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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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erinnern?«
    »Nee.«
    »Sie waren aber dort. Dafür gibt's neun Zeugen. Zehn, wenn man Wilhelm Kaiser mitrechnet.«
    »Kann mich aber nicht erinnern.«
    »So früh schon Alzheimer? Die Veranstaltung ist gerade mal ein Jahr her. Es war garantiert die erste und letzte Lesung Ihres Lebens. Und Sie wollen mir erzählen, dass Sie davon nichts mehr wissen? Ist doch lächerlich.«
    »Na und? Bin ich eben lächerlich. Ist ja nicht strafbar.«
    Schweigen. Das Band lief mit leisem Surren, die Protokollantin tippte.
    »Sie wollen also eine Gegenüberstellung?«
    »Was?«
    »Wir bitten Zeugen, Sie zu identifizieren. Dass Sie bei dieser Lesung waren. Dürfte überhaupt kein Problem sein.«
    »Und dann? Was haben Sie dann davon?«
    »Dann wissen wir, dass Sie schon mal in diesem Punkt gelogen haben. Gedächtnislücken sind in Ihrem Alter kein Argument. Wir können Sie auch in Beugehaft nehmen. So lange, bis Sie reden.« Die Protokollantin räusperte sich, und Mona spürte Patrick Bauers Blick von der Seite.
    »Ist doch die reine Verarschung«, murrte Farkas. »Das dürfen Sie doch nie im Leben.«
    Leider wahr
, dachte Mona und sagte: »Leider falsch. Wenn wir Sie einer offensichtlichen Falschaussage überführen, können wir Sie dabehalten.«
    Farkas sagte nichts. Er wirkte immer noch selbstbewusst, aber seiner Sache nicht mehr ganz so sicher.
    »Sie haben sich da selber ein Bein gestellt«, sagte Mona und dachte: Es war erst drei. Wenn sie kein Geständnis bekamen, würde sie heute Lukas rechtzeitig von seinem Hort abholen und morgen weitermachen können. Eine Nacht konnten sie ihn ohne Gerichtsbeschluss festhalten. Gab es hingegen jetzt schon ein Geständnis, dann lag ein langer Abend vor ihr. Aber so zu denken, verbot ihr der Job. »Sie behaupten, dass Sie sich nicht an die Lesung erinnern können, und das ist offensichtlich gelogen. Verstehen Sie, da besteht für uns kein Zweifel. Und nun stellt sich die Frage, warum Sie uns bei einer so harmlosen Sache belügen. Und da bleibt eigentlich nur eine mögliche Antwort übrig. Oder? Wie würden Sie das sehen?«
    Farkas schwieg und betrachtete, den Kopf in den Nacken gelegt, die Decke. Er saß noch immer am längeren Hebel. Wenn er nichts sagte, einfach nichts sagte, dann mussten sie ihn gehen lassen. Spätestens morgen mussten sie ihn gehen lassen.
    »Sie hat dich wohl sehr geliebt«, sagte Bauer plötzlich in die Stille hinein. Mona sah ihn erstaunt an. Auch Farkas hob den Blick. Seine dunklen Augen fixierten Bauer, schätzten ihn blitzschnell ab. Ein Typ in seinem Alter.
    »Sie hat ihre Ehe aufs Spiel gesetzt, ihre Familie, alles, was sie hatte. Karin Belolavek hat alles riskiert, nur für dich. Sie muss echt beeindruckt von dir gewesen sein. Wie hast du das gemacht?«
    »Ich hab nichts gemacht.«
    »Du hast Karin nicht angemacht? Sondern umgekehrt? Das glaub ich dir einfach nicht. So was macht eine Frau wie Karin nicht.«
    »Ach, nicht?«
    »Nie. Du warst es, stimmt's?«
    »Nein.«
    »Also, wer dann?«
    »Sie.«
    »Sie?«, fragte Bauer, wie betäubt, dass es so schnell und so leicht gegangen war.
    »Sie war was?«, schaltete sich Mona ein.
    »Ich hab sie nicht angemacht. Sondern sie mich.« Farkas beugte sich nach vorn und verbarg sein Gesicht in den Händen. Die nervöse Spannung, die ihn bislang aufrechtgehalten hatte, wich aus seinem Körper, und plötzlich wurde sichtbar, wie schmächtig er in Wirklichkeit war. Kein Mann, nur ein Junge. Mona atmete leise aus.
    »Ich hab sie geliebt«, sagte Farkas. Sein Gesicht war blass, auf seiner Oberlippe bildete sich eine feine Schicht Schweiß.
    »Was heißt das, Sie haben sie geliebt? Ist sie tot?«
    »Nein! Ich meine, keine Ahnung!«
    »Sie wissen nicht, ob sie noch lebt und wo sie ist? Hören Sie doch auf!«
    »Ich weiß nicht, wo sie ist. Ehrlich. Ich weiß nicht, wer das mit ihrem Mann gemacht hat. Ich war's nicht. Ich hab Karin geliebt.«
    »Aber Sie wissen, was mit Karins Mann passiert ist.«
    »Hab ich im Fernsehen gesehen.«
    »Wieso haben Sie sich nicht bei uns gemeldet?«
    Farkas hob den Kopf und machte eine Handbewegung, die den ganzen Raum umfasste. Unter seinen Augen lagen tiefe Schatten. »Deswegen.«
    »Wir brauchten Sie als Zeugen, und das haben Sie gewusst. Wir können Sie drankriegen wegen Behinderung der Ermittlungen.«
    »Scheiß drauf. Ich war's nicht, ich weiß nichts, aus.«
    »Wann haben Sie Karin Belolavek zum letzten Mal gesehen?«
    »Ich sag nichts mehr. Nichts.«
    »Dann müssen wir Sie hier behalten, bis

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