Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)
der Nähe von Dunaiu nach dem Rechten zu sehen – gegen kostenlose Verköstigung, versteht sich. Om Setta war damals noch jung und wusste nicht viel von den Methoden der beiden Kirchen. Er war in Dunaiu aufgewachsen, das unter dem Einfluss der Lilanen stand. Er mochte die ganzen Leuchten nicht besonders, aber nach den Gottesdiensten gab es häufig Schnaps und fröhliche Musik.
Er wusste nicht, dass sich eine kleine Gruppe von Grauen als eine Art Brückenkopf des wahren Glaubens auf dem fraglichen Hof einquartiert hatte und ein paar Leute als Aufpasser oder menschliche Schutzschilde brauchte. Also tauchte er abends mit acht Kameraden fröhlich trunken auf dem Hof auf und bezog Stellung auf der Mauer.
Ab und zu eilte unten jemand durch den Matsch von einem kleinen Zelt zum Brunnen oder zum Hauptgebäude, das schon bessere Zeiten gesehen hatte – beispielsweise besaß es kein Dach mehr.
Jakeeds Auftrag lautete, Ausschau nach verdächtigen Bewegungen in der Nähe zu halten. Nach der Schicht sollte er wie seine Kameraden je ein kräftiges Frühstück sowie eine Flasche Rosenschnaps erhalten. Der Abend war kühl, regnerisch, und Schnaps wäre bereits jetzt sehr hilfreich gewesen.
Der junge Om Setta schloss seine Jacke fester und bemühte sich, die Augen offen zu halten. Draußen um den Hof herum gab es nur einige brachliegende Felder, auf denen sich karge Büsche angesiedelt hatten. Zu sehen war niemand, nur ein paar Kaninchen auf der Wiese drüben am verwaisten Weg nach Dunaiu. Ab und zu schnatterten Enten am Flussufer, das nicht weit entfernt lag.
Es machte Jakeed keinen Spaß, hier oben herumzusitzen. Er nahm einen ungewöhnlichen Geruch wahr. Es stank nach Jauche. Seltsam, überlegte Jakeed vor sich hin brummelnd und halb schlafend. Seltsam, da der Hof doch schon lange verlassen war. Die paar Grauen, die hier wohnten, konnten kaum so deutlich wahrnehmbare Körperabfälle produzieren. Davon abgesehen ... einen Augenblick. Der Geruch war vorhin überhaupt noch nicht da gewesen. Und er wurde ständig schlimmer.
Om Setta verzog das Gesicht und schüttelte die Müdigkeit aus dem Gesicht. Er richtete seinen Blick auf den düsteren Innenhof. Er zwinkerte, als er bemerkte, dass die Regentropfen keineswegs aus Wasser bestanden. Sie waren die Ursache des Jauche-Gestanks.
Das hatten inzwischen auch die Grauen bemerkt, die fluchend aus dem Zelt und aus dem kaputten Gebäude kamen, durch den Dreck wateten, schimpften und wissen wollten, was eigentlich los war.
Der Aufruhr im Hof nahm zu.
»Ratten!«, schrie jemand. Offenbar wurden die Tiere durch den Gestank angelockt. Jakeed kam nicht dazu, darüber nachzudenken. Ein Grauer beorderte ihn hinunter von der Mauer, damit er dabei half, die Ratten zu verjagen. Man drückte ihm einen Rechen in die Hand.
Zusammen mit seinen Kameraden hastete er durch den Matsch, die Pfützen und den Gestank, um Ratten zu verscheuchen.
Jakeed war nicht begeistert, aber die Grauen hatten das Tor abgeschlossen, also war an Weglaufen nicht zu denken. Der Untergrund weichte immer mehr auf. Bis an die Knöchel standen sie mittlerweile im Dreck. Jakeed biss die Zähne zusammen und versuchte, nicht zu atmen. Er achtete nicht darauf, was sich direkt vor seinen Füßen befand. Er stolperte, schlug der Länge nach in den Matsch. Sofort sprang ihm eine Ratte ins Gesicht und umklammerte seine Nase. Jakeed schrie, und damit machte er das gleiche Geräusch wie alle anderen auf dem Hof. Einige schlugen mit ihren Schaufeln nach den Ratten und bespritzten sich dabei gegenseitig mit Jauche und Matsch.
Das Geschrei nahm zu. In Panik versuchten die Leute, sich einen Weg zum Tor zu bahnen. Manche landeten im Dreck, einige rappelten sich hoch, auf anderen wurde herumgetrampelt. Ein paar Leute versuchten, das Tor zu öffnen. Andere kletterten auf die Mauer und sprangen einfach auf der anderen Seite hinunter. Einige blieben an Ort und Stelle liegen, weil sie sich Füße oder Beine dabei gebrochen hatten. Die Ratten waren auch draußen unterwegs und freuten sich vermutlich über die lustige menschliche Gesellschaft, die ein bisschen mit ihnen spielte.
Nach und nach fanden sie heraus, dass die lustige Gesellschaft essbar war.
Jakeed wusste nicht, was er tun sollte. Schließlich war das Tor endlich offen, und auch er stürmte hindurch, ohne darauf zu achten, worauf er stand oder kroch. Wie alle anderen rannte er zum Fluss und stürzte sich hinein. Die Enten beschwerten sich lautstark und suchten das Weite.
Einige
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