Untot mit Biss
überraschtes Quieken, und aus großen Augen sah er Mircea an, der seufzte und voller Abscheu den Kopf schüttelte. Ich verstand ihn. Rafes Pokermiene war immer lausig gewesen – schon als Achtjährige hatte ich ihn beim Kartenspiel geschlagen –, und das schien sich nicht geändert zu haben.
Mirceas Ärger veranlasste ihn, den Kopf zu senken, aber der Schaden war bereits angerichtet. Mircea stand es natürlich durch; andernfalls hätte ich weniger von ihm gehalten. »Mit deinem Vater,
Dulceatà?
Er fiel einer Autobombe zum Opfer, nicht wahr? Ist das nicht der Grund, warum du dich an Antonio rächen willst?«
»Was hat Jimmy dann gemeint? Er sagte mir, ich sollte ihn nicht töten, weil er die Wahrheit über das kennt, was geschehen ist.«
Mircea zuckte mit den Schultern. »Da er damals den Auftrag durchführte, dürfte er bestimmt die Details kennen. Warum hast du ihn nicht gefragt?«
»Weil Pritkin ihn getötet hat, deshalb. Und das wissen Sie auch, oder?«
Mircea lächelte, und erneut sah ich, woher Tony sein Lächeln hatte. »Ist das Wissen dein Preis?«
Mein Blick glitt zu Rafe, und er erwiderte ihn. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Mircea legte ihm die Hand auf die Schulter. »Nein, nein, Raffael. Es wäre nicht fair, unserer Cassandra Informationen zu geben, für die sie noch nicht bezahlt hat.« Er lächelte einmal mehr, und es lag mehr Berechnung als Zuneigung darin. »Sind wir uns einig?«
Ich sah zu Billy, der unter der Decke schwebte und ungeduldig wirkte. Er blieb stumm, und deshalb nahm ich an, dass seine Neuigkeiten nichts mit dieser Entscheidung zu tun hatten. Ich schickte ihm einen verärgerten Blick, und er verschwand, enttäuscht darüber, dass ich nicht alles für ihn unterbrochen hatte. Typisch. Es wäre mir lieber gewesen, mehr herauszufinden, bevor ich auf Mirceas Bedingungen einging, aber mir standen nicht viele Möglichkeiten offen. Es ist schwer, den Preis nach oben zu treiben, wenn man verkaufen muss und der Käufer das weiß. Mir blieb gar keine andere Wahl, als auf die Wünsche des Senats einzugehen, und deshalb war es eigentlich großzügig von Mircea, mir überhaupt etwas anzubieten. Natürlich wollte er, dass ich mir bei meiner Mission alle Mühe gab, und deshalb war es ein oder zwei Zugeständnisse wert, mich bei Laune zu halten. Oder vielleicht mochte er mich. Nein, in diese Richtung gehende Gedanken waren gefährlich.
»In Ordnung. Abgemacht. Erzählen Sie mir jetzt von meinem Vater.«
»Gleich,
Dulceatà.
Zuerst sollten wir besser die Konsulin informieren. Bitte, sei so freundlich, Tomas. Vielleicht hat sie noch einige letzte Anweisungen.« Er bemerkte Tomas’ störrische Miene. »Du hast mein Wort, dass wir mit dem Versuch bis zu deiner Rückkehr warten. Du begleitest sie, nicht wahr?«
»Ja.« Tomas sah mich herausfordernd an, aber ich erhob keine Einwände. Wenn Rasputin auf der Bildfläche erschien, war es bestimmt gut, jemanden dabeizuhaben, insbesondere jemanden, der gezeigt hatte, dass er in einer brenzligen Situation zurechtkam. Es wäre auch angenehm gewesen, einfach nur in Gesellschaft zu sein, wenn alles den Bach runterging. Tomas wollte noch etwas sagen, überlegte es sich aber anders, als Mircea an meine Seite trat und diesmal mir die Hand auf die Schulter legte.
»Na los, Tomas!«, sagte Louis-César ungeduldig. Tomas warf ihm einen weiteren finsteren Blick zu, ging und schlug die Tür hinter sich zu. »Und wir brauchen die Tränen, um ganz sicher zu sein, nicht wahr?« Louis-César nickte und verließ ebenfalls den Raum. »Die Tränen? Möchte ich darüber Bescheid wissen?«
»Mach dir deshalb keine Sorgen.« Mircea lächelte beruhigend. »Die Tränen des Apoll sind ein altes Gebräu. Seit Jahrhunderten benutzt man sie für die meditative Trance. Sie sind völlig sicher.«
»Aber warum brauchen wir sie? Ich habe sie nie zuvor benutzt.«
»Und zuvor ist dir schnell die Kraft ausgegangen. Die Tränen werden dir helfen, Cassandra. Denk daran, es liegt in meinem Interesse, dass dies alles klappt. Ich würde dich nicht belügen.«
Ich glaubte diesen Worten mehr als tief empfundener Sorge um mein Wohlergehen und nickte. Ich würde Gebrauch von den verdammten Tränen machen, was auch immer sie waren. Hauptsache, sie verbesserten meine Chancen.
Mircea sah Raffael an. »Würden Sie bitte nachsehen, ob Kleidung für Cassie vorbereitet worden ist? Sie hat es bestimmt satt, einen zu großen Bademantel zu tragen.« Er fügte diesen Worten ein
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