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Untot mit Biss

Untot mit Biss

Titel: Untot mit Biss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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mit Mircea zu jung gewesen, um zu begreifen, dass der attraktive junge Mann, der mir rumänische Sagen und Legenden erzählte, in Wirklichkeit ein Jahrhundert älter war als Tony. In seinem Gesicht, das seit fünfhundert Jahren wie dreißig aussah, erschien ein ermutigendes Lächeln für mich. Ich erwiderte es unwillkürlich. Jene samtenen braunen Augen waren damals mein erster großer Schwärm gewesen, und ich hatte vergessen, wie attraktiv er war. Die gleichen Züge hatten seinem Bruder Radu im sechzehnten Jahrhundert den Beinamen »der Hübsche« eingebracht. Mircea strich einen Fussel von seinem flotten schwarzen Anzug. Abgesehen von Rafe, der einen lässigeren Stil bevorzugte, war Mircea der einzige mir bekannte Vampir mit modernem Modebewusstsein. Vielleicht war das der Grund, warum ich ihn nie im höfischen Ornat der Walachei gesehen hatte, oder vielleicht hatte er die Sachen nie gemocht. Alles an seinem Erscheinungsbild war auf dem neuesten Stand, abgesehen von dem langen, schwarzen Pferdeschwanz. Es freute mich, ihn zu sehen, aber selbst wenn er angenehme Erinnerungen mit mir verband: Ich bezweifelte, ob mir eine einzige Stimme etwas nützte. Da wir gerade bei moderner Garderobe waren: Der Vampir neben Mircea – ich hatte ihn bereits im Wartezimmer gesehen – sah wie eine
GQ
-Anzeige aus, wenn die Zeitschrift im siebzehnten Jahrhundert gedruckt worden wäre. Ich hatte viel Zeit in einem Grufti-Club verbracht und daher gegen die bestickte Frackjacke ebenso wenig einzuwenden wie gegen das Rüschenhemd und die Kniehose. Ich hatte ausgefallenere Klamotten gesehen, und diese waren wenigstens schmeichelhaft – Seidenstrümpfe brachten Beine gut zur Geltung, und seine waren es wert, gezeigt zu werden. Doch der große Haken bestand aus dem Butterblumengelb der ganzen Kleidung. Ein Vampir in Gelb war einfach falsch, erst recht, wenn man hellblaue Augen und glänzende kastanienbraune Locken hinzufügte, die halb über den Rücken reichten. Der Mann war sehr attraktiv und hatte eins jener offenen, ehrlichen Gesichter, denen man sofort vertraute. Es ärgerte mich, dass es einem Vampir gehörte. Ich schenkte ihm ein unverbindliches Lächeln, in der Annahme, dass es nicht schaden konnte. Vielleicht bekam ich bei ihm einen Pluspunkt, weil ich die einzige andere anwesende Person war, die ebenfalls etwas Gelbes trug. Natürlich befand sich mein Happy-Face-T-Shirt derzeit nicht in seinem besten Zustand, was möglicherweise erklärte, warum er das Lächeln nicht erwiderte. Er beobachtete mich fast gierig, und sein Blick war so intensiv, dass ich hoffte, er hatte bereits gegessen. Ich musste unbedingt das Blut an mir loswerden, bevor mich jemand für eine wandelnde Vorspeise hielt. Die beiden übrigen Vampire saßen auf der anderen Seite der Konsulin und ähnelten sich so sehr, dass ich sie für Verwandte hielt. Später fand ich heraus, dass Zufall dahintersteckte. Der Mann war fast so alt wie die Konsulin und zu seinen Lebzeiten einer von Neros Leibwächtern gewesen, obgleich er von einer Sklavin abstammte, die weit nördlich von Italien in Gefangenschaft geraten war. Er hatte die besondere Gunst des Kaisers genossen, weil er noch sadistischer war als sein Herr. Die Frau – sie sah Portia so ähnlich, dass ich zweimal hingucken musste – war im Süden vor dem Krieg geboren. Dreißig Kilometer im Umkreis ihres Familienhauses soll sie mehr Unionssoldaten getötet haben als das Militär der Konföderierten. Angeblich hatte sie das Ende des Krieges und damit der leichten Jagd beklagt. Verschiedene Epochen, Länder und persönliche Hintergründe, und doch sahen sie wie Zwillinge aus mit ihrer milchigen Haut und dem welligen dunklen Haar. Selbst die Augenfarbe war gleich: ein helles, bräunliches Gold, wie der Sonnenschein durch Herbstblätter. Ihre weiße und silberne Kleidung ergänzte sich gut. Zugegeben, der Mann trug eine Toga, während die Frau den Eindruck erweckte, zu einem Savannah-Ball unterwegs zu sein, aber sie sahen gut aus zusammen.
    Die Konsulin gab mir Zeit, die Anwesenden nacheinander zu mustern, bevor sie sprach, und als sie das Wort ergriff, fesselte sie meine Aufmerksamkeit. Wohin auch immer der Blick ihrer schwarz umrandeten Augen fiel: Es fühlte sich nach kleinen Nadelstichen auf meiner Haut an. Es war nicht unbedingt schmerzhaft, aber ich hatte das Gefühl, dass sich die Nadeln schnell in Schwerter verwandeln konnten.
    »Du siehst, wie viele unserer Stühle leer sind, wie viele Stimmen schweigen«, sagte

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