Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Upload

Upload

Titel: Upload Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
Vom Netzwerk:
dich kennenlernte. Ich hab ihn abserviert, denn er hat mich total verrückt gemacht und wollte unbedingt, dass ich aus London zurückkomme und bei 237
    ihm wohne. Ich dagegen wollte das ganze Jahr in England bleiben, wieder in mein eigenes Apartment ziehen und mir vielleicht einen anderen Freund suchen. Als er mir die Pistole auf die Brust gesetzt hat, hab ich mich gegen ihn entschieden.
    Reicht dir das als Einstieg, Arthur?«
    »Ich bin durchaus zufrieden damit«, erwiderte Art. Lindas wutverzerrtes Gesicht war inzwischen puterrot angelaufen. Sie spie die Worte so aus, dass ihr Speichelflöckchen von den Lippen flogen.
    »Vielen Dank auch.«
    Sie nahm seine Hände und küsste die Knöchel seiner Daumen. »Hör zu, ich rede einfach nicht gern darüber – es tut mir weh. Außerdem tut es mir leid, dass er unseren Urlaub kaputtmacht. Ich geh einfach nicht mehr ran, wenn er anruft, ja?«
    »Ist mir egal, Linda, ehrlich. Es interessiert mich einen Dreck, ob du mit deinem Ex telefonierst. Ich hab nur gemerkt, dass du dich aufgeregt hast, und gedacht, es könnte dir vielleicht helfen, wenn wir darüber reden.«
    »Das weiß ich doch, Schatz. Aber es gibt ein paar Dinge, mit denen ich allein klarkommen muss. Vielleicht unternehme ich einen kleinen Abstecher in den Westen und spreche mich mal mit ihm aus. Du kannst mitkommen, wenn du willst –
    in West Hollywood gibt’s ein paar abgefahrene Bars.«
    »Ist schon gut«, wehrte Art ab, zermürbt 238
    von Lindas unbegreiflichen Stimmungswechseln.
    »Aber wenn du unbedingt musst, dann fahr hin.
    Ich hab in Toronto genügend alte Freunde, mit denen ich um die Häuser ziehen kann.«
    »Du bist immer so verständnisvoll«, sagte sie mit Kleinmädchenstimme. »Erzähl mir noch mal von deiner Großmutter. Meinst du, sie wird mich mögen?«
    »Sie wird dich lieben. Sie liebt jedes weibliche Wesen, das in gebärfähigem Alter ist und mit mir zusammen bei ihr auftaucht. Sie setzt nämlich große – wenn auch völlig wirklichkeitsfremde –
    Hoffnungen darauf, dass ich ihr eines Tages Ur-enkelchen präsentiere.«
    »Gluck.«
    »Gluck?«
    »Ich übe schon mal die Bruthenne.«

239
    >>>>>>>>>>> 21
    Doktor Szandor ist eine gute Seele. Er hält die Seelenklempner in Schach und verbringt mehr Zeit mit mir als unbedingt notwendig. Ich hoffe, er vernachlässigt seine Patienten nicht, aber mein letztes normales Gespräch liegt schon so weit zu-rück, dass ich einfach nicht auf ihn verzichten kann. Außerdem habe ich den Eindruck, dass Doktor Szandor die nervigen Gespräche mit Psychopathen und Psychotherapeuten ebenso satt hat wie ich und es ihm guttut, zwischendurch ein bisschen mit jemandem zu plaudern, der weder an Halluzinationen leidet noch andere vor Halluzinationen zu bewahren versucht.
    »Wie, zum Teufel, wird man eigentlich Experte für Benutzer-Szenarien?«
    »Durch einen eigensinnigen Kopf«, erwidere ich grinsend. »Ich war einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ich hatte damals einen Kumpel in New York, der für eine Biotech-Firma arbeitete.
    Diese Firma produzierte künstliche Schwellkörpergewebe.«
    »Schwellkörpergewebe?«
    »Genau. Synthetische Schildkrötenpimmel. Klein 240
    und biegsam, aber in der Lage, im Handumdrehen groß und hart zu werden.«
    »Hört sich ja toll an.«
    »Oh, es war schon nicht schlecht. Sie kennen doch sicher den Witz über den Beschneider, der sich eine Brieftasche aus Vorhäuten fertigt?«
    »Ja, den kenne ich noch aus dem Grundstudium. Er reibt an der Brieftasche herum, und schon wird ein Koffer daraus, stimmt’s?«
    »Genau der. Die Typen haben ernsthaft überlegt, aus dem Zeug Zugbrücken, provisorische Unterkünfte und dergleichen zu fertigen. Sie hatten sogar einen süßen Namen dafür: Eregin .«
    »Ho, ho, ho.«
    »Ja. Sie hatten also ein recht spezialisiertes Sortiment, um es vorsichtig auszudrücken. Damals verbrachte ich ein paar Wochen in Manhattan und passte auf die Wohnung meines Freundes auf, während er zu Thanksgiving seine Familie in Wis-consin besuchte. Er hatte Berge von dem Zeug in seinem Apartment herumliegen, und wenn ich mir draußen die Füße platt gelaufen hatte und es mir vor dem Fernseher gemütlich machte, spielte ich damit herum. Ich nahm auch etwas in den Madi-son Square Park mit und spielte dort damit herum.
    In dem Park hielt ich mich gern auf, weil dort jede Menge dieser supersüßen isländischen Au-pair-Mädchen mit ihren Bälgern spazieren gingen. Ich war schließlich ein ziemlich ansehnlicher junger

Weitere Kostenlose Bücher