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Titel: Upload Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Mal rief er ihn um drei Uhr morgens Londoner Zeit an, mal um elf Uhr abends, mal zur Mittagszeit – ein kleiner Racheakt, denn er wollte, dass auch Fede unter der Situation litt. »Ich hab’s versaut«, sagte Fede gähnend. »Ich hab’s versaut, und jetzt müssen wir beide den Preis dafür bezahlen. Du hast deinen Teil der Arbeit glänzend erledigt, ich hab meinen Teil vermasselt. Aber ich werd’s wieder-gutmachen und dich dafür entschädigen.«
    »Ich will keine weiteren Massagen, Fede. Ich will, dass die Scheiße erledigt wird, und dann will ich wieder nach Hause, zu meiner Freundin.«
    Fede kicherte.
    »Was ist so komisch daran?«
    »Ach, nichts. Warte einfach noch ein paar Minuten ab, ja? Wenn’s passiert ist, ruf mich wieder an und sag mir, was du vorhast, einverstanden?«
    »Wenn was passiert ist?«
    »Du wirst schon sehen.«
    Natürlich war es Linda. Zehn Minuten später klopfte sie an Arts Zimmertür, schlang die Arme –
    und Beine – um ihn und bumste ihn bis zur Besin-nungslosigkeit, halb auf und halb neben dem Ho-telbett. Erst ritt sie ihn, dann ließ sie sich von ihm reiten, sabberte dabei, war so feucht und geil, dass am Ende beide ausgestreckt, dehydriert und jap-send auf dem hübschen Perserteppich des Hotel-231
    zimmers liegen blieben. Danach rief Art Fede an und erfuhr von ihm, dass es noch zwei Wochen dauern könne, bis alles geregelt sei. Ob Linda und er nicht Lust hätten, sich in der Zwischenzeit ein Auto zu mieten und die Sehenswürdigkeiten an der Ostküste abzuklappern?
    Ja, sie hatten Lust. Sie fingen in Boston an, fuhren in Cambridge herum, sahen auf den Straßen süße Nerd-Jungs und Geek-Mädchen schlendern, die hitzige technische Diskussionen führten und in der schweißtreibenden Sommerhitze halbfer-tige technologische Wunderwerke mit sich he-rumschleppten. Cambridge war ein wahres Babel urbaner Akzente und hochgestochenen Ingenieurs-jargons.
    Danach verbrachten sie eine Woche in New York, wo sie durch die Gegend spazierten, bis sie ihre Füße nicht mehr spürten, den Kopf unentwegt in den Nacken gelegt, um an den unabsehbar hohen Häusertürmen von Manhattan empor zu gaffen. Der Lärm Lärm Lärm Manhattans klingelte ihnen in den Ohren, ein kaum definierbares lautes Dröhnen, zusammengesetzt aus den Geräuschen von Autos, Fußgängern, U-Bahnen, Dampfleitun-gen, Sirenen, Musik, Gesprächen, Klingeltönen, dem Geschrei von Straßenhändlern und schizo-phrenen Rednern – ein veritables Las Vegas der Kakofonie. Linda fühlte sich in dem Krach sehr unwohl, ausgerechnet sie, die im säuselnden wei-232
    ßen Rauschen von L.A.s Schnellstraßen-Dschun-gel aufgewachsen war. Für Art war der Lärm dagegen wie Musik. Er ließ sein Komset ausgeschaltet; allerdings brachten ihn die Vibrationen der U-Bahn unter seinen Füßen dazu, hundert Mal am Tag nach dem Gerät zu greifen, weil er überzeugt war, dessen Vibrationsalarm zu hören.
    Mit einem Bummelzug fuhren sie nach Toronto, ratterten durch verschlafene Städtchen im Hinter-land von New York, vorbei an Seen und sanft ge-schwungenen Hügeln in voller Sommerpracht. Im Aussichtswagen tranken Art und Linda Ingwer-bier, versetzt mit Rum aus der kleinen Flasche, die Linda an einem Riemen stets mit sich herum-schleppte – was sie nur deshalb tat, damit sie un-gezogen unter ihr knappes Sommerkleid greifen und körperwarmen Alkohol aus dem Flachmann hervorzaubern konnte, dessen glänzende Seiten durch den Schweiß ihrer Oberschenkel etwas matt geworden waren.
    An der Grenze trennte die Kanadische Zoll-und Einwanderungsbehörde sie voneinander. Art wurde gründlich durchsucht – ein Privileg, das er als kanadischer Staatsbürger deshalb genoss, weil er wie jeder seiner Landsleute unter dem Pau-schalverdacht stand, Güter aus dem Steuerpara-dies USA ins Land zu schmuggeln. Linda musste währenddessen in der kleinen Pullman-Kabine warten, die der Zoll in Beschlag genommen hatte.

233
    Nachdem die Bürokratie Art aus ihren Krallen gelassen hatte, nicht ohne vorher sein ganzes Leben gründlich zu durchleuchten, fand er Linda auf dem Bahnsteig, wo sie mit dem Rücken an einer Säule lehnte. Einen Fuß hatte sie gegen den Stein gestemmt, so dass das vorgewölbte Knie und ihr Rock den unsteten Winden des Bahnhofs ausgesetzt waren. Sie war in einen Strahl frühabend-lichen Sonnenlichts getaucht, der ihr Haar tief-schwarz glänzen ließ. Aus Arts Perspektive wirkte sie wie eine Lichtgestalt, eine schimmernde Vi-sion. Während sie lebhaft in ihr Komset

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