Unvermeidlich
äußerlich, so schnell nicht aus der Ruhe bringen lässt.
Wir sind auf dem Weg zum dritten Trödler und bis auf einen kleinen Apothekerschrank war unsere Suche nach Möbeln bisher erfolglos.
„Was machen wir, wenn wir überhaupt nichts finden, Dani? Komplett neue Möbel habe ich nicht einkalkuliert. Ich dachte, wir würden auf diesem Weg viel schönere und günstigere Sachen finden“, plappert sie vor sich hin.
Ich steuere auf den Parkplatz des nächsten Händlers und stelle den Motor ab. „Was ist wirklich los?“, frage ich und drehe mich zu ihr. „Hast du Stress mit deinen Männern?“
Ich will mich nicht in die Beziehungsprobleme meines Bruders einmischen, aber Kati ist inzwischen eine gute Freundin. Außerdem gibt es für ihre Panik überhaupt keinen Grund. Wir haben noch viele Wochen Zeit und das ist gerade mal unsere erste Shoppingtour für den neuen Laden.
„Es ist nichts, wirklich nicht.“
Ich glaube ihr kein Wort.
„Stimmt was mit dem Baby nicht?“
Sofort wandert ihre Hand zu der kaum sichtbaren Wölbung an ihrem Unterbauch. Und schon fallen die ersten Tränen. Mein Gefühl war also richtig: Irgendetwas ist gar nicht in Ordnung.
„Ich kann mit Paul und Jakob darüber nicht reden. Sie lassen mich ja so schon nicht aus den Augen.“ Trotzig wischt sie sich die Tränen weg.
„Worüber kannst du mit ihnen nicht reden? Wenn es dir oder dem Baby nicht gut geht, dann musst du das sagen, Kati!“
Ich reiche ihr ein Taschentuch und, nachdem sie sich ausgiebig geschnäuzt hat, auch noch den Rest der Packung.
„Es geht uns gut. Bis jetzt. Aber erinnerst du dich noch, als ich den Knoten in der Brust hatte?“
Wie könnte ich das vergessen? Damals war die Beziehung zwischen ihr, Paul und Jakob ganz frisch und nicht offiziell. Sie war erschüttert und hatte unglaubliche Panik, weil ihre eigene Mutter an Brustkrebs gestorben ist. Gott sei Dank hat es sich als gutartig herausgestellt und sie brauchte auch nicht weiter behandelt zu werden.
„Natürlich kann ich das, Süße. Hast du wieder was gespürt? Dann musst du unbedingt zu deinem Frauenarzt.“
„Ich bin doch nicht blöd“, schluchzt sie. „Das ist es nicht. Bei meiner Mutter ist die Diagnose kurz nach Bens Geburt gestellt worden. Was ist, wenn mir das passiert?“
Ich kann ihre Ängste gut verstehen. Obwohl der Test auf das Brustkrebs-Gen bei ihr negativ war, ist es nachvollziehbar, dass sie das nicht einfach abschüttelt. Mein Bruder und Paul haben wirklich alle nötigen und möglichen Untersuchungen für sie veranlasst. Ihre Gefahr, diesen Krebs zu bekommen, ist nicht höher als bei jeder anderen gesunden Frau. Natürlich wird sie auch weiterhin regelmäßig überwacht. Doch niemand hat das durchgemacht, was sie bei ihrer Mutter miterlebt hat und weswegen sie ihren Bruder großziehen musste. Ihr Vater war keine Hilfe. Er ist in tiefe Depressionen gestürzt und das hat schließlich zu seinem Selbstmord geführt.
Wenn jemandem eine kleine Panikattacke zusteht, dann ist es Kati.
Ich könnte ihr jetzt sagen, alles wird gut und nichts passiert dir und deinem Baby, aber ich bin nicht naiv und ich kann auch nicht hellsehen. Mutterschaft ist furchteinflößend, unabhängig davon, ob man alleine damit dasteht oder alle nur mögliche Unterstützung hat. Es gibt kaum etwas im Leben, das man weniger kontrollieren kann.
Kati versucht angestrengt ihren Tränenfluss in den Griff zu bekommen, doch sie ist noch viel zu aufgebracht.
„Komm her“, sage ich und ziehe sie an meine Schulter, wo sie leise vor sich hin schnieft und schluchzt. „Ich verstehe, dass du Angst hast. Lass dir aber dadurch diese großartige Erfahrung nicht verderben. Du bist nicht ganz 30 und in einem sehr guten Alter, um das genießen zu können. Du hast zweieinhalb tolle Männer an deiner Seite, die alles für dich tun und für dich da sind.“
Über die zweieinhalb Männer muss sie dann doch lachen.
„Die hab ich wirklich.“ Sie setzt sich aufrecht hin und atmet ein paar Mal tief durch, bevor sie die restlichen Tränen wegwischt.
„Und nicht nur die, Kati. Auch wenn du es immer noch nicht glaubst, du hast eine Familie bei uns und egal, was passiert, du stehst nicht alleine da. Nicht mehr.“
„Das weiß ich inzwischen. Obwohl ich mich längst noch nicht dran gewöhnt habe. Aber oft ist es etwas zu viel. Versteh mich nicht falsch. Ich liebe deinen Bruder und ich liebe Paul, doch manchmal wissen sie nicht, wann sie einen Schritt zurücktreten sollten, damit mir
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