Unwiderstehliche Küsse: Roman (German Edition)
sein Herz ausschüttete.
Clarinda hatte sich bereits den Kopf darüber zerbrochen, wie sie aus dem Harem fliehen konnte, bevor Ash heute so völlig unerwartet erschienen war. Doch sie hatte schon zu fürchten begonnen, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis sie ihren Platz in den Reihen der anderen Frauen einnahm. Dann würde sie auch noch die wenigen Freiheiten verlieren, die sie als Farouks Gast genoss, und wäre dazu verdammt, den Rest ihres Lebens verzweifelt gegen die Gitterstäbe dieses vergoldeten Käfigs zu schlagen.
Sie hatte sich sogar schon gefragt, wie lange es dauern würde, bis sie wie die anderen wurde. Bis sie ebenfalls für die Hoffnung lebte, sie werde diejenige sein, die der Sultan nachts zu sich kommen ließ, und sei es nur wegen der Unterbrechung der seelenzehrenden Monotonie im Harem.
Abgesehen von den verschlossenen Türen und den hünenhaften Eunuchen, die sie bewachten, fiel im Harem noch etwas befremdlich auf. Es gab keine Kinder. Keine kleinen Füße liefen über den gefliesten Boden, kein fröhliches Kinderlachen hallte von dem Kuppeldach wider. Wenn sie Farouk einen Sohn oder eine Tochter schenkte, würde ihr das Kind nach der Geburt weggenommen werden, einer Amme gegeben und Fremden anvertraut, damit es in einem anderen Teil des Palastes aufwuchs.
Clarinda spürte, wie ihre Züge sich verhärteten. Das würde sie niemals zulassen. Sie würde persönlich über die Palastmauern klettern und barfuß durch den heißen Wüstensand marschieren, bevor sie zuließe, dass irgendjemand ihr das eigene Kind aus den Armen riss.
Als sie und Poppy durch den Raum gingen, warfen mehrere Frauen ihnen unter ihren Wimpern verstohlene Blicke zu. Andere starrten sie offen an, gaben sich keine Mühe, die Abneigung gegen sie in ihren mit Kajal umrandeten Augen zu verbergen.
Clarinda wusste, sie hassten alles an ihr, besonders ihre blasse Haut, ihre grünen Augen und ihr langes blondes Haar, das eine stete Quelle der Verachtung und des Neides war. Mit ihren langen schwarzen Haaren, mandelförmigen Augen und vollen Rundungen waren die meisten von ihnen viel schöner, als sie je hoffen durfte zu sein. Aber sie wussten schon lange, was Clarinda erst in den Monaten nach ihrer Entführung gelernt hatte.
Männer verlangten nicht nach Schönheit. Sie verlangten nach Abwechslung und Neuem.
Noch mehr als ihre hellen englischen Farben aber missgönnten sie ihr die Freiheit, zu kommen und zu gehen, wie es ihr beliebte, ohne Anweisungen zu erhalten oder darauf warten zu müssen, gerufen zu werden. Sie durfte sich uneingeschränkt auf den Fluren des Palastes bewegen, ohne Wache und auch ohne Schleier, die sie vor Männeraugen schützten. Dieses Vorrecht verriet mehr als jedes andere, welch besonderen Platz sie im Herzen ihres Herrn einnahm.
Und das trug ihr unüberwindbare Feindseligkeit ein.
Clarinda hatte ihre Abneigung, ihre Spitzen und Bosheiten die letzten drei Monate überlebt, indem sie sich gesagt hatte, dass sie unter anderen, weniger unglücklichen Umständen vielleicht sogar Freundinnen unter den Frauen gefunden hätte. Das ermöglichte es ihr, hoch erhobenen Hauptes zu gehen, während sie den Raum durchquerte; so wie in der ersten Zeit in Miss Throckmortons Pensionat tat sie so, als ob ihre Bemerkungen sie nicht treffen konnten.
Doch dann stand eine Frau mit der Anmut einer jungen Raubkatze von ihrem Platz auf dem lila Sofa auf und schlenderte zu ihr, sie baute sich vor ihr auf, sodass Clarinda stehen bleiben musste. Poppy versteckte sich hinter ihr, sie fühlte sich ohne Zweifel an die vielen Male erinnert, wenn Clarinda sie vor den anderen Mädchen in der Schule beschützt hatte.
Clarinda musterte die Frau kühl und abschätzend. Es war Yasmin mit den Rehaugen, die sich zu Clarindas Hauptgegnerin und Peinigerin aufgeschwungen hatte.
Den wenigen Gerüchten nach, die Poppy beim Belauschen anderer Frauen hatte aufschnappen können, hatte Yasmin kurz davor gestanden, eine der Hauptfrauen des Sultans zu werden, als herauskam, dass sie nicht die Unschuld war, als die sie sich ausgegeben hatte. Wenn man bedachte, wie stolz und besitzergreifend marokkanische Männer waren, konnte sie von Glück reden, dass sie mit dem Leben davongekommen war. Manche flüsterten, es sei ihr außerordentliches Können auf dem Bettlager gewesen, das Farouk davon überzeugt hatte, ihr Leben zu verschonen und sie als Konkubine zu behalten, nachdem er von ihrer Täuschung bemerkt hatte.
Mit ihren vollen dunklen Lippen, ihren
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