Unwiderstehlich untot
entlang, und ein Fingernagel so scharf wie ein Dolch schnitt durch mich. Zuerst spürte ich nichts, doch dann entflammte heißer Schmerz in meinem Rücken und dehnte sich im ganzen Körper aus – alle Adern und Nervenbahnen schienen zu brennen. »Sie gehört uns, wie auch der Verräter.«
»Wir riechen das Blut.« Überall erklangen gierige Stimmen. »Wir haben Hunger. Gib sie uns…«
»Ich zuerst«, knurrte der Anführer. Und ich wusste mit jeden Zweifel ausschließender Gewissheit: Mit diesen Geschöpfen gab es keine Verhandlungen. Sie ließen sich nicht bestechen, hörten nicht auf flehentliche Bitten. Ich hatte nur eins, das sie wollten – und sie nahmen es sich bereits.
Ich sah nach unten und stellte fest, dass der Anführer meinen Geistkörper aufgerissen hatte. Etwas Helles kam heraus, etwas, das nicht die geringste Ähnlichkeit mit Blut hatte. Kraft, begriff ich, während die Schmerzen meine Gedanken zu zerreißen drohten. Er wollte mir meine ganze Kraft nehmen.
Das Rudel heulte hungrig, rührte sich aber nicht von der Stelle. Der Anführer ließ wie liebevoll seine Zunge über meine Brust streichen und leckte nach der aus mir herausquellenden Energie. Plötzlich kam ein zischendes Lachen von ihm, und von einem Augenblick zum anderen war ich voller Panik. Wenn ich in einem Körper gesteckt hätte, wäre mir vermutlich das Blut in den Adern gefroren und der Atem in meiner Lunge zu Eis erstarrt. Als Geist konnte ich mich nicht mehr bewegen, selbst dann nicht, als sich der Anführer vorbeugte und den Mund auf die Wunde presste, die er in meinen Phantomleib geschnitten hatte, und daran saugte.
Es tat weh, Himmel – es tat so weh wie Säure auf blanken Nerven, wie Zackenklingen, die sich in Knochen frästen. Aber schlimmer noch als der Schmerz war das Gefühl des Verlustes. Das Wissen, dass ein Teil von mir gestohlen worden war wie ein Tropfen Wasser, der sich in einem kalten, dunklen Meer verlor. Für immer fort.
Der Anführer sah zu mir auf und leckte sich die blutigen Li},pen. »Lebendig schmeckt es besser«, sagte er und ließ das Rudel los.
Als mich die Wesen zu Boden warfen, fühlte es sich an, als hätte ich wieder einen Körper. Der kalte Stein im Rücken verstärkte die heiße Agonie, als die Geschöpfe über mich herfielen. Ich spürte ihre Bisse, schrie und versuchte, mich aus ihren Klauen zu befreien, aber wohin ich mich auch wandte, überall wartete eine gierige Fratze auf mich. Schon nach wenigen Sekunden kam grauweißer Dunst aus zehn und mehr Wunden. Dunstige Ranken aus Lebensenergie krochen aus ihnen, hafteten an den Händen der Kreaturen und wickelten sich ihnen um die Arme.
Voller Grauen beobachtete ich, wie die Geschöpfe alles aufschleckten und sich die Finger ableckten, wie Kinder mit einem halb geschmolzenen Eis. Aber es genügte ihnen nicht. Sie waren hungrig, und das brachte sie nur auf den Geschmack. Sie wollten alles.
»Sie ist kein rechtmäßiges Opfer!«, hörte ich jemanden rufen und sah auf. Pritkin wankte in die Mitte des Festschmauses, noch immer halb blind und sicher sehr verwirrt.
»Lord Rosier hat sie uns gegeben«, sagte der Anführer und beugte sich besitzergreifend über mich. »Und auch dich.«
Mehrere Geschöpfe verließen das Rudel und näherten sich Pritkin, aber er wich ihnen aus und warf sich mit seinem durchscheinenden, schwachen Geistkörper dem Anführer entgegen. Für einen Sekundenbruchteil hielt das Rudel inne, überrascht davon, dass jemand direkt dem Tod entgegenstürzte, anstatt die Flucht zu ergreifen. Dann ließen mich die Wesen los und sprangen Pritkin entgegen. Ich warf mich zurück und schickte mein Bewusstsein in den Körper, der noch immer reglos auf dem Boden lag.
Zwischen einem Gedanken und dem nächsten kam ich zuckend zu mir und schnappte nach Luft – die Lungen fühlten sich trocken und leer an. Rote und violette Lichter blitzten hinter meinen geschlossenen Lidern, als ich keuchte und hustete. Alles tat weh.
Es war wie bei der Grippe: Der Schmerz ließ sich nicht lokalisieren; das Gefühl des Krankseins betraf den ganzen Körper.
Für eine Sekunde begriff ich nicht, was mit mir los war. Ich hatte mich nicht länger als eine Sekunde außerhalb des Körpers befunden, und in dieser Zeit hätte Pritkins Leib eigentlich keinen Schaden nehmen dürfen. Und dann erinnerte ich mich: Geistige Angriffe machten sich beim Körper bemerkbar, sobald man in ihn zurückkehrte. Wenn ihm diese Kreaturen so sehr zusetzten, dass er schwere
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