Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)
kamen, war es nicht notwendig, den Zugang zu verschließen. Der Torposten nickte Jakeed müde zu und fuhr dann damit fort, in einem Tee-Katalog zu blättern.
Auf den Straßen von Crassu lagen vergammeltes Obst und Gemüse. Einige düstere Gestalten sammelten die Überreste des Markttages ein. Hinter einigen Fenstern brannte Licht. Die Bewohner der Stadt waren in der Abenddämmerung dabei, ihre Einkäufe in ein genießbares Mahl zu verwandeln.
»Höi«, krächzte ein gebeugter Mann, den Jakeed nicht beachtet hatte. Der Agent prallte zurück, als er in das schmutzige Gesicht des Mannes sah und seine Ausdünstung wahrnahm. Ein Bild elender Armut. Die Grauen sollten mehr dagegen unternehmen. Das ging natürlich nur, wenn man endlich die Lilanen in ihre Schranken weisen konnte. Solange Agenten wie Jakeed bei ihren Aufträgen erwischt wurden und auf dem Scheiterhaufen landeten, statt stolz und erfolgreich zurückzukehren, würde freilich nichts daraus werden.
Solange einige Agenten mal für die eine, mal für die andere Kirche arbeiteten, je nachdem, wer mehr zahlte oder den interessanteren Auftrag anbot, würde sich nichts ändern.
Solange Hellstes Lila Licht Justitia den Grauen Hauptherrnvater zu Etria als tattrigen Fliegenfresser bezeichnete, dieser sie wiederum wenig schlagkräftig als hirnlose Hecke, solange würden die beiden Kirchen nicht an einem Strang ziehen, um gemeinsam gegen Armut, Krankheiten, mangelhafte Bildung, falsch deklarierten Billigtee und das schlechte Wetter vorzugehen.
Für die Wohltätigkeit von zwei Kirchen war einfach nicht genug Platz im Land.
Eines Tages, überlegte Jakeed, würden die beiden Kirchen sich vermutlich gegenseitig auslöschen, und das wäre vielleicht am besten so.
Er selbst hatte sich unzählige Male für die Grauen in Gefahr gebracht, erfolgreich die Lilanen sabotiert und war dafür angemessen entlohnt worden. Mehrmals war er seinem Ende nahe gewesen. Nie so nah wie heute. Mit der Zeit entwickelte man eine ungesunde Angst. Angst vor dem Versagen und Angst vor dem gnadenlosen Gegner.
Es hatte keinen Sinn, was er tat. Es bewirkte nichts. Er konnte sich vom Lohn etwas zu Essen kaufen und in mittelmäßigen Gasthäusern wohnen. Er hatte kein Zuhause und keine Freunde. Nur gelegentlich ein paar Mitstreiter. Und seinen stiefväterlichen Auftraggeber.
Während er einen Fuß vor den anderen setzte, die steile Pflasterstraße hinauf zur Burg keuchte, fiel seine Entscheidung. Die Zeit war gekommen, dem Agentendasen »Auf Nimmerwiedersehen« zu sagen. Vielleicht mit einem Schiff nach Norden zu fahren. Oder einsam irgendwo in den Bergen mit den Schottergemsen wilde Teeblättern wiederzukäuen.
Jakeed nahm sich vor, dem Haupthaupt Argut Magmus erklären, dass er nicht mehr für ihn arbeiten würde. Er würde einfach eintreten, dies sagen und wieder hinaus gehen.
Er blieb stehen.
Wird Magmus das einfach so hinnehmen? Oder wird er mich in den Kerker werfen? Werde ich am nächsten Markttag wieder auf einem Scheiterhaufen landen, diesmal zur Abwechslung auf einem der Grauen?
Zauberer: Pack elitärer Besserwisser, die ihr übernatürliches Wissen hauptsächlich für Spielereien wie →Teekochen durch Magie, Verführung mit →Ätherhormonen und fliegende →Himmelbetten vergeuden, statt es für das Wohlergehen der Bewohner →Zweilands einzusetzen.
Aus Hutrolfs Enzyklopädie »Wichtigstes über Zweiland«
»Haupt?«
Jakeed bemerkte erst jetzt den kleinen Mann auf der Leiter über ihm, der damit beschäftigt war, graue Wimpel an einem langen Faden aufzuhängen, der die ganze Straße hinab verlief.
»Was ist?«, fragte Jakeed den Mann.
»Ich bin der Sausig Werbert, freundlicher Hauptwimpelaufhänger zu Crassu, Haupt. Und wer bist du?«
»Nur ein Graues Haupt«, murmelte Jakeed. Die Grauen bezeichneten die Angehörigen ihrer Gemeinde als Häupter. Die Lilanen sagten Funken, meinten aber damit genau die gleichen Leute, nämlich alle Bewohner des grünen, hügeligen Landes zwischen dem Meer und den berühmten Teehängen über dem Savi-See.
Der Hauptwimpelaufhänger stieg die Leiter herab. Als er merkte, dass er zwei Köpfe kleiner war als Jakeed, verharrte er auf der dritten Sprosse. »Bist spät unterwegs und siehst nachdenklich aus, Haupt«, sprach Sausig und fuchtelte mit seinen Händen vor seinem Gesicht herum, »ist doch ein wunderbarer Tag heute.«
»Wertes Haupt Werbert, so ist es. Es ist ein kleines Wunder, dass ich diesen Abend noch erlebe.«
»Oh Haupt«,
Weitere Kostenlose Bücher