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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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der Tür, er trug einen Pullover seines verstorbenen Vaters als Bademantel. »Was ist mit unserer Billardpartie?« fragte er.
    »Ich muß nach London«, sagte Oliver, ohne den Blick von der
Zeitung zu wenden.
»Für wie lange?«
»Ein paar Tage.«
    Sammy verschwand. Gleich darauf drang die Stimme von Burl Ives die Treppe hinunter; er sang »I never will play the wild rover no more«.

    6
    Für sein Wiedersehen mit Oliver nach mehreren Jahren der Trennung traf Brock alle üblichen Vorsichtsmaßnahmen und noch einige mehr, die nicht üblich waren, ihm jedoch von der diskreten Krise, die über seine Abteilung hereingebrochen war, und einem fast religiösen Gefühl, das durch Olivers Außergewöhnlichkeit entstand, aufgezwungen wurden. Eine der Grundregeln in Brocks Beruf lautet, daß zwei Informanten niemals dasselbe sichere Haus ein zweitesmal benutzen sollten, aber in Olivers Fall bestand Brock sogar auf einem Haus ohne jede operative Vorgeschichte. Das Ergebnis war eine möblierte Villa mit drei Schlafzimmern im langweiligen Camden; neben diesem Backsteinbau gab es auf der einen Seite einen rund um die Uhr geöffneten asiatischen Lebensmittelladen und auf der anderen ein lebhaftes griechisches Restaurant. Kein Mensch interessierte sich dafür, wer durch die ramponierte Haustür von Nummer 7 ein- oder ausging. Aber hier hörten Brocks Vorsichtsmaßnahmen noch nicht auf. Oliver mochte im Umgang recht schwierig sein, aber er war Brocks Augapfel, sein bester Fang und sein Benjamin, wie jedem Mitglied der Mannschaft aufs deutlichste bewußt gemacht wurde. Statt Oliver einem neutralen Lieferwagen anzuvertrauen, hatte Brock veranlaßt, daß Tanby ihn auf dem Bahnsteig der Waterloo Station abholte und zu einem zahmen Londoner Taxi brachte, sich mit ihm nach hinten setzte und den Fahrer wie ein ehrbarer Bürger in bar bezahlte.
    Und in Camden postierte er außer Derek und Aggie auf beiden Straßenseiten zwei gleichermaßen unverdächtig aussehende Mitarbeiter, die sicherstellen sollten, daß Oliver weder unwissentlich noch sonstwie irgendwen im Schlepptau hatte. In unserer Welt, pflegte Brock zu predigen, tut man gut daran, möglichst schlecht von jemandem zu denken. Bei Oliver aber muß man, um nicht am Ende mit leeren Händen dazustehen, die ohnehin schon schlechten Gedanken noch einmal potenzieren.
    Es war Nachmittag. Nachdem Brock am Abend zuvor in Gatwick gelandet war, war er direkt zu seinem anonymen Büro am Strand gefahren und hatte über die sichere Leitung Aiden Bell angerufen. Bell war Leiter der ressortübergreifenden Spezialeinheit, der Brock zur Zeit zugeteilt war.
    »Die Stadt ist von der Wirtschaft abhängig«, sagte Brock, nachdem er ihm Kommissar Alis Selbstmordtheorie mit angemessener Skepsis vorgetragen hatte. »Entweder wir machen euch reich, oder wir machen euch tot. Die Stadt hat sich für ersteres entschieden.« »Kluge Leute«, sagte Bell, ein ehemaliger Soldat. »Kriegsrat morgen nach dem Gebet. Im Laden.«
    Anschließend rief Brock wie ein besorgter Hirte nacheinander seine Außenstationen an; zunächst eine Eckwohnung in der Curzon Street, deren Fensterläden alle geschlossen waren, dann einen Reparaturwagen der britischen Telecom am Rand des Hyde Park und schließlich den Kommandowagen einer mobilen Einsatzgruppe, der in einem einsamen Tal im menschenleersten Teil von Dorset stationiert war. »Gibt´s was Neues?« war die Frage, die er jedem Gruppenleiter vorlegte, ohne sich erst vorzustellen. Rein gar nichts, lauteten die frustrierten Antworten. Nicht das geringste, Sir. Brock war erleichtert. Gebt mir Zeit, dachte er. Gebt mir Oliver. Er nahm ein Rückerstattungsformular und trug darin seine operativen Ausgaben ein, und es wurde still in ihm wie in einer Kirche. Die Stille wurde unterbrochen vom Summen der Whitehallinternen Leitung und der glatten Stimme eines äußerst hochrangigen kahlköpfigen Beamten der Londoner Polizei. Er hieß Porlock. Sogleich betätigte Brock den grünen Knopf, der den Kassettenrecorder in Gang setzte.
    »Wo zum Teufel haben Sie gesteckt, Brock?« wollte Porlock feixend wissen, und Brock erinnerte sich an das nackte, humorlos auf Porlocks narbige Visage gepappte Grinsen und fragte sich, wie er sich das immer fragte, wie ein dermaßen unverfroren korrupter Mensch es nur fertigbrachte, so lange den Kopf oben zu behalten.
    »Nirgends, wo ich gern noch einmal hinmöchte, Bernard«, sagte er gespreizt.
    So unterhielten sie sich immer: als sei ihre wechselseitige

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