Unzaehmbares Verlangen
ist ganz anders.«
»Da bin ich nicht so sicher«, murmelte Letty.
»Denken Sie, er wäre ein ganzer Mann, nur weil er Joel bei der Prügelei am Anchor besiegt hat? Glauben Sie tatsächlich, daß er sich gegen meinen Vater zur Wehr setzen kann?«
Joel räusperte sich. »Hast du etwa Diana gesagt, Escott hätte bei unserem Streit gewonnen?« fragte er Letty wütend.
»Nun«, erklärte sie frostig, »das ist doch die Wahrheit, oder etwa nicht?«
»Das ist Ansichtssache«, stieß Joel mit zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Ich verstehe, daß du lieber an ein Unentschieden glaubst«, sagte Letty beschwichtigend. »Natürlich ist es unangenehm, wenn man zugeben muß, daß man der Verlierer war.«
»Sehr unangenehm.«
»Aber wir sollten die Tatsachen nicht verdrehen«, fuhr Letty fröhlich fort. »Schließlich befinden wir uns in einer schwierigen Situation. Ich bin davon überzeugt, daß Keith Escott der ideale Mann ist, um die Leitung von Copeland Marine zu übernehmen.«
»Sie haben keine Ahnung«, flüsterte Diana. »Ich glaube, Sie täuschen sich gewaltig.« Abrupt drehte sie sich um und verließ das Büro.
15
Nachdem Diana die Tür hinter sich geschlossen hatte, herrschte eine Zeitlang unangenehmes Schweigen in Joels Büro. Letty wartete voller Unbehagen und lächelte schließlich zögernd.
»Du bist doch nicht böse auf mich, weil ich gesagt habe, daß Keith dich bei der Prügelei zu Boden geworfen hat, oder?«
»Was? Die Geschichte wird immer abenteuerlicher«, entgegnete Joel leise.
»Es ist doch völlig egal, wie ich es ausgedrückt habe. Ich tat es für einen guten Zweck. Damit wollte ich die Beziehung zwischen Diana und Keith ein wenig aufmöbeln.«
»Ob mein Ego Unterstützung braucht, interessiert dich wohl nicht.«
Letty lächelte verschmitzt. »Dein Ego könnte sogar einem atomaren Angriff standhalten, ohne besonders darunter zu leiden.«
»Vielen Dank. Trotzdem würde ich es vorziehen, wenn du mich das nächste Mal nicht als absoluten Verlierer darstellen würdest.« Joel warf den Kugelschreiber auf den Tisch und stand auf. Dann ging er steifbeinig zum Fenster.
Letty beobachtete ihn besorgt. »Du bist doch nicht wirklich wütend auf mich, Joel?«
»Nein, sonst würde ich mich anders verhalten.«
Letty nickte. »Das habe ich mir gedacht. Und jetzt sag mir bitte die Wahrheit. Hast du es ernst gemeint, als du Diana erklärtest, du würdest Keiths Plan in Betracht ziehen?«
»Ja.« Joel starrte aus dem Fenster auf die Straße. »Escotts Vorschläge sind akzeptabel. Sein Plan könnte funktionieren.«
»Heißt das, du bist bereit, es zu versuchen?« Ohne seine Antwort abzuwarten, sprang Letty auf, lief zu ihm und umarmte ihn von hinten. »Du wirst es nicht bereuen, das ver-spreche ich dir. Es ist die beste Lösung - das wirst du bald sehen.«
»Ich sagte, daß ich darüber nachdenken werde - nicht, daß ich mich bereits entschieden habe«, brummte Joel. »Kannst du mir erklären, warum du so versessen darauf bist, diese elende Kleinstadt zu retten?«
Letty ließ die Arme fallen und trat einen Schritt zurück. »Es geht mir nicht um die Stadt, sondern um dich.«
»Um mich?« Joel drehte sich abrupt um und sah sie wütend an. »Was soll das heißen?«
Letty schwieg einen Moment und versuchte, die richtigen Worte zu finden. »Du müßtest damit leben, eine ganze Stadt vernichtet zu haben. Das wäre eine große Belastung für dich«, sagte sie schließlich sanft. »Verstehst du denn nicht, was dein Racheplan bedeutet, Joel? Es wäre einfach zuviel für dein Gewissen.«
»Damit werde ich schon selbst fertig, Letty.«
Sie legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm. »Denk doch einmal an die Familien, die von Copeland Marine abhängig sind. Du weißt aus eigener Erfahrung, was passieren kann, wenn Menschen arbeitslos werden. Bei deinem Vater hatte es schlimme Folgen.«
Joel verzog das Gesicht. »Verdammt, Letty, ich...«
»Hör mir zu, Joel. Ich habe einige Artikel über das Thema gelesen. Arbeitslosigkeit treibt die Kriminalitätsrate in die Höhe. Die Gewalttätigkeit in den Familien nimmt zu, und es gibt mehr Scheidungen und Selbstmorde. Denk darüber nach, Joel.«
Sie sah, daß er zusammenzuckte, und ließ nicht locker. »In einer kleinen Stadt wie Echo Cove würde Massenarbeitslosigkeit für viele Familien das Ende bedeuten. Sie müßten Sozialhilfe beantragen und würden verarmen. Kannst du das mit deinem Gewissen vereinbaren?«
»Hör auf damit.« Joel packte sie an den
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