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Titel: Upload Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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damals. Wenn man 207
    seine Atmung fünfzehn Atemzüge lang mit dem des Gegenübers in Einklang bringt, öffnet der oder die Betreffende sich angeblich unbewusst den eigenen Vorschlägen. Da ich befürchte, dass Caitlin gleich abtauchen, durch die Tür stürzen, mit ihren dicken kleinen Beinen die Treppe hinuntertram-peln und mich hier oben allein zurücklassen wird, versuche ich’s einfach mal und passe meine Atmung an die Bewegungen ihres wogenden Busens an. Nach dem anstrengenden Aufstieg japst sie immer noch, so dass die fünfzehn Atemzüge schnell getan sind. Während das Schweigen sich in die Länge zieht, versuche ich mich daran zu erinnern, was ich als Nächstes tun soll. Leite dein Gegenüber an , das ist es. Als ich meine Atmung nach und nach verlangsame, beruhigt sich ihre Atmung erstaunlicherweise im Einklang mit meiner, bis wir beide lange, tiefe Atemzüge machen. Es funktioniert – zwar ist es exzentrischer, alberner Scheiß aus Kalifornien, aber es funktioniert.
    »Caitlin«, sage ich ruhig, wobei ich ausatme.
    »Ja?« Sie ist immer noch auf der Hut.
    »Haben Sie ein Komset dabei?«
    »Ja, hab ich.«
    »Könnten Sie unten anrufen und die Leute bitten, eine Bahre und Sanitäter aufs Dach zu schicken? Ich hab mir den Rücken verletzt und schaffe die Treppe nicht.«
    »Kann ich tun, ja.«

208
    »Danke, Caitlin.«
    Ich komme mir wie ein Schwindler vor. Es ist gar nicht nötig gewesen, sie verbal einzuschüchtern oder ihr durch Erklärungen das Misstrauen zu nehmen. Es ging nur darum, so etwas wie eine persönliche Beziehung herzustellen und mich ein bisschen in sie hineinzuversetzen. Ich kann nicht fassen, dass es funktioniert hat, doch Caitlin zieht tatsächlich ein robustes Komset aus dem Halter an ihrer Hüfte und gibt auf ruhige, effiziente Art eine Meldung durch.
    »Danke, Caitlin«, wiederhole ich. Ich will mich hinsetzen, aber mein Rücken gibt nach, so dass ich aufs Dach knalle und mir wimmernd beide Hände auf die verkrampfte Lende presse. Unversehens ist Caitlin an meiner Seite, schiebt meine Hände weg und gräbt ihre kräftigen Daumen in die verhärteten Muskeln rings um das Iliosakralgelenk, streckt und glättet sie, verfolgt die glühenden Nervenbah-nen bis zu den Wurzeln der Gelenke zurück und knetet geduldig die Krämpfe weg, bis der Schmerz zu einem leichten Pochen verebbt.
    »Mein alter Herr hatte auch immer diese Beschwerden«, erklärt sie. »Wir Kinder mussten ihn abwechselnd massieren.« Während ich auf dem Rücken liege, blicke ich über ihre Kurven und Speckrollen hinweg auf das ernste sommersprossige Gesicht. »Mein Gott, das tut gut.«
    »Das hat mein alter Herr auch immer gesagt.

209
    Eigentlich sind Sie noch zu jung für Rücken-beschwerden.«
    »Finde ich auch.«
    »Na gut. Ich werde jetzt Ihre Knie aufstellen und Ihren Kopf nach unten betten. Ich muss mir diesen Ventilator nämlich mal näher ansehen.«
    Ich ziehe eine Grimasse. »Ich fürchte, ich hab ganz schönen Mist gebaut. Tut mir leid.«
    Sie winkt mit ihrer sommersprossigen Hand nur ab, was wohl halb so wild bedeuten soll, und geht zum Kamin hinüber, während ich mit aufge-stellten Knien daliege, zum Himmel aufschaue und auf die Träger mit der Bahre warte.
    Als sie endlich kommen, sieht Caitlin zu, wie die Sanitäter mich auf die Liegefläche schnallen –
    fester, als es aus Sicherheitsgründen unbedingt erforderlich ist. Plötzlich wird mir klar, dass sie mich nicht festbinden , sondern fesseln .
    »Danke, Caitlin«, sage ich zum Abschied.
    »Gern geschehen, Art.«
    »Und viel Glück mit dem Ventilator – Entschuldigung noch mal.«
    »Schon in Ordnung, Junge. Schließlich ist das mein Job.«

210
    >>>>>>>>>>> 18
    Die Whirlpools in der Upper Class von Virgin waren theoretisch zwar ein netter Komfort, boten praktisch jedoch wenig Linderung. Aus Gründen der Sparsamkeit und um Spritzer und ein Überlaufen zu verhindern, hatten sie ziemlich hohe Wände und einen recht niedrigen Wasser-pegel. Nach der Massage ging Art durch die winzige Sauna mit Dusche und stieg ins Becken, während die Maschine sich irgendwo über Neu-fundland befand und in eine Turbulenz geriet. Er wurde so hin und her geschleudert, dass das chlo-rierte Wasser ihm in die Nase schoss und in die Augen geriet, die sofort höllisch brannten. Die Zeitschrift zum Thema Offshore-Investitionen, die er in der Ablage seines Sitzes gefunden hatte, war sofort völlig durchnässt.
    Als sie auf dem New Yorker John-F.-Kennedy-Flughafen landeten, roch er immer

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