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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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unsere Ehe derart veröden ließ, obwohl wir doch einmal ineinander verliebt waren. Wir hatten gemeinsame Träume, es gab leidenschaftliche Auseinandersetzungen, die sich in Tränen oder Gelächter auflösten, sein Körper hatte damals nicht immer diese Steifheit und Härte, die jede zärtliche Berührung abprallen lässt.
    Vielleicht hat er mittlerweile selbst eine Freundin, die - vielleicht - ebenso jung ist wie du. Überall liest man, dass das für Männer ab einem bestimmten Alter normal ist. Aber, um ehrlich zu sein, ich traue es ihm nicht zu. Er strahlt so wenig Lebensfreude und Sinnlichkeit aus, dass ich mir keine junge Frau vorstellen kann, die Lust hätte, sich mit ihm abzugeben. Er arbeitet lieber viele Stunden täglich in der Firma und oft noch am Wochenende zu Hause.
    Ich koche und denke an dich. Ich gebe die Zutaten für italienisches Pesto in ein Gefäß und schalte den Stabmixer ein. Alles fliegt mir lärmend um die Ohren, weil ich das Olivenöl vergessen habe. Ich lache und weine und denke an dich. Ich bin in einem ewigen Rausch. Ich werde es nicht fertig bringen, dich zu verlassen. Ich habe wieder Striemen am Körper, aber mein Mann bemerkt sie nicht. Will er sie nicht sehen? Ich werde leichtsinniger, ziehe mein Nachthemd in seiner Gegenwart aus, setze mich seelenruhig seinen Blicken aus, bevor ich in die Dusche steige, aber er reagiert nicht. Bin ich unsichtbar für ihn? Ist es ihm egal? Fühlt er sich nicht wenigstens in seiner Männerehre getroffen?
    Er fragt nicht. Meine nun schon Monate andauernde Lustlosigkeit scheint ihn nicht zu beschäftigen. Warum soll ich also bleiben? Warum nicht ein neues Leben anfangen - mit einem Mann, der mich wenigstens wahrnimmt?
    Ich wische die Basilikumflecken von Spüle und Herd, fege die Parmesanbrösel und die Pinienkerne zusammen und beginne von vorn: Basilikum, Parmesan, Knoblauch, Pinienkerne, Öl, Salz. Ich mixe die Zutaten zu einer glatten grünen Masse. Sie schmeckt scharf und würzig. Ich stelle das Wasser für die Pasta auf den Herd. Wir essen um acht Uhr zu Abend wie jeden Tag. Heute werde ich draußen decken, denn der Abend ist mild. Ich nehme die steif gewordene Mousse au chocolat aus dem Kühlschrank. Ich stelle sie auf das große Holztablett, das mir meine Mutter geschenkt hat. Teller, Besteck, Gläser, eine Flasche Mineralwasser, eine Flasche spanischer Rotwein kommt dazu. Ich reiße mit den Zähnen die Plastikverpackung der Fertiggnocchi auf, die nur zwei Minuten sieden müssen. Gleich ist das Wasser heiß genug. Gleich ist alles fertig. Wir werden zusammen sitzen, wir drei, und wir werden wie üblich wenig reden, weil die entscheidenden Dinge ungesagt bleiben müssen.
    Ich sehe mir von außen zu. Ich funktioniere wie eine Maschine. Es gibt diese eigentümliche Befriedigung, die mechanische Handlungsabläufe in sich bergen. Ich könnte vielleicht gar nicht mehr darauf verzichten. Wie wäre es für dich, wenn ich immer um dich wäre? Für dich kochen würde, deine Sachen waschen würde, dich umsorgen würde? Würdest du es genießen oder hassen? Könntest du es, mit der Last deiner Vergangenheit, überhaupt ertragen, gut behandelt zu werden, und das jeden Tag?
    Gestern habe ich dich gesehen. Ich war zu früh dran, und du hast es nicht gemerkt. Du bist auf der Straße gestanden im Gespräch mit einem deiner so genannten Freunde. Also einem jener Männer, die dich daran hindern, ein Leben zu führen, das wirklich Zukunft hat. Ich saß im Auto und konnte nichts verstehen. Ich habe beschlossen, dich künftig ab und zu zu überwachen. In unregelmäßigen Abständen, einfach, damit ich sehe, woran ich mit dir wäre, falls... Sollte ich mich wirklich entschließen, uns beiden eine Chance zu geben, muss ich wissen, wer du bist - außerhalb unserer Rendezvous, die zeitlich nur einen so winzigen Teil deines Leben ausmachen.
    Ich werde es dir irgendwann erzählen, und du wirst dann gemeinsam mit mir darüber lachen. Vielleicht. Später einmal. Es gibt im Moment Menschen und Umstände, die sich uns in den Weg stellen. Es ist sehr wichtig, aus dem Weg zu räumen, was uns belastet. Ich bin... sehr müde. Aber gleichzeitig immer wach und aufmerksam. Das ist kein Widerspruch. Ich muss für uns beide denken.
    Bauer hielt sich dicht hinter Farkas. In seiner Anoraktasche hatte er eine Wollmütze gefunden, die er sich über den Kopf zog. Mehr Vorsichtsmaßnahmen hielt er für überflüssig. Er war sicher, dass Farkas gar nicht mehr genau wusste, wie er

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