Unzertrennlich
einen Hocker sinken, der im Flur stand. Sie sah zu Gabi auf.
»Du warst die Einzige, die von Markus wusste. Wer soll es denn sonst gewesen sein?«
»Thomas.«
Ruth sah Gabi verständnislos an. »Wieso Thomas? Dein Thomas? Der ist doch in Frankfurt, was hat er denn damit zu tun? Hast du ihm was erzählt?«
Gabi zog ihren Mantel aus, drückte Ruth die Blumen in die Hand und hockte sich auf einen Stapel Umzugskartons.
»Karsten muss jemanden vom Flughafen abgeholt haben. Dabei hat er Thomas getroffen. Und der hat ihm von unserer Trennung erzählt und Karsten gebeten, dass ihr euch ein bisschen um mich kümmert.«
»Ach du Scheiße.« Ruth hatte plötzlich ein Gespräch im Kopf.
Sie war abends nach Hause gekommen. Karsten hatte gekocht. Beim Essen hatte er sie in harmlosem Ton nach Gabi und Thomas gefragt. Ruth hatte genauso harmlos geantwortet, dass alles im Lack sei, Gabi fühlte sich bloß die Woche über sehr allein und deshalb würde Ruth versuchen, sie auf andere Gedanken zu bringen. Karsten fand es gut, dass sie wieder eine so enge Freundschaft pflegten, und Ruth hatte ihm ernsthaft zugestimmt.
Als sie sich am nächsten Abend von ihm verabschiedete, um sich mit Markus zu treffen, bestellte er Gabi schöne Grüße. Danach war er ihr hinterhergefahren.
Ruth schüttelte den Kopf und rieb sich die Stirn. »Entschuldige. Ich dachte, du hättest ihm was gesagt, ich wusste ja auch, dass du Karsten immer schon mochtest. Es tut mir leid, irgendwie ist alles im Chaos geendet. Ich war so sauer, auf mich selbst auch. Es tut mir leid, ehrlich, Gabi, nicht nur die falschen Beschuldigungen, auch meine Art in der letzten Zeit. Ich dachte immer, ich wäre cooler. Dass mich Veränderungen so anstrengen, hatte ich vergessen.« Sie hob den Kopf und hielt feierlich ihre Hand hoch. »Ich gelobe Besserung. Ich gehe jetzt mein neues Leben an, das heißt, du machst das ja auch gerade, also, wir fangen beide ein neues Leben an und dazu braucht man Freundinnen.« Sie stand auf und breitete ihre Arme aus. »Komm, meine Alte, jetzt versöhnen wir uns richtig und dann mache ich einen Sekt auf.«
Während der Umarmung sah Gabi über Ruths Schulter und überlegte, ob sie ihr erzählen sollte, woher sie von dem Gespräch zwischen Thomas und Karsten am Flughafen wusste.
Als Ruth sich aus der Umarmung löste und ihr forschend in die Augen sah, verdrängte Gabi die Erinnerung an den Abend mit Karsten. Das hier war jetzt wichtiger.
Bremen
Christine wachte vom finalen Gurgeln der Kaffeemaschine auf. Sie hörte das Klappern von Tassen und Richard, der vor sich hin pfiff. Sie stöhnte leise, drehte sich auf die Seite und zog ihre Beine an. Nichts fühlte sich gut an. Sie hatte einen fiesen Geschmack im Mund, ihr Kopf tat weh, ihr war kalt und übel.
Sie hatten sich tags zuvor zum ersten Mal nach vier Wochen getroffen. Auf der Fahrt von Hamburg nach Bremen hatte Christine versucht, die großen Gefühle für Richard, die sie seit fast drei Jahren empfand, wiederzubeleben. Seine Stimme, seine Wärme, seine Blicke. Stattdessen fielen ihr nur die quälenden Dinge ein, die Heimlichkeiten, ihre einsamen Wochenenden, sein Schweigen, seine anstrengende Ehefrau. Christine hatte drei Jahre lang gewartet, auf das Telefonklingeln, auf einen Besuch, letztendlich auf eine Entscheidung. Kleine Dinge passierten, große nicht. Warten macht müde.
Sie hatte mit Dorothea über Richard gesprochen. Dorothea hatte ihr lange zugehört und dann gefragt, welche Perspektive es eigentlich für sie gäbe. Und ob sie noch daran glaube, dass aus dieser heimlichen Affäre irgendwann mal eine ehrliche Beziehung würde.
Christine hatte nicht lange überlegt, bevor sie den Kopf schüttelte. »Weißt du, ich hatte so viel Gefühl für ihn, aber dieses Warten braucht alles auf.« Danach fing sie an zu heulen.
Zwei Wochen später hatte Sven in ihrem Büro gestanden.
Richard stellte die beiden Kaffeebecher auf den Nachttisch und setzte sich auf die Bettkante. Er strich Christines Haare zur Seite und küsste sie auf den Nacken.
»Guten Morgen, schöne Frau, was hältst du von Kaffee?«
Christine kroch unter der Decke hervor und setzte sich aufrecht hin, mit dem Rücken zur Wand. Sie stopfte die Decke um sich, griff zur Tasse und vermied Richards Blick.
»Danke, lieb von dir, wie spät ist es eigentlich?«
»Keine Ahnung, vielleicht neun, aber heute ist Sonntag.«
Sie merkte, dass er sie ansah, angestrengt hielt sie den Blick auf ihre Tasse gerichtet, von dem
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