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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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zornig machen. Sie hätte früher daran denken und vorab mit ihm reden sollen. Am besten gestern Abend, anstelle der Exkursion zu Farkas' Wohnung, die auch noch beinahe böse ausgegangen wäre. Mona fasste sich an den Hals, den ein Rollkragenpullover bedeckte und der immer noch schmerzte.
    Auch ohne Erklärungen war es schlimm genug. Fischer stand auf, knallte seinen Stuhl gegen die Wand und verließ ohne ein Wort den Raum. Bauer trottete mit unglücklichem Gesicht hinter ihm drein, wobei ihm Fischer beinahe die Tür ins Gesicht schlug. Die Protokollantin zuckte zusammen.
    Farkas sah zufrieden aus.
    »Jetzt aber raus damit«, sagte Mona.
    Farkas hatte nie eine strenge, aber gerechte Mutter gehabt, und vielleicht sehnte er sich nach einer - nach jemandem, der ihm endlich vernünftige Grenzen setzte. Vernehmungen waren Rollenspiele. Man musste sich in die Befragten hineinversetzen, genau den Ton finden, der sie zum Reden brachte. Die strenge, aber gerechte und letztlich vertrauenserweckende Mutter zu geben gehörte zu Monas Standardrepertoire und war meistens wirksam.
    Auch in diesem Fall. Farkas hatte diese Mischung aus Trotz und Schuldbewusstsein im Blick, die zeigte, dass es wirkte.
    »Ich warte«, sagte Mona. »Du hast hier einen Mordswirbel veranstaltet, alle sind stinksauer auf dich und mich. Ich hoffe, das lohnt sich für uns beide.«
    »Wieso duzen Sie mich plötzlich? Ich mag das nicht.«
    »Du kannst dich gern beschweren.«
    Farkas schwieg.
    »Wenn du dich beschweren willst, kann dir die Protokollantin ein Formular holen.«
    Farkas schwieg.
    »Also gut«, sagte Mona nach einer Pause. »Karin Belolavek. Sie hat dich nach der Lesung angesprochen, nehme ich mal an.«
    »Ja.« Mehr ein Seufzer als ein Wort: Sie hatte gewonnen. Fürs Erste.
    »Wie ist das abgelaufen?«
    »Wir standen an diesem Tisch, wo es Cracker, Saft, Limo und so Zeug gab. Die Saftbar. Also, ich stand hinter der Saftbar und habe ausgeschenkt. Das war mein Job. Und sie stand davor. Und sie hat gesagt: Einen Orangensaft, bitte.«
    »Und? Dann?«
    »Sie hat mich so angelächelt.«
    »Ja? Wie?«
    »So - schüchtern. Als ob sie sich was aus mir macht, nur aus mir, nicht aus den anderen. Ich hab ihr gesagt, dass ich sie hübsch finde... Da wurde sie ganz rot.«
    »Und das fandst du... irgendwie süß?«
    Farkas sah Mona an, zum ersten Mal an diesem Morgen. Sein Gesichtsausdruck hatte sich verändert, das Trotzige war daraus verschwunden. »Ja«, sagte er. »Ich fand sie echt süß.«
    Der Anfang. Allem Anfang wohnt ein Zauber inne... Ich habe mich als Erstes in deinen Gesichtsausdruck verliebt. Du hast mich angesehen, als sei ich kostbar und einzigartig. Du wirktest, als ob du offen für alle wunderbaren Gefühle seist, neugierig auf das Leben, die Liebe und auf mich. Ich glaubte zum ersten Mal vor einem Mann kein Theater spielen zu müssen. Die Männer, die ich vor dir hatte - besonders mein Mann -, hatten schon in jungen Jahren diese Härte, diese Kälte, diese ängstliche Distanz in den Augen. Lenk mich nicht ab, ich habe Wichtiges zu tun. Sie sagten es nicht direkt, aber ich habe sie immer verstanden: wenn sie sich viel zu früh aus einer Umarmung zurückzogen, wenn sie unwillig den Kopf wegdrehten, um nicht geküsst zu werden. Lustschreie mussten hübsch gedämpft sein, um sie nicht aus dem sexuellen Konzept zu bringen, Kritik ertrugen sie nicht, Komplimente machten sie misstrauisch.
    Weißt du, was das Schlimmste an unserer Beziehung ist? Dass es nach dir für mich keinen anderen Mann mehr geben kann. Ich meine, wo sollte ich anfangen, nach jemandem wie dir zu suchen? In Jugendstrafanstalten? Entschuldige, ich will diesen Gedanken nicht weiterführen. Er ist geschmacklos, ich hasse mich dafür.
    Ja, es wird ein Danach geben, ich kann mir nicht länger vormachen, dass ich es nicht weiß. Jede große Liebe will die Ewigkeit und stößt doch immer wieder auf die Endlichkeit aller Gefühle. Ich weiß, eines Tages wirst du gehen oder ich, und wir werden das nicht »in aller Freundschaft« tun. Unsere Trennung wird schrecklich sein, eine auf Leben und Tod, denn wir sind so weit gegangen, dass sich unsere Schicksale unentwirrbar ineinander verhakt haben. Der letzte Tag wird kommen, und wir werden beide bluten für unser Vergehen. Wenn es denn eins ist. Ist es statthaft, wegen einer Obsession die eigene Familie vollkommen in den Hintergrund zu verbannen und seinem eigenen Mann nicht mal mehr die Chance einer erneuten Annäherung zu geben? Die Antwort,

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