Unvergessen wie Dein Kuss
Glückwunsch!”
Plötzlich sahen alle auf Marcus. Früher hatte es ihm nie etwas ausgemacht, der Außenseiter zu sein. Schon früher war es ihm so ergangen, als er ohne Protektion zur Marine ging, später bei Lord Standish um Isabellas Hand anhielt und sich einem verletzenden Mangel an Interesse gegenübersah. Das hatte ihn nur belustigt. Er hatte sein Glück selbst in die Hand genommen. Jetzt aber hatte er das Gefühl, als habe ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Er sah auf Isabella, die Mr und Mrs Belsyre rechts und links neben sich hatte; und er bemerkte, wie Fürstin Esterházy ihn geringschätzig ansah. Hier nun war eine Gruppe von Menschen, die eine ganz andere Meinung von seiner Frau hatten als der
Ton
mit seinem Getratsche. Diese Persönlichkeiten konnten seine ehrgeizigen Pläne fördern, aber auch zunichte machen – und der Schlüssel zu ihnen war Isabella. Das Machtgefüge zwischen ihnen beiden hatte sich beträchtlich verschoben.
Marcus räusperte sich etwas verlegen. “Ich wusste nicht, dass Sie sich alle so gut kennen”, brachte er mit Mühe heraus.
Isabella lächelte leicht. “Mr Belsyre war ein alter Freund meines Vaters.”
Oh, zum Teufel! Marcus erinnerte sich an Isabellas Worte im Wagen und ihr abruptes Schweigen, das ihn zu seiner abenteuerlichen Schlussfolgerung getrieben hatte.
Er nahm ihren Arm und zog sie zu sich. “Warum haben Sie mir das alles nicht gesagt?”, fragte er leise.
Sie sah ihn kalt an und schob ihn von sich, jedoch so sanft, dass niemand ihren unterdrückten Ärger sehen konnte. “Warum sollte ich Ihnen irgendetwas sagen, Mylord? Dieses Recht hatten Sie nie. Seien Sie dankbar, dass ich mich im Gegensatz zu Ihnen nicht zu schäbiger Rache herablasse.”
Marcus konnte nicht glauben, was er hörte. Er erinnerte sich daran, wie sie im Fleet mit ihm verhandelt hatte. “Es muss etwas geben, was Sie wollen. Was ist Ihr Preis? Geld?”
Sie wurde blass. “Sie sollten lernen, dass man nicht alles kaufen kann.”
“Das ist lächerlich, gerade von Ihnen, Madam.”
Sie starrten sich gegenseitig in die Augen, und die Zeit schien stillzustehen.
“Dinner”, rief Belsyre, und schreckte sie beide so aus ihrer Versunkenheit. “Wenn Sie bitte Lady Sidmouth begleiten, Stockhaven …”
Dem gesellschaftlichen Anlass an diesem Abend wohnten hochrangige Persönlichkeiten bei. Es war Marcus vorher gar nicht in den Sinn gekommen, dass Isabella, da sie den Fürstentitel noch beibehalten hatte, einen Platz an der Tafel erhielt, der beträchtlich weiter oben war als seiner. So musste Marcus Zeuge werden, wie sich der Fürst de Condé Isabella mit ausgesuchter Aufmerksamkeit zuwandte, die ihm unerträglich vertraut erschien. Und doch war er durchaus noch so einsichtig, um anzuerkennen, dass Isabella mit den überzogenen Avancen des Fürsten angemessen umging. Da er sie die ganze Zeit beobachtete, sah er zum Beispiel, wie Condé sich nahe zu Isabella beugte, als ob er ihr einen Gesprächspunkt besonders nahe bringen wollte, und dabei mit den Lippen ihre bloße Schulter berührte. Isabella brauchte nur ein Wort zu sagen, woraufhin Condé zurückwich und sich eilig dem Duke of Hamilton an seiner anderen Seite zuwandte.
Marcus hatte sich schon halb aus seinem Sitz erhoben, um dem Fürsten seine Fasanenkeule in den Rachen zu rammen.
“Bleiben Sie sitzen, Stockhaven”, redete Belsyre ihm zu, wobei er Marcus am Ärmel fasste. Er ließ noch Wein nachschenken und überspielte damit den peinlichen Augenblick. “Isabella kann mit Condé fertig werden”, fügte er leise, aber eindringlich hinzu. “Sie hat große Erfahrung im Umgang mit schurkischen ausländischen Fürsten.” Dann wurde sein Ton mitfühlender. “Nicht dass ich Ihnen das vorwerfe, Mann, denn Isabella hat es schwer genug gehabt. Wenn Duelle nicht verboten wären, hätte ich ehrlich gesagt selbst gern einen Schuss auf Di Cassilis abgegeben. Bin überrascht, dass der Mann überhaupt so lange gelebt hat.”
“Kannten Sie ihn, Sir?”, fragte Marcus, von der Freimütigkeit des Botschafters überrascht.
“Leider ja”, antwortete Belsyre. “Eine schlechte Wahl für Isabella. Ich war der älteste Freund ihres Vaters, konnte es danach aber kaum mehr über mich bringen, noch mit ihm zu sprechen.” Mit seinen klugen blauen Augen sah er Marcus prüfend an. “Nun ja, ich denke, Sie wissen das alles, Stockhaven. Alte Geschichten. Bin froh, dass Sie und Isabella das alles haben beiseiteschieben können. Sie hat
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