Unvergessen wie Dein Kuss
beschatteten ihre dunkelblauen Augen. “Wir haben einander nie etwas anvertraut, so ein enges Verhältnis hatten wir nicht.”
“Obwohl ihr im gleichen Alter wart?”
Isabella hörte sehr wohl den Vorwurf in seinem Ton, ihre Wangen röteten sich. “Oh, wirf mir das nicht vor! Ich wollte India immer eine Freundin sein, aber sie schien mich gar nicht zu brauchen. Sie war …”, Isabella zögerte “… eine sehr distanzierte Person. Nun, du kennst sie ja besser als ich.” Sie trat etwas zurück, und Marcus ließ sie gehen. “Also, ich habe ihr nichts über meine Gefühle für dich gesagt, weder damals noch später, und selbst wenn ich das getan hätte …”
“Hätte sie keinen Grund zur Eifersucht gehabt, da ich sie ja geheiratet hatte”, ergänzte er grimmig.
“Wenn sie wusste, dass du sie gern hattest, dann gab es ja auch keinen Grund zum Neid”, stimmte sie zu. Sie war jetzt wieder sehr blass, als ob ihr irgendetwas wehtat. Dann streckte sie ihr Kinn vor. “Ich weiß von alldem nichts. Es kommt mir fast so vor, als ob du diese ganze Angelegenheit erfunden hast, um mir weiter zuzusetzen.”
Marcus machte eine plötzliche Bewegung. “Ich lüge nicht”, zischte er, “und India hat auch nicht gelogen!”
“Und ich auch nicht!” Sie blitzte ihn entschieden an mit diesen blauen Augen, die auch India gehabt hatte. Marcus hielt plötzlich inne. Er hatte Indias Anschuldigungen nie bezweifelt, weil er Lady Janes Gefühle nur zu gut verstanden hatte. Isabella hatte Feuer, Mut und Durchsetzungsvermögen, während India schüchtern und furchtsam war. Für manche Mutter hätte sie die ideale Tochter verkörpert, nicht aber für Jane, die selbst so mutig und voller Tatendrang gewesen war. Sie und India waren so verschieden gewesen wie Tag und Nacht, und deshalb konnten sie nie richtig miteinander auskommen. Und dennoch hatte Marcus das Gefühl, er begehe einen doppelten Verrat an India, nämlich dadurch, dass er sich in ihre Mutter hineinversetzen und erkennen konnte, welch perfekte Tochter Isabella für sie gewesen wäre.
“Trotz deines Leugnens ist ein Muster zu erkennen, nicht wahr?”, sagte er mit rauer Stimme. “Du hast Ernest Di Cassilis um des Geldes willen geheiratet. Und sicherlich mussten die Männer, die du zwischendurch hattest, dir auch irgendwie nützlich sein, oder du hättest sie verlassen.” Glühender Zorn trieb ihn, weiterzusprechen. “Du hast dafür gesorgt, dass Jane Southern ihre Tochter zu deinen Gunsten enterbte. Du hast mich geheiratet, um dich vor dem Ruin zu retten. Und nun verhandelst du mit mir um deine Freiheit. Es gibt wenig, wozu du dich nicht hergeben würdest, um dein Glück sicherzustellen.”
Bei seinen Worten war sie ganz bleich geworden, sogar ihre Lippen waren ganz weiß. “Das”, sagte sie mit Nachdruck, “ist schlicht und einfach nicht wahr.”
“Die Tatsachen sprechen für sich.”
“Die Tatsachen sind so, wie ich sie dir berichtet habe”, antwortete sie. “Ich habe Ernest geheiratet, weil ich zu jener Zeit glaubte, nur so könnte ich meine Familie retten. Was andere Männer betrifft …” Sie schluckte.
Marcus konnte seinen Zorn kaum bändigen. “Ja?”
“Es gab nicht so viele, wie du annimmst”, sagte sie, “und alles, was ich von ihnen wollte, war nur Zuneigung.” Aus ihrer Stimme sprach große Verzweiflung. “Ich weiß, dass du und andere mich deswegen als Hure gebrandmarkt haben, aber du weißt nichts!”
“Dann sag es mir.”
Isabella sah ihn mit einem schwachen Lächeln in den Augen an. “Oh nein, Marcus. Das geht zu weit. Ich werde dir nichts mehr von meiner Seele offenlegen. Alles, was du wolltest, war zu erfahren, warum ich dich damals verlassen habe. Das habe ich dir gesagt. Es liegt an dir, es zu glauben oder auch nicht.”
Er seufzte. “Und der Rest? Die Erbschaft?”
“Ich wusste nichts von Lady Janes Absicht, India zu enterben, und ich bestreite entschieden, sie auf irgendeine Weise dazu veranlasst zu haben. Und ich habe dich geheiratet …” Sie hielt inne.
“Ja?”
Isabella hielt die Augen gesenkt, und ihre Wimpern verdeckten den Ausdruck darin vor Marcus. Als sie sprach, war ihr Ton traurig. “Nun gut, ich gestehe es. Ich habe dich geheiratet, um mich vor dem Schuldgefängnis zu retten. Es war ein verhängnisvoller Fehler, aber ich war …”
Sie brach ab und presste die Lippen aufeinander.
Ich war verzweifelt.
Das war es wohl, was sie sagen wollte. Marcus erinnerte sich daran, dass sie drohte, jeden anderen
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