Unvergessen wie Dein Kuss
sehen. Das Aufwallen seines ungestillten Verlangens ließ ihn für einen Augenblick nicht weitersprechen.
Dann vollendete er den Satz recht lahm: “Sehr nett.”
Isabella sah ihn geringschätzig an. “Dachten Sie etwa, ich würde mich wie eine Hure anziehen, um Sie zu demütigen? Ich versichere Ihnen, Mylord, dass ich sehr viel Selbstachtung habe, selbst wenn ich Ihnen keine Achtung entgegenbringe.”
Marcus zuckte zusammen, weil sie anscheinend seine Gedanken gelesen hatte. Er wusste, dass Achtung kein gottgegebenes Recht war. Seine Jahre in der Marine hatten ihn gelehrt, dass Respekt verdient werden musste. Er konnte nicht leugnen, dass er seit ihrer Eheschließung herzlich wenig getan hatte, um Isabellas Achtung zu verdienen. Und doch sagte er sich, dass sie die Frau war, die der
Ton
als Abenteurerin schmähte, die India Southern ihr Erbe weggenommen und das Verhältnis zu ihrer Mutter zerstört hatte. Es stand ihm gut an, immer daran zu denken, dass Isabella alles, was ihr widerfuhr, auch verdient hatte.
Marcus bückte sich und hob ihren Umhang auf. Dann fiel ihm ein, dass er ihr etwas zu geben gedachte.
“Ich möchte, dass Sie dies tragen.” Er zog einen kleinen Samtbeutel aus der Tasche. “Dies sind die Stockhaven-Juwelen.”
Es war eine diamantene Halskette, nicht groß und auffällig, sondern gleichsam ein Gewebe winziger, funkelnder und zarter Tropfen aus Licht, aufgereiht auf einer goldenen Schnur. Er hielt ihr das Schmuckstück hin, aber sie schüttelte leicht den Kopf.
“Das schickt sich nicht für mich. Ich besitze viel Modeschmuck, den ich anlegen kann.”
Er runzelte die Stirn. “Es ist aber angemessen, dass meine Gattin die Stockhaven-Juwelen trägt.”
Sie schob seine Hand mit dem Beutel und der Halskette sanft zurück. “Angemessen. Wie gern Sie dieses Wort benutzen, Marcus. Ich glaube, es ist nicht angemessen, dass Ihre Ihnen entfremdete Frau die Kette trägt. Sie ist so kostbar, dass sie nur mit Liebe getragen werden sollte.”
Entfremdet!
Ein Wort voller Einsamkeit.
Er kämpfte mit sich. “India hat sie nie angelegt. Sie bedeutete ihr nichts.”
Er hatte gar nicht vorgehabt, Isabella das zu sagen, denn er schuldete India seine Loyalität – selbst wenn dies das Einzige war, was er ihr jetzt noch geben konnte.
Marcus dachte, dass sie sich freuen würde, dass ihre Cousine und Rivalin die Juwelen nicht getragen hatte. Er war schon im Begriff, ihr die Kette wieder hinzuhalten, als Isabella sich von ihm abwandte.
“Das habe ich nicht gemeint.” Dabei drehte sie sich so plötzlich herum, dass Marcus erschrak. “Geben Sie sie einer Frau, die Ihnen etwas bedeutet, Marcus. Für jede andere sind sie zu wertvoll.”
Sie nahm den Umhang aus seiner Hand. Er umwehte sie, als sie auf dem Marmorfußboden energisch zur Tür schritt. Sie drehte sich nicht einmal um, ob er ihr auch folgte.
“Sind Sie mit Mr Henry Belsyre bekannt?”, fragte er, als sie im Wagen saßen.
Isabella sah ihn nicht an. “Mit dem Botschafter der Vereinigten Staaten? Ja, ich kenne ihn. Ich wusste allerdings nicht, dass die Belsyres nach London zurückgekehrt waren. Sie waren im diplomatischen Dienst schon früher einmal hier, nicht wahr?”
“Wie ich gehört habe, sind sie erst diese Woche zurückgekommen”, antwortete er. “Deswegen auch die kurzfristige Einladung.” Er sah Isabella an. “Wenn Sie die Belsyres kennen, dann wissen Sie, dass sie sehr einflussreich sind. Sie verkehren in den ersten politischen Kreisen.”
Isabella unterdrückte ein Gähnen. “Politik! Wie langweilig!”
Marcus sah sie erneut an. “Der heutige Abend ist wichtig für mich, Isabella. Ich war für die Admiralität und das Innenministerium tätig, und es kann sein, dass ich in der Zukunft eine politische Karriere einschlagen werde. Die Kontakte, die ich heute Abend knüpfe …” Er brach ab und wünschte, er hätte überhaupt nichts darüber gesagt. Es war ihm, als würde er damit ihr gegenüber eine Schwäche zeigen. Marcus hatte zu seinem Leidwesen erfahren, dass Isabella jede Gelegenheit, die er ihr gab, zu einem Gegenschlag ausnutzte. Aber er spürte in sich eine seltsame Mischung aus Erwartung und Vergnügen. Tatsächlich
genoss
er diesen Kampf mit seiner Frau. Die Herausforderung war wie eine Sucht.
“Ich verstehe”, sagte sie gleichmütig. “Dieser Abend muss für Sie glattgehen.”
“Sie scheinen gut über Henry Belsyre Bescheid zu wissen”, sagte er. “Haben Sie ihn und seine Frau im Ausland
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