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Untot in Dallas

Untot in Dallas

Titel: Untot in Dallas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Stelle.
    „Sookie! Da kommst du nie dran, wenn du es eilig hast. Wir müssen ... wir müssen los!“ Mühsam schien Bill sich aus einer Art Trance zu lösen.
    „Na schön, wie du meinst!“ erwiderte ich und glättete den Kostümrock, der meine 'Unterwäsche' verhüllte.
    Bill warf mir einen finsteren, unergründlichen Blick zu. Dann klopfte er seine Jackentaschen ab, wie Männer das nun einmal tun, um sicherzustellen, daß sie auch wirklich alles Notwendige dabeihaben. Eine merkwürdig menschliche Geste, die mich sehr berührte; warum genau, hätte ich selbst nicht sagen können. Dann nickten wir einander kurz zu und machten uns auf den Weg zu den Fahrstühlen. Bestimmt wartete Isabel Beaumont schon. Ich hatte das Gefühl, daß sie Warten nicht gewöhnt war.
    Die uralte Vampirin, die keinen Tag älter wirkte als fünfunddreißig Jahre, stand genau dort, wo wir sie verlassen hatten. Isabel konnte sich hier im Silent Shore Hotel frei und ungehindert geben, wie sie war; dazu gehörte bei ihr die Fähigkeit, völlig unbeweglich zu verharren, wenn sie eine Auszeit nahm. Menschen zappeln herum; sie fühlen sich genötigt, so zu tun, als seien sie in irgendwelche Aktivitäten vertieft, als hätten sie immer und unter allen Umständen etwas vor. Vampire sind anders. Sie schaffen es, Raum in Anspruch zu nehmen, ohne dies gleich rechtfertigen zu wollen. Isabel wirkte wie eine Statue, als wir aus dem Fahrstuhl in die Hotelhalle traten. Man hätte auf die Idee kommen können, sie als Hutablage zu benützen - das hätte einem hinterher dann aber ziemlich leid getan.
    Bill und ich waren noch ungefähr zwei Meter von der Vampirin entfernt, als bei der wohl irgendein Frühwarnsystem anschlug. Isabels Augen flackerten und richteten sich auf uns, dann bewegte sich ihre rechte Hand ein wenig, was insgesamt den Eindruck erweckte, als hätte jemand bei ihr den Einschaltknopf betätigt. „Folgen Sie mir“, wies sie uns an, wobei sie mit einer fließenden Bewegung aus der Vordertür glitt, die der arme Barry gerade noch rechtzeitig hatte öffnen können. Er schlug die Augen nieder, als Isabel an ihm vorüberglitt; das hatte er also schon gelernt. Sie müssen nämlich wissen, daß alles, was man sich so über die Dinge, die einem unweigerlich widerfahren, wenn man einem Vampir direkt in die Augen schaut, erzählt, wirklich wahr sind.
    Isabel fuhr einen schwarzen Lexus mit allen Schikanen - wie zu erwarten gewesen war. In einem Corsa fährt kein Vampir durch die Gegend. Isabel wartete, bis ich den Sicherheitsgurt angelegt hatte (weder sie noch Bill machten sich die Mühe, es mir gleichzutun). Erst dann fädelte sie sich in den Straßenverkehr ein, ein Verhalten, das ich erstaunlich rücksichtsvoll fand. Bald waren wir auf einer der Hauptverkehrsadern von Dallas gelandet und fuhren so dahin. Isabel schien zu den Personen zu gehören, die lieber schweigen statt plaudern, aber nach einer Weile war ihr wohl eingefallen, daß sie ja Anweisungen erhalten hatte und diese lieber befolgen sollte.
    Wir fuhren gerade in eine Linkskurve hinein. Links konnte ich einen grasbewachsenen Bereich erkennen, darauf einen vagen Schatten, der ein historisches Wahrzeichen sein mochte oder aber auch nicht. Isabel wies mit einem langen, knochigen Finger nach rechts: „Texas School Book Depository“, erklärte sie kurz; man hatte sie wohl angewiesen, mir ein wenig die Gegend zu zeigen, was sehr interessant war. Eifrig schaute ich in die Richtung, in die der Finger deutete und versuchte, so viel von dem alten Ziegelsteingebäude mitzubekommen, wie im Vorbeifahren irgend möglich war, mußte jedoch verwundert feststellen, daß das Haus nicht wirklich bedeutungsvoll wirkte.
    „Dann ist das da drüben der berühmte Grashügel!“ hauchte ich ehrfurchtsvoll und beeindruckt. Mir war zumute, als hätte ich gerade eben mal so im Vorüberfahren die Hindenburg oder etwas ähnlich Berühmtes gezeigt bekommen.
    Isabel nickte, eine kaum merkliche Bewegung, die ich nur mitbekam, weil ihr Zopf zuckte. „Im alten Lagerhaus ist jetzt ein Museum“, sagte sie.
    Das war etwas, was ich mir gern bei Tageslicht angesehen hätte. Wenn wir lange genug hierblieben, würde ich vielleicht einen Spaziergang dorthin unternehmen, während Bill in seinem Sarg schlummerte oder herausfinden, wie man sich in Dallas ein Taxi besorgt.
    Bill, der immer genau mitbekommt, in welcher Stimmung ich bin, was mir in achtzig Prozent aller Fälle auch recht ist, lächelte mich über die Schulter hinweg

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