Untreu
als nichts.«
Bauer nickte und versuchte, nicht begeistert auszusehen. Er hatte mittags eine Currywurst gegessen und sich danach beim Bäcker zwei Apfelkrapfen genehmigt. Es ging ihm zumindest körperlich endlich wieder gut. Überwachung war ein langweiliger Job, aber alles war besser als das Dezernat und seine Kollegen. Er würde ganz für sich sein. Er würde nachdenken können über sich und das Leben und hatte dabei trotzdem etwas zu tun. Das war ihm sehr wichtig: etwas zu tun zu haben. Sein Vater war genauso. In ihrer Familie wurde nicht gefaulenzt. Sie wussten gar nicht, wie man das machte.
»Du wirst es allein tun müssen«, sagte Mona. »Heute, den Rest des Tages und die ganze Nacht. Morgen müssen wir dann weitersehen.«
»Okay. Macht nichts.«
»Packst du das?«
»Ja.«
»Sicher?«
»Ja!«
»Bis morgen früh, sieben Uhr. Dann löst dich jemand ab. Ich weiß noch nicht, wer, aber ich finde jemanden, und wenn's Forster oder Schmidt ist.«
»Mhm.«
»Du kannst dann heimfahren und dich hinlegen.«
»Ja.«
»Forster hasst so was. Aber das interessiert mich nicht.«
»Ich fahr dann mal los«, sagte Bauer. »Am besten stell ich mich vor sein Haus, oder?«
»Klingel vorher bei ihm. Am besten von drinnen, vom Gang aus, du weißt schon. Das Apartment ist so klein, du hörst dann, ob er da ist. Wenn ja, verschwindest du und stellst dich vor die Haustür und wartest da. Ich hab das beim Hausmeister gecheckt, es gibt keinen zweiten Ausgang. Wenn nicht, probier's im Billardsalon. Was hast du bei seiner Festnahme angehabt, weißt du das noch?«
Bauer überlegte. »Schwarze Lederjacke«, sagte er dann. Heute trug er einen hellen Stoffanorak.
»Gut. Dann besteht die Chance, dass er dich nicht erkennt. Kannst du nicht noch was mit deinen Haaren machen?«
Bauer musste lachen, zum ersten Mal seit einer guten Woche. Es hörte sich merkwürdig in seinen Ohren an, wie ein trockener Husten. Er hörte rasch wieder auf damit, weil ihn Mona todernst ansah.
»Was soll ich mit denen machen? Grün färben?«
»War eine blöde Idee«, gab die Mona zu, und er verabschiedete sich hastig. Er musste nicht allein in seine Wohnung zurück, und er musste sich auch nicht mit Forster und den anderen abgeben. Das war einfach perfekt. Er summte leise vor sich hin, als er mit dem Lift hinunter in die Tiefgarage fuhr. You give me so much pleasure / you cause me so much pain... Er drehte den Song voll auf, als er aus der Tiefgarage fuhr, auf die sonnige, belebte Straße. I keep on falling / in love / with - a - you... Ob er sich jemals wieder verlieben würde? Ob Milan Farkas wirklich eine Frau geliebt hatte, die knapp seine Mutter hätte sein können? ...falling, falling, falling... Würde er, Patrick Bauer, das fertig bringen? ...sometimes I feel good, sometimes I feel used... Er dachte an Mona, ihre kühle, selbstsichere Art. Nein, in die bestimmt nicht. Mona hatte nichts an sich, das ihn reizte, nichts Weiches, Charmantes, Nachgiebiges. Andererseits hätte sie ihn nicht einfach so sitzen gelassen mit seinen Problemen.
Vielleicht war es das, was Farkas an der Frau geliebt hatte. Sie hatte ihm Sicherheit gegeben, sie hatte nicht alles ernst genommen, was er sagte, sie hatte nicht so viel Angst gehabt wie die Mädchen in seinem Alter. Bauers Exfreundin hatte sich vor zahlreichen Dingen gefürchtet, und manche waren so lächerlich gewesen, dass er sich darüber lustig machen musste.
Scheiße, ich hab bei der einen Kundin die falsche Schattierung genommen. Hazelnut statt darkblonde.
Na und? Wenn's die Kundin nicht gemerkt hat, ist es doch egal.
Vielleicht hat sie's aber zu Hause gemerkt. Weißt du doch nicht. Die Weiber stehen zu Hause vor dem Spiegel, und plötzlich gefällt ihnen der Schnitt nicht mehr und die Farbe auch nicht, und dann beschweren sie sich. Ist zigmal passiert.
Und wenn schon. Dann beschwert sie sich halt. Ist doch nicht schlimm. Deswegen wirst du nicht gefeuert.
Das ist wohl schlimm. Die Chefin hat mich auf dem Kieker. Die hasst mich.
Ach komm.
Doch!
Wieso soll sie dich hassen?
Weil sie eine scheißfrustrierte Kuh ist.
Nie würde Mona so reden. Das tat man in ihrem Alter einfach nicht mehr. Als er an einer roten Ampel halten musste, öffnete Bauer das Seitenfenster, legte seinen Arm auf den Rahmen, ließ den warmen Wind in das Auto wehen und war beinahe glücklich. Der Verkehr floss träge dahin, die Luft roch nach Auspuffgasen und aufgeheiztem Asphalt. Bauer betrachtete junge Mädchen in engen
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