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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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Jahre lang im Ausland geschwiegen haben? - Bitte, Sir, verzeihen Sie, ich bin nur ein bescheidener Diener.«
    »Mein Vater braucht einige Papiere aus dem Tresor, die soll ich holen. Er glaubt, sie könnten mit dem unseligen Vorfall vom vorigen Wochenende zu tun haben.« »Oh, Sir«, sagte Gupta leise.
    »Was ist denn?« »Auch ich bin Vater, Sir.«
    Ich auch, wollte Oliver schon sagen.
    Guptas winzige rechte Hand hatte sich an seine Brust gestohlen. »Ihr Vater ist kein glücklicher Vater, Mr. Oliver. Für ihn gibt es nur Sie. Ich bin ein glücklicher Vater, Sir. Ich kenne den Unterschied. Die Liebe, die Mr. Tiger für Sie empfindet, wird nicht erwidert. So jedenfalls sieht er es. Wenn Mr. Tiger Ihnen traut, Mr. Oliver, dann ist es schön und gut, sage ich. So soll es sein.« Er nickte. Er hatte seinen Weg gesehen und nickte, weil es der richtige war. »Wir wollen uns das Beweismaterial ansehen, schwarz auf weiß, Mr. Oliver, kein Wenn und Aber. Der Grundsatz stammt nicht von mir. Ein Akt der Vorsehung kommt uns zu Hilfe. Folgen Sie mir, bitte. Bleiben Sie genau hinter mir, Mr. Oliver. Halten Sie sich von den Fenstern fern.« Oliver folgte Guptas Schatten zu zwei Mahagonitüren, die den Eingang zum Tresor kaschierten. Gupta öffnete sie und ging hinein. Oliver folgte. Gupta schloß die Tür und machte das Licht an. Sie standen einander gegenüber, zwischen ihnen die Tresortür. Gupta war noch kleiner als Tiger, und Oliver hatte immer vermutet, daß Tiger ihn nur aus diesem Grund eingestellt hatte.
    »Ihr Vater hat seine Privatgeheimnisse sehr sorgfältig gehütet, Mr. Oliver. ›Wem können wir ein absolutes Geheimnis anvertrauen, frage ich Sie, Gupta?‹ hat er zu mir gesagt. ›Wo ist der Dank für all das, was wir denen gegeben haben, die wir am meisten lieben, frage ich, Gupta? Wo kann ein Mann absolute Ergebenheit suchen, wenn nicht bei seinem eigen Fleisch und Blut, können Sie mir das vielleicht sagen? Und deshalb, Gupta, muß ich gegen Verrat gewappnet sein.‹ Das waren seine Worte zu mir, Mr. Oliver, unter vier Augen zu nächtlicher Stunde.« Tigers Worte oder nicht, jetzt waren es jedenfalls Guptas Worte, und er sprach sie mit vorwurfsvoll bebender Stimme, ohne den seltsam ehrfürchtigen Blick von der verschlossenen grauen Stahltür zu wenden.
    »›Gupta‹, sagt er zu mir. ›Hüten Sie sich vor Ihren Söhnen, wenn sie neidisch sind. Ich bin nicht blind. Gewisse Mißgeschicke, die meinem Haus zugestoßen sind, lassen sich nicht so einfach ohne eine sehr eingehende Untersuchung aller Tatsachen abtun. Gewisse Briefe, die nur einer gewissen Person und mir selbst bekannt sind, sind in die Hände unserer unversöhnlichen Feinde gefallen. Wer hat das zu verantworten? Wer ist dieser Judas?‹«
    »Wann hat er das zu Ihnen gesagt?«
    »Als die Katastrophen sich zu häufen begannen, ist Ihr Vater nachdenklich geworden. Er hat in diesem Tresor, den Sie jetzt betreten wollen, viele Stunden verbracht und sich gefragt, ob er anderen Augen als den seinen noch trauen kann, Sir.« »Dann will ich hoffen, daß er sich von derlei unwürdigen Verdächtigungen freimachen konnte«, antwortete Oliver hochmütig.
    »Ich auch, Sir. Ihr Diener. Bitte, Mr. Oliver, Sir, tun Sie, was Ihnen beliebt. Lassen Sie sich Zeit. Mag die Vorsehung entscheiden, sage ich.«
    Es war eine Herausforderung. Von Gupta kritisch beobachtet, beugte sich Oliver über das Zahlenschloß. Es war grün und hatte erhabene Ziffern. Gupta verschränkte die kleinen Arme und stellte sich kampfbereit auf die andere Seite.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob Sie dabei zusehen sollten, Gupta«, sagte Oliver.
    »Sir, Ihr Vater hat mich de facto zum Hüter seines Hauses bestimmt. Ich warte auf einen Beweis für Ihre guten Absichten.« Die Erkenntnis kam Oliver ohne großes Getöse, wie etwas, das er längst wußte. Gupta sagt mir, daß Tiger die Kombination geändert hat, und wenn ich die neue Kombination nicht weiß, hat Tiger sie mir nicht gegeben. Und wenn er sie mir nicht gegeben hat, hat er mich nicht geschickt, und folglich bin ich ein Lügner, und genau das will die Vorsehung jetzt beweisen, und sie trifft voll ins Schwarze.
    »Gupta, es wäre mir wirklich lieber, wenn Sie draußen warten würden.« Widerstrebend machte Gupta das Licht aus, öffnete die Tür, trat hindurch und schloß sie wieder. Als Oliver das Licht wieder anmachte, hörte er Gupta durchs Schlüsselloch eine Lobrede auf Tiger halten. Tiger als Märtyrer seiner Güte. Als Beschützer der

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