Unwiderstehliche Küsse: Roman (German Edition)
denn ihr Verlobter verfügte über Macht und Einfluss. Sie glaubte nicht, dass Maximillian ihre Entführung und ihr Verschwinden einfach mit einem Achselzucken abtun würde, als sei sie eine unselige Investition, die er an der Börse getätigt habe.
Aber während die Wochen vergangen waren, ohne dass der Palast von einem Regiment seiner Männer gestürmt wurde, war ihre Hoffnung gesunken. Wenn sie am Abend auf ihrem Diwan die Augen schloss und in einen unruhigen Schlaf verfiel, war es nicht länger Max’ teures Gesicht mit der hohen Stirn und dem entschlossenen Kinn, das sie erblickte, sondern das eines anderen Mannes – eines Mannes, den sie sich aus ihrem Gedächtnis und ihrem Herz zu löschen so bemüht hatte.
Dass er jetzt nach all den Jahren hier in der Wüste auftauchte wie ein Traum, war unfassbar, sie sollte sich kneifen, um zu überprüfen, ob sie wirklich wach war. In einer trotzigen Ecke ihres Herzens hatte sie nie aufgehört zu glauben, dass er eines Tages zu ihr kommen würde. Sie hatte nie aufgehört zu hoffen, dass die Versprechen, die er ihr gemacht hatte, nachdem sie in ihren Umhang gesunken waren, mehr waren als leere Worte, um ein dummes junges unschuldiges Mädchen zu verführen, das alles getan hätte, um ihn zum Bleiben zu bewegen.
Sie war längst kein dummes junges Ding mehr, und diese naive Ecke ihres Herzens war längst unter den zackigen Scherben des gebrochenen Versprechens verschüttet. Sie hatte an jenem Morgen und in den dunklen Tagen, die darauf folgten, viel mehr als nur ihre Unschuld verloren. Ash sollte niemals erfahren, wie viel sein Fortgehen sie gekostet hatte. Dann wäre wenigstens ihr Stolz gerettet.
Die Frau, zu der sie geworden war, konnte schwerlich glauben, dass Ash aus eigenem Antrieb gekommen war, sie zu retten, doch es war auch unmöglich anzunehmen, dass Maximillian ihn geschickt haben könnte. Anders als sein Bruder spielte Max nur, wenn die Chancen für ihn gut standen. Doch er musste besser als jeder andere wissen, dass sie beide zusammenzutun äußerst riskant wäre.
Clarinda fasste Poppy am Handgelenk und zog sie näher zu sich, sie blickte sich verstohlen um, rechnete fast damit, Farouks Onkel Tarik oder einen der zahllosen Spitzel des Mannes hinter einem bunten Wandteppich oder einer kostbaren Urne zu entdecken. Der alte Palast war voll verborgener Türen und Geheimgänge. Tarik hatte keinen Hehl aus seinem Misstrauen den englischen Gästen seines Neffen gegenüber gemacht – und an diesem Ort hatten die Wände tatsächlich Ohren.
Sie senkte die Stimme. »Genau wie du vermutet hast, ist es ganz unmöglich, dass Captain Burkes plötzliches Auftauchen schlicht ein günstiger Zufall ist.«
»Aha!«, erwiderte Poppy in einem lauten Flüstern, das sogar ein taubes Kamel noch gehört hätte. »Also ist er gekommen, um uns zu retten, nicht wahr? Ich wusste es doch!« Sie fuhr sich nervös mit der Hand übers Haar und befeuchtete ihre Lippen mit ihrer Zungenspitze. »Wenn er Erfolg hat, denkst du, er wird damit rechnen, dass ihn eine von uns als Belohnung küsst? Oder vielleicht sogar wir beide?«
»Ich wäre liebend gerne bereit, dir die Ehre zu überlassen«, versicherte Clarinda ihr, während vor ihrem geistigen Auge das Bild eines wesentlich jüngeren Ash erschien, der den Kopf senkte, um sacht mit seinen Lippen über die ihren zu streichen. Sie schüttelte den Kopf, um es zu vertreiben. »Aber bis ich Gelegenheit habe herauszufinden, wie genau die Pläne des Captain aussehen, ist es unverzichtbar, dass wir so weitermachen, als sei nichts geschehen. Wenn wir beim Sultan oder seinen Wachen Verdacht erregen, kann es unser aller Leben in große Gefahr bringen.«
»Aber Farouk würde dir kein Haar krümmen«, wies Poppy sie mit einem wehmütigen Seufzen zurecht. »Er betet dich an.«
»Er betet mich momentan an. Aber ich versichere dir, dass die Zuneigung von Männern unsteter ist, als du dir vorstellen kannst. Glaub mir, ich muss es schließlich wissen. Wenn er herausfindet, dass ich einen Verlobten habe und dass der Bruder meines Verlobten in ebendiesem Moment unter seinem Dach weilt, will ich gar nicht wissen, wie er reagiert. Er darf auf keinen Fall ahnen, dass wir auch nur daran denken, mit Captain Burke davonzulaufen, bis wir weit, weit weg von hier sind.«
Poppy nickte verständnisinnig. »Mach dir keine Sorgen. Ich bin für meine Verschwiegenheit bekannt.«
Als Poppy sich mit einer Hand über den Mund fuhr und so tat, als verschlösse sie ihn und
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