keine Entschuldigung. Wenn also Crouch das Geld nicht überwiesen hat, wer dann? Und wie kommt der- oder diejenige überhaupt dazu? Wer zahlt in den Fonds Ihrer minderjährigen Tochter fünf Millionen und dreißig Pfund in bar ein, ist aber kein Treuhänder, informiert die Treuhänder nicht im voraus und gibt auch seinen Namen nicht preis? Wir dachten, vielleicht können Sie uns da weiterhelfen, Oliver. Alle anderen können es offensichtlich nicht. Sie sind unsere letzte Chance.« Pode unterbrach sich, damit Oliver etwas sagen konnte, aber der hatte nichts zu sagen. Er hatte sich wieder in sich zurückgezogen. In den Kragen seines Mantels gekauert, das lange schwarze Haar nach hinten geworfen, einen Finger an Augen in die Ferne. In seinem Kopf liefen Ausschnitte aus dem schlechten Film seines bisherigen Lebens - eine schmucklose Villa am Bosporus, Schulen, an denen er versagt hatte, ein weißgetünchter Vernehmungsraum im Flughafen Heathrow. »Lassen Sie sich Zeit, Ollie«, drängte Pode; es klang, als wolle er ihn zur Buße ermahnen. »Denken Sie zurück. Vielleicht jemand in Australien. Jemand aus Ihrer Vergangenheit oder aus der Ihrer Familie. Ein Menschenfreund. Ein reicher Exzentriker. Ein zweiter Crouch. Haben Sie vielleicht mal Anteile an einer Goldmine oder dergleichen erworben? Hatten Sie mal einen Geschäftspartner, der jetzt vielleicht das große Los gezogen hat?« Keine Antwort. Nicht einmal ein Hinweis, daß Oliver ihn überhaupt gehört hatte. »Denn wir brauchen eine Erklärung, Ollie. Eine überzeugende. Fünf Millionen Pfund, anonym von einer Schweizer Bank überwiesen, nun, das ist mehr, als gewisse Behörden in diesem Land ohne eine wirklich einleuchtende Erklärung zu schlucken bereit sind.«
    »Und dreißig«, erinnerte ihn Oliver. Und dachte zurück. Und noch weiter zurück, bis auf seine Züge die Einsamkeit eines langjährigen Häftlings trat. »Wie heißt die Bank?« fragte er. »Es ist eine der größten. Spielt keine Rolle.« »Wie heißt sie?«
    »Cantonal & Federal, Zürich. C & F.«
    Oliver nickte zerstreut, bestätigte die Richtigkeit dieser Angabe. »Es handelt sich um einen Todesfall«, sagte er abwesend. »Es geht um ein Testament.«
    »Danach haben wir auch gefragt, Ollie. Ich gebe zu, wir haben sehr gehofft, daß es sich um so etwas handeln könnte. Dann hätten wir wenigstens eine Chance gehabt, irgendwelche Dokumente einsehen zu können. C & F versichern uns aber, daß der edle Spender lebt und die Überweisung im vollständigen Besitz seiner Geisteskräfte vorgenommen hat. Sie deuten sogar an, sie hätten bei ihm nachgefragt und sich den Überweisungsauftrag bestätigen lassen. Das sagen sie zwar nicht wortwörtlich so, das tun die Schweizer nicht. Aber sie »Dann war es eben kein Todesfall«, sagte Oliver eher zu sich selbst als zu den anderen. Aber wieder sprang Lanxon in die Bresche. »Na schön. Angenommen, es war ein Todesfall. Wer könnte denn gestorben sein? Beziehungsweise ist es doch nicht? Wer lebt jetzt, wer könnte Carmen im Falle seines Todes fünf Millionen und dreißig Pfund vermachen?«
    Sie warteten, und schrittweise änderte sich Olivers Stimmung. Man sagt, ein Mann, der zum Tode durch den Strang verurteilt ist, werde von einer gewissen Zufriedenheit erfüllt und könne eine Zeitlang alle möglichen kleineren Aufgaben mit Fleiß und Umsicht erledigen. Diese Art freundlicher Klarheit bemächtigte sich jetzt auch Olivers. Er stand auf und entschuldigte sich mit höflichem Lächeln. Er trat auf den

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