Untot mit Biss
seltsames kleines Lächeln hinzu.
»Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
Rafe wirkte ein wenig unschlüssig – aus irgendeinem Grund widerstrebte es ihm, Mircea und mich allein zu lassen –, aber dann ging er. Mircea schloss die Tür hinter ihm ab, lehnte sich dagegen und musterte mich mit plötzlichem Ernst. »Und nun zu den wirklichen Verhandlungen, meine Cassandra.«
Zwölf
Ich richtete einen wachsamen Blick auf Mircea. »Ich bin nicht Ihre Cassandra.«
Er knöpfte sein Hemd auf. »Gib mir einen Moment,
Dulceatà,
dann werden wir sehen.« Er zog das Hemd aus und warf es ans Ende der Couch. Darunter trug er nichts.
»Was machen Sie da?« Ich setzte mich auf, und mein Puls raste plötzlich, obwohl Mircea keine drohende Haltung einnahm. Aber er stand zwischen mir und der Tür, und sein Gesichtsausdruck veränderte sich auf sonderbare Weise.
Mircea streifte die glänzenden Schuhe ab. »Es wäre mir lieber, wenn wir mehr Zeit hätten,
Dulceatà.
Seit langem freue ich mich darauf, unsere Bekanntschaft zu erneuern, doch ich habe es mir nicht ganz in einer solchen Situation vorgestellt.« Er stellte die Schuhe mit den Socken neben das Sofa. »Allerdings habe ich inzwischen gelernt, dass man bei dir auf das Unerwartete vorbereitet sein sollte.«
Das hätte ich auch von ihm sagen können. »Lassen Sie den Quatsch, Mircea.
Sagen Sie mir einfach, was los ist.«
Er beobachtete mich, als er langsam den Gürtel aus den Hosenschlaufen zog.
»Ich nehme an, du möchtest nicht dem Kreis übergeben werden, oder?«
»Was hat das damit zu tun, dass Sie sich ausziehen? Was bedeutet das?«
Mircea schlich durch den Raum – es gab kein besseres Wort, um die Art seiner Bewegungen zu beschreiben – und kniete sich zu meinen Füßen hin. Seelenvoll blickte er zu mir auf.
»Stell es dir als Rettung vor,
Dulceatà.
Ich bin der Ritter, der gekommen ist, um dich vor all jenen zu retten, die dir Böses wollen.«
Ich hätte fast schallend gelacht. »Das dürfte der kitschigste Spruch sein, den ich jemals gehört habe.«
Mircea zeigte so übertriebene Empörung, dass ich unwillkürlich lächelte. »Du hast mich verletzt! Früher einmal bin ich genau das gewesen.«
Ich dachte darüber nach und musste ihm im Grunde genommen recht geben.
Natürlich waren die echten Ritter in glänzenden Rüstungen nicht unbedingt so gewesen, wie sie in Märchen und Legenden beschrieben wurden. Die meisten von ihnen hatten mehr Zeit damit verbracht, bei Bauern Steuern einzutreiben, als Frauen in Not zu retten. »Na schön. Und was sind Sie jetzt?«
Er antwortete nicht, aber ich bemerkte, dass ein bernsteinfarbenes Glühen in seinen Augen erschienen war. Ich hatte es nur einmal zuvor gesehen, als er Pritkins Leben bedroht hatte, aber jetzt wirkte er nicht zornig. Er hob die Hand hinter den Kopf und löste die Platinspange seines langen Haars. »Der Kreis verlangt deine Rückkehr,
Dulceatà,
und nach dem Abkommen mit ihm können wir nicht ablehnen. Wenn du ein normaler Mensch wärst, würde der Anspruch eines Meisters auf dich genügen, um dich hierzubehalten, aber bei einer mächtigen Seherin liegt der Fall anders. Der Hof der Pythia hat die Kontrolle über alle derartigen Individuen.« Mirceas Haar breitete sich wie ein dunkles Cape über Schultern und Rücken aus. Der Kontrast zwischen dem mitternachtsschwarzen Haar und der hellen Haut war hypnotisierend.
Er bemerkte meinen bewundernden Blick und senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Einst hat dir mein Haar gefallen,
Dulceatà,
erinnerst du dich? Als Kind hast du es gern zu Zöpfen geflochten. An Antonios Hof war ich mit so vielen Frisuren und Verzierungen wie eine Puppe unterwegs.« Mircea nahm meine Hände und legte sie sich auf die Schultern, unter dem Haar, das sich für mich wie Seide anfühlte. Ich wusste nicht, was mich mehr ablenkte: das Gefühl des seidenen Haars oder der Muskeln in seinen Schultern. »Ich hatte nichts dagegen, dass du mit mir spieltest,
Dulceatà.«
Er drehte den Kopf und gab mir einen Kuss auf den Handrücken. »Ich habe auch jetzt nichts dagegen.«
Ich öffnete meine Schilde ein wenig, um zu sehen, ob er Tomas nachahmte und mich zu beeinflussen versuchte, aber nichts deutete daraufhin, dass er von seiner Macht Gebrauch machte. Die prickelnde Euphorie, die ich bei der anderen Gelegenheit gefühlt hatte, war einfach nicht da. Nun, eigentlich brauchte er sie auch gar nicht. Sanft rieb er die Wange an meiner Hand, und ich wusste, dass er meinen jagenden Puls vermutlich im
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