Untreu
arbeiten grundsätzlich nicht mit ... äh... Leuten wie Ihnen.« Sie schob ihr einen Aschenbecher hin.
»Sie wissen doch gar nicht, was ich Ihnen sagen will.«
»Es interessiert mich nicht. Wir arbeiten nicht mit Hexen. Wir machen das einfach nicht.«
»Ich habe jemanden gesehen«, sagte die andere hartnäckig.
Mona seufzte. »Was heißt gesehen? Im Schlaf? Haben Sie was geträumt?«
Die Frau lächelte leicht und antwortete nicht.
»Wie heißen Sie?«
»Leila.«
»Leila und wie weiter?«
Kurzes Zögern. »Svatek.«
»Leila Svatek.«
»Nein. Paula Svatek. Leila ist mein...«
»Hexenname?«
»Ja. Wenn Sie so wollen.«
»Okay, Frau Svatek. Dann würde ich sagen, Sie werden entweder etwas deutlicher, oder Sie lassen mich hier meine Arbeit machen.«
Paula Svatek lächelte wieder. Ihre Schneidezähne sahen seltsam fleckig aus, wahrscheinlich hatte ihr dunkler Lippenstift abgefärbt. Die Hand, die die Zigarette hielt, begann leicht, dann immer stärker zu zittern. Als Paula Svatek den Blick Monas registrierte, drückte sie hastig den halb gerauchten Stummel aus und versteckte ihre Hand in den Ärmeln ihrer voluminösen Jacke, als sei ihr kalt.
Sie war nervös. Oder sie hatte Angst.
»Was haben Sie gesehen und bei welcher Gelegenheit?«, fragte Mona noch einmal.
»Einen Mann. Jung. Er ist tot.«
»Wer und wo?«
»Ich weiß nicht. Es war vorgestern, während einer Session. Sein Gesicht... Er hat tot ausgesehen.«
»Aber Sie kennen ihn nicht.« Vielleicht eine Verrückte?
»Nein.«
»Dann können wir wohl nicht viel tun.« Mona überlegte, wie sie sie wieder los wurde. Vielleicht sollte sie Fischer rufen.
»Aber es gibt ihn! Wirklich!«
»Ah ja?« Fischer würde der Frau den Marsch blasen. Bei richtig kaputten Typen wie der da schaffte das Mona meistens nicht.
»Ja. Wirklich.«
Mona legte ihre Hand auf den Telefonhörer. »Das kann schon sein. Aber Sie kennen seinen Namen nicht, Sie wissen nicht, wo er ist, sondern nur, dass er tot ist. Er könnte sonst wo liegen... hier, in Italien, im Kosovo...«
»Er ist hier.«
»Wo hier?«
Die Frau begann zu weinen. »Sehr nah. Sehr nah bei mir.«
»Bei Ihnen?«
»Bitte helfen Sie mir«, schluchzte die Frau. »Ich hab solche Angst vor diesem Gesicht. Es verfolgt mich Tag und Nacht.«
»Frau ... äh... Svatek. Ich weiß nicht, was wir da tun sollen. Nah bei mir - was heißt das?«
»Bei meinem Haus. Irgendwo da in der Nähe. Bitte schicken Sie jemanden, der nachschaut.«
»Auf derart vage Angaben können wir nicht tätig werden. Das müssen Sie verstehen.«
»In meinem Garten! Bitte! Wenn Sie mitkommen, werde ich ihn finden, ich schwöre es. Bitte.«
»Ein Mann. In Ihrem Garten.«
»Ja.«
»Der wie aussieht?«
»Jung. Vielleicht... Mitte zwanzig. Dunkler Typ, hübsches Gesicht. Sieht irgendwie... ich weiß nicht... italienisch aus. Dunkle Augen.«
Mona wusste nicht, warum sie das tat, aber in der nächsten Sekunde hielt sie Farkas' Fahndungsfoto in der Hand.
»Dunkel, italienischer Typ?« Das traf auf tausende Männer zu. Es gab nicht den geringsten Grund...
Mona öffnete eine Schublade in ihrem Schreibtisch. Dort lagen, so weit sie sich erinnerte, noch die Fotos all jener jungen Männer, die bei Carola Steins Lesung im letzten Herbst anwesend waren. Sie suchte die mit den »dunklen, italienischen Typen« heraus, mischte Farkas' Foto dazwischen und legte sie dann wie einen Fächer vor Paula Svatek auf den Schreibtisch.
»Ist er darunter? Der Mann, den Sie gesehen haben?«
Paula Svatek putzte sich die Nase, stand auf und beugte sich über die Bilder, ihr zerknülltes Tempo noch in der Hand. Sie betrachtete die ersten drei sorgfältig und zögerte dann beim vierten. Etwas zu demonstrativ, wie Mona fand.
»Das ist er.« Ihre Stimme klang überrascht - genauso überrascht wie die einer miserablen Schauspielerin. Ihre Tränen waren versiegt, nicht einmal das Augen-Make-up sah verschmiert aus. Sie zog das Foto aus dem Stapel und legte es vor Mona hin.
»Er ist es. Ganz sicher. Woher wussten Sie das?« Auch diese Frage hörte sich ganz falsch an. Mona nahm das Foto in die Hand und warf einen Blick darauf, obwohl das nicht notwendig war. Sie wusste, dass es das von Farkas war.
»Okay«, sagte sie langsam. »Ich denke, das ist jetzt doch ganz interessant für uns. Macht es Ihnen was aus, wenn ich einen Kollegen dazuhole?«
Paula Svatek schüttelte den Kopf. Sie hatte sich wieder hingesetzt und schien sich wie zu Hause zu fühlen.
Kapitel 4
Das
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