Untitled
Flur hinaus und ging zur Herrentoilette, die er auf dem Weg zu Toogoods Büro gesehen hatte. Drinnen schloß er die Tür und starrte, während er seine Situation abzuschätzen versuchte, in den Spiegel. Er beugte sich übers Waschbecken, ließ sich kaltes Wasser in die Hände laufen, tauchte sein Gesicht hinein und stellte sich vor, er spüle eine Version seiner selbst von sich ab, die jetzt nicht mehr gebraucht wurde. Da es kein Handtuch gab, tupfte er seine Hände mit einem Taschentuch ab, das er dann in den Mülleimer warf. Er ging zu Toogoods Büro zurück und blieb in der Tür stehen, die er mit seinem weiten Mantel fast ausfüllte. Er sprach höflich, direkt an Toogood gewandt. Pode und Lanxon ignorierte er.
»Ich möchte bitte mit Ihnen allein sprechen, Arthur. Draußen, wenn das gestattet ist.« Er trat zurück und ließ Toogood durch den Korridor vorangehen. Wieder standen sie unter den Sternen auf dem Hinterhof, umgeben von der hohen Mauer und dem Stacheldraht. Der Mond, aller irdischen Bindungen ledig, hatte es sich, umweht von milchigen Dunstschleiern, über den unzähligen Schornsteinen des Bankgebäudes bequem gemacht. »Ich kann diese fünf Millionen nicht akzeptieren«, sagte er. »Das ist für ein Kind nicht angemessen. Schicken Sie das Geld dorthin zurück, wo es hergekommen ist.«
»Ausgeschlossen«, erwiderte Toogood unerwartet nachdrücklich. »Dazu bin ich als Treuhänder nicht befugt, und Sie auch nicht. Crouch auch nicht. Nicht wir müssen beweisen, daß das Geld sauber ist. Sondern die Behörden müssen beweisen, daß es nicht sauber ist. Gelingt ihnen das nicht, bleibt es im Fonds. Wenn wir es nicht annehmen, kann Carmen in zwanzig Jahren die Bank verklagen, Sie verklagen, mich und Crouch verklagen. Und sie würde mit der Klage durchkommen.«
»Gehen Sie vor Gericht«, sagte Oliver. »Verlangen Sie eine richterliche Entscheidung. Dann sind Sie geschützt.« Verblüfft wollte Toogood etwas sagen, überlegte es sich aber und sagte etwas anderes. »Na gut, gehen wir vor Gericht. Aber was soll ein Richter da untersuchen? Mutmaßungen? Sie haben gehört, was Pode gesagt hat. Das Konto ist gut geführt, der Kunde unbescholten und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte. Das Gericht wird sagen, daß die Behörden machtlos sind, solange sie keine kriminellen Hintergründe nachweisen können.« Er trat einen Schritt zurück. »Machen Sie nicht so ein Gesicht. Wofür halten Sie sich überhaupt? Was wissen Sie schon von Gerichten?«
Oliver hatte sich kein bißchen bewegt, er hatte die Hände tief in den Manteltaschen, und dort blieben sie auch. Was Toogood veranlaßt hatte, so abrupt vor ihm zurückzuweichen, konnte also nur seine massige Gestalt und der Ausdruck auf seinem großen feuchten Gesicht im Mondlicht gewesen sein: der zunehmend finstere Blick seiner tiefliegenden Augen vor den Sternen, die verzweifelte Wut, die sich um Mund und Kinn abzeichnete.
»Sagen Sie ihnen, daß ich nicht mehr mit ihnen sprechen will«, sagte er zu Toogood und stieg in seinen Wagen. »Und öffnen Sie mir bitte das Tor, Arthur, sonst fahre ich es um.« Toogood öffnete ihm das Tor.
5
Der Bungalow lag an einer unasphaltierten Privatstraße, die sich Avalon Way nannte, geduckt unterm Kamm des Hügels und von der Stadt aus nicht zu sehen, was Oliver ganz besonders zugesagt hatte: Niemand sieht uns, niemand denkt über uns nach, wir sind nicht im allgemeinen Bewußtsein, sondern auf uns selbst gestellt. Der Bungalow hieß Bluebell Cottage, und Heather hatte den Namen ändern wollen, doch Oliver hatte das ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Er zog es vor, die Welt bei seinem Wiedereintritt so zu nehmen, wie sie war, darin aufzugehen, zu verschwinden und vergessen zu werden. Im Sommer gefiel es ihm, wenn die Bäume belaubt waren und man den Bungalow von der Straße aus nicht sehen konnte. Im Winter gefiel es ihm, wenn der Lookout Hill überfroren war und tagelang nichts und niemand dort vorbeikam. Die einfachen langweiligen Nachbarn gefielen ihm, deren vorhersehbare Gespräche ihn weder bedrohten noch über das Unerträgliche hinausgingen.
Die Andersens in Windermere hatten ein Süßwarengeschäft in Chapel Cross. Eine Woche nach Weihnachten hatten sie Heather eine mit Stechpalmenzweigen geschmückte Schachtel Likörpralinen geschenkt. Die Millers in Swallow´s Nest lebten im Ruhestand. Martin, ein ehemaliger Feuerwehrmann, hatte sich auf Aquarelle verlegt, jedes Blatt ein Meisterwerk. Yvonne las ihren Freunden aus
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