Untreu
hätte ihr nie was getan...
Diese Jungs haben das Schmus- und Kitschrepertoire drauf wie kein anderer, weil sie auf diese Weise schnell an die Mädels rankommen. Es... äh... spart sozusagen Zeit, es artet nicht in Arbeit aus...«
»Wilhelm...«
»Die können sogar Sex haben und dabei lügen. Je hässlicher und älter die Frau, desto größer ihre Potenz. So sehen die das. Ich weiß, dass ihr Frauen das nicht versteht...«
»Doch, aber...«
»Wahrheit, Mona. Die wissen gar nicht, was das ist. Komm denen mit Wahrheit, und die gucken dich an und nicken und sagen: Ja, ehrlich, Mann. Ich sag dir voll die Wahrheit, echt. Und da gibt's kein Zucken im Gesicht, nur ein gerader Blick direkt in deine Augen, und du glaubst ihnen jedes Wort. Aber was du siehst, ist kein ehrliches Gesicht, sondern ein Mensch, der in ganz anderen Kategorien denkt und fühlt als du.«
»Mhm.«
»Wahr ist wirklich wahr, ganz ehrlich für den Moment. Morgen ist was anderes wahr. Oder auch nicht.«
»Aha.«
»Okay. Was ich also meine, ist nicht unbedingt, dass Farkas von A bis Z gelogen hat. Er hat das erzählt, von dem er glaubt, dass du das hören wolltest und dass ihm das weitere Nächte im Knast erspart. Vielleicht war's ja rein zufällig die Wahrheit. Verstehst du?«
Mona knüllte die Serviette zusammen und legte sie neben einen völlig überfüllten Abfallkorb. Wilhelm hatte die Augen immer noch geschlossen und wirkte völlig entspannt. Er hatte ja auch keinen Fall am Hals, der die seltsamsten Haken schlug und trotzdem immer wieder in einer Sackgasse landete.
»Kannst du dich an Farkas erinnern?«, fragte sie ihn.
»Sicher. Er war ja vier Jahre bei uns.«
»Und?«
»Er war wie die anderen, Mona. Lustig, temperamentvoll, charmant und verlogen. Das versuch ich dir die ganze Zeit zu erklären.«
»Sonst war da nichts?«
»Tut mir Leid. Er hatte seine Freundin umgebracht, aber er hat sich in keiner Weise wirklich mit seiner Tat auseinander gesetzt. Es gab psychologische Angebote. Er hat sie nicht angenommen. Keiner von denen tut das. Sie sitzen in der Gruppentherapie rum, blödeln. Es bringt alles nichts.«
»Hat er nicht... bereut?«
»Klar. Und wie. Und er war sich ganz sicher, dass ihm so was nie, nie wieder passieren wird. Nie. Ganz sicher. Sind sie alle.«
»Was?«
»Ganz, ganz sicher. Sie vergessen schnell. Sie denken nicht... in die Zukunft.«
»Aha.«
»Tut mir Leid. Du würdest lieber was anderes hören, aber...«
»Macht ja nichts. Ist eben deine Meinung.«
»Ich muss los«, sagte Wilhelm. Er half Mona auf, und sie schlenderten die sonnendurchflutete Straße hinunter.
»Bist du mit dem Auto da?«, fragte Mona.
»Klar. U-Bahn fahr ich nicht mehr. Treff ich zu viele Bekannte von früher.« Er zwinkerte ihr zu. »Was hast du heute noch vor?«
»Weiß nicht«, sagte Mona geistesabwesend. »Weißt du was, ich werd doch jemanden auf ihn ansetzen.«
»Auf Farkas? Ich denke, ihr habt keine Leute.«
»Er ist unsere einzige Chance. Vielleicht hat er noch Kontakt zur Belolavek.«
»Wie kommst du da drauf?«
Mona zog ihren Rollkragen nach unten und wandte sich Wilhelm zu. Der blieb abrupt stehen und sah auf die blauroten Würgemale an ihrem Hals. Ein Mann rempelte ihn beinahe an und warf ihm einen wütenden Blick zu. Wilhelm beachtete ihn nicht. »Wer war das?«
»Keine Ahnung. Ich war gestern Abend in Farkas' ... Wohnhaus. Bin nur mal so durch die Flure, wollte mir das alles mal anschauen. Und da hat mich einer angegriffen. Vor Farkas' Wohnungstür.«
Wilhelm sah so entgeistert aus, dass Mona ihm einen Schubs gab. »Guck nicht so, wir müssen weiter. Vielleicht war es irgendein Typ, der dachte, ich hätte Geld.« Sie setzten sich wieder in Bewegung.
»Oder?«
»Es könnte auch eine Frau gewesen sein. Ich bin mir nicht sicher. Sie oder er hat mich total überrumpelt.«
»Scheiße. Diese Belolavek?«
»Keine Ahnung.«
»Weiß das einer in deinem Verein?«
»Wozu denn? Krieg ich nur Ärger. Ich hoffe, du hältst den Mund.«
»Was ist bloß mit dir los, Mona. Ich fass es nicht.«
»Ich denke, ich werde Patrick Bauer einsetzen. Der ist ganz neu bei uns, kommt von der Schupo. Bisschen sensibel, aber ich denke, der macht sich noch. Der muss sowieso mal raus hier, weg von den anderen.«
»Wird er schikaniert?«
Mona warf ihm einen Blick zu und seufzte. »Sicher. Wie alle am Anfang. Das gehört dazu.«
»Du folgst ihm«, sagte Mona zu Bauer. »Es ist keine ideale Überwachung, weil er dich schon kennt, aber besser
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