Untot mit Biss
vermutlich gesättigt. Der Mann musste länger durchgehalten haben, als er erwartet hatte.
»Ich weiß, was ihre Gesetze sagen.« Pritkin blickte verächtlich durch den Raum, und ich begann mich zu fragen, ob sich sein emotionales Repertoire auf Verachtung und Hass beschränkte. »Aber es gibt Tausende von Vampiren auf der ganzen Welt. Die meisten von ihnen trinken alle zwei Tage Blut. Das sind viele Feinde. Oder wollen Sie vielleicht behaupten, dass sie sich von tierischem Blut ernähren? Ich weiß, dass es eine Lüge wäre!«
»Legen Sie mir keine Worte in den Mund.« Ich nahm zur Kenntnis, dass es die Vampire nicht für nötig hielten, sich zu verteidigen. Vielleicht hatten sie es längst satt oder hielten Pritkin nicht für der Mühe wert. Oder sie bezweifelten, dass er wirklich glaubte, was er sagte. Wahrscheinlich hatten sie recht, aber es gefiel mir nicht, dem Magier das letzte Wort zu überlassen. »Vampire vergeuden nie Blut, was bedeutet: Lebende Feinde werden auf diese Weise behandelt. Sie bekommen eine zweite Chance, und das ist mehr, als Ihr Kreis abtrünnigen Magiern zugesteht, wie ich hörte. Nur Vamps bekommen ein automatisches Todesurteil für einen Verstoß gegen die Gesetze.« Pritkin beobachtete hilflos, wie der noch immer gefesselte Mensch wegzukriechen versuchte. Der Schock stand ihm noch immer ins Gesicht geschrieben, und Erschöpfung und Ketten behinderten ihn. Der Blutverlust machte ihn benommen, und zweimal rutschte er auf dem glatten Boden aus. Schließlich schaffte er es bis zur Tür, was ihm jedoch kaum etwas nützte, da er den Knauf nicht drehen konnte. Er versuchte es mit dem Mund, doch auch das klappte nicht, wandte sich daraufhin wieder dem Raum zu, um den Knauf mit seinen auf den Rücken gefesselten Händen zu erreichen. Diesmal regte sich tatsächlich Anteilnahme in mir, obwohl er vor einigen Stunden bereit gewesen wäre, mir eine Kugel in den Kopf zu jagen. In seinem derzeitigen Zustand konnte man sich ihn kaum als kaltblütigen Killer vorstellen, mit dem schlaffen Glied zwischen seinen klebrigen Oberschenkeln, mit den dünnen Blutfäden an Lenden und Hals, die er nicht fortwischen konnte. Ich war dankbar, dass er diesmal niemanden ansah.
Pritkin blickte voller Ärger zu mir. »Sie behaupten, dass die Vampire ihre eigenen Leute strenger bestrafen als Außenstehende? Das ist gelogen.
Ungeheuer verstehen nichts von Gnade!«
Ich zuckte mit den Schultern. »Glauben Sie, was Sie wollen, aber es stimmt. Sie sehen hier keine gefangenen Vampire, oder? Wenn es welche gäbe, hätte man sie bereits dem Pflock überantwortet.« Vorausgesetzt, sie gaben beim Verhör Antwort. Andernfalls durfte sich Jack auf einen prächtigen Tag freuen.
»Ich versichere Ihnen, dass es keine Frage der Gnade ist, Magier Pritkin«, sagte Rafe und beobachtete den Mann, der noch immer versuchte, mit seinen gefesselten Händen die Tür zu öffnen. »Wir sind einfach nur der Meinung, dass Menschen keine große Gefahr sind.«
Pritkin schnaubte abfällig, ging zur Tür und öffnete sie. Der Gefangene kippte nach hinten in den Flur, und mehrere Bedienstete richteten einen erstaunten Blick auf ihn, bevor sie ihn für seine Lektion fortbrachten. Ich war ziemlich sicher, dass er sie bereits gelernt hatte.
»Und wie ernähren sich Vampire normalerweise? Erwarten Sie von mir zu glauben, dass sie nicht zu Ende bringen, was sie zuvor begannen, wenn es keine Zeugen mehr gibt?« Pritkin wollte es offenbar nicht dabei bewenden lassen. Es erschien mir unglaublich, dass er nicht Bescheid wusste. Bei Tony hatte ich nie einen Magier gesehen, der Überraschung zeigte, während Vampire Blut tranken. Vielleicht hatten sie einfach gelernt, ihr Gesicht unter Kontrolle zu halten, doch meiner Meinung nach lag es daran, dass es kein großes Geheimnis war. Pritkin hingegen wirkte aufrichtig verwirrt. Was zum Teufel brachte man Kriegsmagiern bei?
Ich sah Mircea an. »Möchten Sie es ihm zeigen?«
Mircea lachte entzückt. »Das würde ich gern,
Dulceatà,
aber ich traue mich nicht. Die Versuchung, uns alle von seiner lästigen Präsenz zu befreien, wäre zu groß, und die Konsulin hat ausdrücklich verboten, ihm ein Leid zuzufügen, es sei denn, er fordert es heraus.« Sein Blick glitt zu Pritkin. »Leider hat er das bisher nicht getan.«
»Ich meine bei mir.«
»Nein.« Tomas’ Stimme erklang so plötzlich, dass ich zusammenzuckte. Er war so still gewesen, dass ich ihn fast vergessen hatte. »Ihr darf nichts geschehen.«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher