Untot - Lauf, solange du noch kannst (German Edition)
gefangen?«
Bärtchen lacht so wie die Bösen im Kino, wenn sie eigentlich gar nicht so amüsiert sind, ihnen aber auf die Schnelle keine clevere Entgegnung einfällt. »Ganz schön dreist. Hier greift nämlich das Recht des Stärkeren.«
»Meinetwegen.« Smitty starrt ihn an. »Das lässt sich ja klären.« Er trommelt mit den Fingern auf die Küchentheke. »Kürzlich jemandem den Kopf abgehauen? Ich schon, gestern erst. Wenigstens etwas, das wir gemeinsam haben.«
Bärtchen zieht eine schwarze Augenbraue hoch. »Ihr habt euch hier umgesehen, ja? Seid ihr auch unsere schmutzige Unterwäsche durchgegangen?«
Smitty schnaubt. »Also die dickste Bremsspur sitzt ja wohl gerade vor mir.«
»Hört mal«, unterbreche ich – weil das hier ja nun wirklich nirgendwo hinführt, »ihr wart zuerst hier? Prima. Dann sagt uns, wo das Telefon ist.«
»Es gibt keins«, sagt Petes dunkler Zwilling in der Ecke. »Denkt ihr etwa, wir hätten es nicht benutzt, wenn es eins gäbe?«
»Hängt vor allem davon ab, ob ihr rausgekriegt hättet, wie man es benutzt«, sagt Smitty.
Bärtchen lacht wieder und schüttelt den Kopf, als ob Smitty ihm wirklich total auf den Sack geht und er es nicht zeigen will.
»Wisst ihr, was los ist?«, frage ich die Blonde. »Wo seid ihr gewesen? Habt ihr irgendjemanden gesehen? Der noch lebendig ist, meine ich? Habt ihr irgendein Fahrzeug aufgetrieben? Kommt jemand, um uns zu helfen?«
»Steckst ja wirklich voller Fragen, was?« Auf einmal lächelt Bärtchen nicht mehr. »Ich glaube, ihr beantwortet besser erst mal ein paar von unseren.«
»Was uns passiert ist, habt ihr ja anscheinend schon gehört.« Ich deute mit einem Nicken auf Alice. »Wir wollen keinen Ärger machen – wir wollen bloß am Leben bleiben, genau wie ihr.«
»Ihr habt euch im Keller versteckt wie Alice und Pete hier?« Bärtchen kommt zu mir herübergeschlendert und fixiert mich mit seinen dunklen Augen. Er legt mir einen Handrücken an die Stirn und fühlt meine Temperatur. »Wie geht’s dir, Schätzchen? Ist dir da unten etwa kalt geworden?« Unwillkürlich überläuft mich ein Schaudern. »Du wirst doch nicht krank, hm?« Bärtchen mustert mein Gesicht und dreht die Hand um, fährt mit den Fingerspitzen meinen Haaransatz entlang, von der Stirn zur Wange. Ich würde seine Hand unglaublich gern wegschlagen, aber aus irgendeinem Grund kriege ich die Arme nicht hoch.
»Lass sie in Ruhe!«, ruft Smitty und stößt sich mit solcher Kraft von der Anrichte ab, dass eine Besteckschublade auf den Boden fliegt. Bevor ich es richtig mitkriege, hat er Bärtchen umgerempelt und ringt mit ihm. Ich stolpere rückwärts und weiß nicht, was ich machen soll. Blondie aber schon.
»Steh auf und lass das, Kleiner«, sagt sie nachdrücklich zu Smitty, aber so schnell gibt er nicht auf, und Bärtchen auch nicht. »Ich meine das ernst«, sagt Blondie.
Der Kampf ist ziemlich ausgeglichen, aber dann bekommt Smitty eine Faust frei und bringt einen rechten Haken an. Es gibt einen erfreulichen Rums und Bärtchens Kopf rollt zur Seite.
»Gib her!«, ruft Blondie und Petes böser Zwilling wirft ihr etwas Dünnes, Längliches zu. Sie streckt den Arm vor und drückt es Smitty in den Rücken. Ein fieses Knistern ist zu hören und Smitty fällt mit überstrecktem Rücken von Bärtchen weg. »Keine Bewegung oder ich schocke dich noch mal«, sagt Blondie, während Smitty sich benommen auf dem Boden wälzt.
»Nicht!«, rufe ich und greife nach dem Stab.
Sie dreht sich zu mir um, den Stab vorgereckt. »Zurück«, sagt sie leise. »Oder dein Süßer hier wird leiden.«
Ich will ihre Fehlinterpretation schon korrigieren, aber dann mache ich den Mund wieder zu. Irgendwie wäre das gerade gemein.
Bärtchen kommt wieder auf die Beine und hält sich das Kinn. Seine Augen funkeln.
»Sperrt sie ein!«, bellt er mit Mühe. »Sperrt sie wieder in diesen verfluchten Keller!«
Wir sind zu viert und die nur zu dritt, aber Smitty wird von Bärtchen hinterhergeschleift und Blondie hat den Schockstab und scheut nicht davor zurück, ihn zu benutzen. Alice und Pete marschieren an mir vorbei durch die Küchentür; Alice schießt einen Mörderblick auf mich ab und Pete protestiert laut und bringt alle möglichen einleuchtenden Gründe vor, warum sie uns nicht in den Keller sperren sollten, beziehungsweise wenigstens nicht ihn . An Blondies verkniffenem Mund und Bärtchens kaum verhohlener Wut ist klar erkennbar, dass uns das nicht weiterbringt, aber ich schließe mich
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