Untot in Dallas
Achseln. Wie es aussah, würde ich keine weiteren Antworten mehr bekommen.
„Oder wen als Tribut?“ bohrte ich weiter. Die Antwort war Schweigen. Wortlos starrten die Vampire mich an. Ich stieß einen übertriebenen Seufzer aus. „Was tut sie, wenn ihr ihr keinen Tribut zahlt?“
„Dann schickt sie ihren Wahnsinn.“ Bill klang besorgt.
„In die Bar? Ins Merlottes?“ Es gab allerdings auch noch genügend andere Bars in der Gegend.
Die Vampire sahen einander an.
„Oder in einen von uns“, sagte Chow. „Das kam schon vor. Das Halloween-Massaker in St. Petersburg 1876.“
Alle drei nickten. Sie wirkten sehr ernst. „Ich war da“, sagte Eric. „Zwanzig von uns mußten anrücken, um aufzuräumen. Wir sahen uns gezwungen, Gregory zu pfählen; dazu waren wir allesamt vonnöten. Danach hat die Mänade, Phryne, ihren Tribut bekommen, das kannst du mir glauben.“
Die Dinge mußten ziemlich ernst gewesen sein, wenn die Vampire einen der ihren gepfählt hatten. Einmal hatte Eric einen Vampir gepfählt, der ihn bestohlen hatte, und Bill hatte mir hinterher erzählt, Eric habe für diese Tat eine erhebliche Strafe zahlen müssen. An wen, das hatte Bill mir nicht erzählt. Es gab Dinge, die ich nicht wissen wollte. Es war mir einfach lieber so.
„Ihr werdet also Tribut an die Mänade zahlen?“
Die vier tauschten sich gedanklich aus, das spürte ich deutlich. „Ja“, erwiderte Eric dann. „Es ist besser so.“
„Mänaden sind schwer zu töten“, sagte Bill, und in seiner Stimme lag ein fragender Unterton.
Eric erschauderte. „Ja“, sagte er. „Oh ja.“
* * *
Auf der Fahrt zurück nach Bon Temps wechselten Bill und ich nur wenige Worte. Ich hatte unzählige Fragen, die den vergangenen Abend betrafen, aber ich war einfach hundemüde und fühlte mich immer noch wie zerschlagen.
„Sam sollte davon erfahren“, sagte ich schließlich, als wir bereits vor meinem Haus standen.
Bill ging um das Auto herum, um mir die Beifahrertür zu öffnen. „Warum?“ Damit reichte er mir die Hand, um mich aus dem Wagen zu ziehen, denn er wußte, daß ich immer noch kaum laufen konnte.
„Weil...“ Dann hielt ich inne. Zwar wußte Bill, daß Sam ein übernatürliches Wesen war, aber ich wollte ihn nur ungern daran erinnern. Sam besaß eine Bar, und als uns die Mänade angehalten hatte, waren wir näher an Bon Temps gewesen als an Shreveport.
„Sam hat zwar eine Bar, aber eigentlich dürfte ihm nichts geschehen“, erklärte Bill, und das klang im Grunde auch ganz vernünftig. „Außerdem sagte die Mänade, ihre Botschaft sei für Eric bestimmt.“
Das stimmte.
„Du denkst zu viel über Sam nach. Das paßt mir nicht“, fuhr Bill fort, woraufhin ich mit offenem Mund zu ihm hinaufstarrte.
„Bist du etwa eifersüchtig?“ wollte ich wissen. Bill war es ganz und gar nicht recht, wenn sich andere Vampire für mich zu interessieren schienen, aber bisher hatte ich angenommen, hier handle es sich um eine Frage des Reviers. Mir war nicht klar, was ich von dieser neuen Entwicklung halten sollte. Noch nie war jemand meinetwegen eifersüchtig geworden.
Bill schwieg auf eine sehr unhöfliche Art und Weise.
„Na ja“, sagte ich nachdenklich. „Na ja!“ Dabei grinste ich vor mich hin, während Bill mir aus dem Auto und die Stufen hinauf half. Dann begleitete er mich fürsorglich durch mein altes Haus bis in mein Zimmer. Mein Zimmer war das, in dem so viele Jahre lang meine Großmutter geschlafen hatte. Jetzt waren die Wände in einem freundlichen Pastellgelb gestrichen. Fensterrahmen und Panelen hatte ich mattweiß lackiert, und auch die Vorhänge waren mattweiß, mit vielen Blumen. Die Tagesdecke auf dem Bett paßte zu den Vorhängen.
Ich ging ins Bad, um mir die Zähne zu putzen und ein, zwei andere unbedingt notwendige Dinge zu erledigen. Dann trat ich, immer noch mit Erics Hemd bekleidet, wieder ins Schlafzimmer.
„Zieh das aus“, sagte mein Liebster.
„Bill, hör zu, normalerweise wäre ich ja bestimmt genauso scharf wie du, aber heute ...“
„Ich mag dich nur nicht in dem Hemd sehen.“
Na, na,na! Daran könnte ich mich ja glatt gewöhnen. Andererseits - sollte Bill diese Eifersucht wirklich bis ins Extrem ausleben wollen, dann konnte das unter Umständen auch ganz schön anstrengend werden!
„Na gut“, sagte ich mit einem tiefen, unüberhörbaren Seufzer. „Dann ziehe ich das olle Hemd eben aus.“ Ganz langsam machte ich mich an den Knöpfen zu schaffen, wobei mir nicht entging, daß Bill
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