Untot in Dallas
würdest.“
Daß ich ihn warnen wollte, schien Sam aufzumuntern; er schien Hoffnung daraus zu schöpfen. „Ich danke dir, daß du mir von der Sache erzählt hast, Sookie“, sagte er. „Wenn ich mich das nächste Mal wandle, werde ich im Wald auf der Hut sein.“
Auf die Idee, Sam könnte bei einem seiner gestaltwandlerischen Abenteuer mit der Mänade zusammentreffen, war ich noch gar nicht gekommen. Als ich mir ausmalte, wie eine solche Begegnung verlaufen könnte, mußte ich mich ganz schnell wieder setzen.
„Oh nein“, sagte ich vehement. „Wandle dich erst einmal gar nicht mehr.“
„In vier Tagen ist Vollmond“, sagte Sam nach einem Blick in den Kalender. „Dann muß ich es tun. Ich habe schon mit Terry vereinbart, daß er in der Nacht für mich einspringt.“
„Was sagst du Terry, wenn du so etwas mit ihm ausmachst?“
„Ich sage ihm, ich wolle mit einer Frau ausgehen. Er hat noch nie in den Kalender geschaut und nachgerechnet, daß ich ihn jedes Mal bei Vollmond bitte, am Tresen für mich einzuspringen.“
„Das ist ja immerhin etwas. War die Polizei nochmal wegen Lafayette hier?“
„Nein.“ Sam schüttelte den Kopf. „Ich habe einen Freund Lafayettes eingestellt, Khan.“
„Wie in Shirkan?“
„Wie in Chaka Khan.“
„Gut, aber kann er auch kochen?“
„Er hat auf einem Krabbenkutter gearbeitet, aber die haben ihn gefeuert.“
„Warum?“
„Seines künstlerischen Temperamentes wegen, wenn ich recht verstanden habe“, meinte Sam.
„Davon kann er hier aber auch nicht viel gebrauchen“, erwiderte ich, die Hand schon auf der Türklinke. Ich war froh, noch etwas mit Sam über ganz normale Alltagsdinge geplaudert zu haben, so hatte sich die so plötzliche, aufgeladene Stimmung zwischen uns beiden ein wenig legen können. Wir hatten einander bei der Arbeit noch nie umarmt und uns überhaupt nur ein einziges Mal geküßt: als Sam mich vor einigen Monaten nach unserer einzigen Verabredung heimgebracht hatte. Sam war mein Chef. Es ist nie gut, mit dem Chef etwas anzufangen. Wenn man jedoch noch dazu mit einem Vampir liiert ist, ist es noch weniger gut, mit dem Chef etwas anzufangen, dann kann es unter Umständen sogar fatal sein. Es war an der Zeit, daß Sam eine Frau fand. Möglichst rasch.
Wenn ich Angst habe, lächle ich. Ich strahlte also über das ganze Gesicht, als ich munter verkündete, ich würde mich wieder an die Arbeit machen. Dann trat ich aus der Tür und zog sie hinter mir zu. Was die Dinge betraf, die gerade in Sams Büro geschehen waren, so waren meine Gefühle in höchstem Maße verwirrt. Resolut schob ich sie beiseite und konzentrierte mich darauf, Alkohol unter die Leute zu bringen.
Es war nichts Außergewöhnliches an den Gästen, die sich an diesem Abend im Merlottes drängten. An einem der Tische saß Hoyt Fortenberry, ein guter Freund meines Bruders, und trank mit einigen seiner Kumpel. Kevin Prior - den ich eher in seiner Polizeiuniform zu sehen gewohnt war als in Zivil - saß auch dort, aber es schien ihm an diesem Abend nicht allzugut zu gehen. Er sah aus, als säße er viel lieber neben Kenya, seiner Partnerin, im Streifenwagen. Nun kam auch mein Bruder Jason, am Arm Liz Barrett, die ihm in jüngster Zeit immer häufiger als Armschmuck diente. Liz wirkte stets so, als sei sie erfreut, mich zu sehen, versuchte aber nie, sich einzuschmeicheln. Das rechnete ich ihr hoch an. Meine Oma wäre froh gewesen zu wissen, daß Jason so viel mit Liz zusammen war. Jahrelang hatte sich Jason intensiv und ausschweifend in der Szene herumgetrieben, mit dem Resultat, daß die Szene ihn langsam satt hatte. Der Bestand an Frauen in Bon Temps und Umgebung ist begrenzt; zu lange hatte Jason ungehemmt darin gewildert. Nun war es an der Zeit, dafür zu sorgen, daß der Bestand sich erholen konnte.
Liz schien außerdem bereit, Jasons gelegentliche kleine Zusammenstöße mit dem Gesetz nicht weiter zu beachten.
„Meine kleine Schwester!“ begrüßte mein Bruder mich strahlend. „Bringst du mir und Liz je ein Seven und Seven?“
„Gern“, sagte ich lächelnd. Ich fühlte mich plötzlich so froh und optimistisch, da konnte ich nicht anders, ich hörte Liz einen Moment lang zu. Liz hoffte, Jason würde ihr bald die entscheidende Frage stellen. Je eher, desto besser, denn sie war ziemlich sicher, schwanger zu sein.
Wie gut, daß ich jahrelange Übung darin hatte, mir nichts anmerken zu lassen! Ich brachte den beiden ihre Cocktails, wobei ich mich sorgfältig gegen
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