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Aktivierungszeit durch diese Täuschung sogar um drei Sekunden verlängerte. Auf diese Weise erhielt er seine erste Lektion in Sachen Benutzer-erfahrung: Der Eindruck, dass alles funktioniert, ist wichtiger als die tatsächliche Funktionsfähigkeit.
Und jetzt tat Fede mit einem verbalen Screenshot so, als wäre er hellwach und zu jeder Aktivität bereit, während im Hintergrund seine persönliche Festplatte ratterte und die Inventurroutine ihn in echte Betriebsbereitschaft versetzte. »Fede, ich bin angekommen, ich bin in Boston!«
»Gut, Art, gut. Wie war der Flug?«
»Wunderbar. Die Upper Class von Virgin war fantastisch – tanzende Mädchen, Zwergencat-chen, Haschischplätzchen …«
»Na prima.«
»Und jetzt fahre ich im Untergrund von Boston gerade durch eine Strandsegler-Regatta. Ein Trubel wie auf dem Rummelplatz, aber ich glaube, ich hab mich fast schon zum Hotel durchgeschunkelt.«
»Freut mich zu hören.« Art hörte leise Wasser plätschern und merkte, dass Fede gerade pinkelte.
»Ich treffe mich morgen mit den Jungs aus Jersey. Zum Brunch in einem Stripclub.«
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»Prima, prima, sehr witzig. Ich bin jetzt völlig wach. Was steht an?«
»Nichts. Ich wollte mich nur bei dir melden und Bescheid geben, dass ich gesund und munter angekommen bin. Wie läuft’s in London?«
»Deine Freundin hat mich angerufen.«
»Linda?«
»Hast du denn noch eine andere?«
»Was wollte sie?«
»Mich zusammenstauchen, weil ich dich mit einer ›Rückenverletzung, bei der Lähmungsgefahr besteht‹, über den Teich geschickt hab. Sie will mich zur Verantwortung ziehen, falls dir drüben was passiert.«
»Lieber Himmel, Fede, das tut mir leid. Ich hab sie nicht auf die Idee gebracht oder so …«
»Mach dir keine Gedanken. Ich bin froh, dass es jemanden gibt, der sich um dich sorgt. Wir gehen heute Abend zusammen essen.«
»Weißt du, Fede, ich finde Linda ja wirklich toll, aber sie ist manchmal, na ja, ein bisschen zickig.«
»Art, jeder in O’Malley House weiß genau, wie zickig sie sein kann. ›Ich sag’s nicht noch einmal, Art. Mäßige deinen Ton. Ich lass mich nicht gern anschreien.‹«
»Himmel, das hast du auch gehört?«
»Mach dir keine Gedanken deswegen. Sie ist cool, ich mag sie. Und es macht mir nichts aus, wenn ich ein bisschen zusammengeschissen wer-216
de. Was hast du gesagt, wann triffst du dich mit Perceptronics?«
Das Wort schockierte ihn. Sie hatten den Namen der Kunden in Jersey noch nie ausgesprochen. Es hatte als ein Spiel angefangen, doch Fede hatte die Geheimhaltung des Kunden schnell in seine paranoiden Prozeduren einbezogen.
Sie waren jetzt in der Schlussphase angelangt.
Binnen weniger Wochen würden sie bei V/DT ihre Kündigungen einreichen, ihren letzten Flug über den Atlantik antreten, endgültig in die MGZ-5
zurückkehren und nicht mehr als Provokateure agieren.
»Morgen Nachmittag. Wir fangen spät an, damit ich eine Nacht durchschlafen kann.« Das letzte Konferenzgespräch mit Perceptronics war fantastisch gelaufen. Seine üblichen Ansprechpartner
– mürrische Männer, die sich voller Argwohn an unbedeutende Nebenaspekte in der Strategie von V/DT klammerten und so darauf herumritten, bis sie düstere, raffinierte Verschwörungen vermute-ten, wo keine waren – hatten daran nicht teilge-nommen. Stattdessen hatte er mit gerissenen, ge-witzten Produktdesignern und Technikern vier lustige Stunden an der Strippe verbracht und in atemberaubendem Tempo Ideen ausgetauscht.
Selbst übers Telefon hatte er die gelassenen Stimmen und Standpunkte als irgendwie angenehm und vertraut empfunden. Sie waren sehr gern be-217
reit gewesen, ihm zuliebe die Besprechung vor Ort auf die zweite Tageshälfte zu verlegen, und hatten vorgeschlagen, bis in den Abend hinein zu tagen und danach gemeinsam eine Kneipe zu besuchen, wo Burger in Kinderkopfgröße serviert wurden.
»Wir treffen uns morgen und übermorgen in der Zweigstelle von Perceptronics in Acton, danach geht’s auf die I-90. Die Jungs von Perceptronics klingen wirklich begeistert.« Schon den Namen der Firma auszusprechen war ein Nervenkitzel.
»Das ist wirklich hervorragend, Art. Aber geh’s locker an …«
»Ach, mach dir keine Sorgen. Mein Rücken fühlt sich schon um Längen besser an.« Und das stimmte auch: locker und geschmeidig wie nach einer guten Trainingsstunde.
»Schön zu hören, aber das hab ich nicht gemeint. Wir verhandeln immer noch, denn wir sind uns noch nicht über die Bezahlung einig. Ich brauche
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