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Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Titel: Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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zwei Sekunden später einen Dämpfer. »Heute Abend? Unmöglich. Meine Mutter ist auf dem Kriegspfad. Ich musste ihr erzählen, dass ich ein Referat zu schreiben hätte. Sonst säße ich jetzt noch da und würde für dieses Straßenfest selbst gemachte Preisschilder aufkleben. Du hättest mal die Blasen sehen sollen, die ich mir von den Fingern wegheilen musste. Ich werde wohl den ganzen Abend in meinem Zimmer festsitzen.«
    »Du willst mir also erzählen, ich hätte dir nicht beigebracht, wie man sich ordentlich tarnt? Bist du nicht mal in der Lage, dich aus deinem eigenen Haus zu schleichen?«, fragte Talbot. »Anscheinend bist du zu einem richtigen Einsatz noch immer nicht fähig.«
    »Doch, das bin ich durchaus. Ich weiß bloß nicht, ob ich das jetzt tun sollte.«
    »Das gehört nun mal auch zum Leben der Superhelden, Grace. Die meisten Verbrechen geschehen nach Anbruch der Nacht. Wenn du Jude finden willst, solltest du deine Hemmungen langsam mal überwinden.«
    Ich strich mit dem Finger über den Mondsteinanhänger. »Ich möchte Jude finden.«
    »Gut. Dann treffen wir uns um zehn draußen vor dem Club. Dann haben wir sicher genügend Zeit, um uns in Position zu bringen, bevor irgendwer Wichtiges auftaucht.«
    »Aber …«
    »Ich will dich hier bei mir haben, Grace.«
    Immerhin einer, der dich braucht.
»Okay. Dann treffen wir uns dort.«
    »Super.« Ich konnte das Lächeln in seiner Stimme hören. »Ach, und Grace?«
    »Ja.«
    »Zieh bitte nicht wieder diese komische Plastikhose an. Wir wollen nicht auffallen.«
    Am selben Abend
     
    Um Viertel vor neun lief ich die Treppe hinunter, holte mir ein Glas Wasser, schnappte mir im Vorübergehen die Schlüssel für den Corolla von der Arbeitsplatte und schob sie in meine Hosentasche. Gleichzeitig machte ich eine große Nummer daraus, wie müde ich doch wäre und wie dringend ich ins Bett müsste, weil am folgenden Morgen ein großer Test anstünde. Dad saß mit einem Buch auf der Brust schnarchend in seinem Ruhesessel im Wohnzimmer. Also wünschte ich nur meiner Mutter eine gute Nacht. Hinter dem Berg Preisschilder, die sie für die Halloween-Spendenaktion aus dem Papier alter Sammelalben gefertigt hatte, nahm sie mich kaum zur Kenntnis. Ich schleppte mich in mein Zimmer und gähnte sicherheitshalber den ganzen Weg dorthin.
    Um neun band ich mein Haar zu einem strammen Pferdeschwanz, zog eine schwarze Jeans und ein schwarzes, langärmeliges T-Shirt an (was hätte man bei einer Überwachungsaktion auch sonst tragen sollen?) und stopfte einpaar Kissen unter meine Bettdecke, sodass es aussah, als läge ich schlafend im Bett. (Wenig überzeugend, ich weiß. Aber Rausschleichen war nicht gerade meine Stärke.) Dann entfernte ich das Fliegengitter von meinem Fenster im ersten Stock und kletterte auf den Dachvorsprung. Ich stand an der Dachkante und überprüfte, dass sich niemand auf der Straße befand. Als die Luft rein war, stieß ich mich vom Dach ab, machte einen doppelten Salto durch die Luft und landete nahezu geräuschlos in der Nähe des Walnussbaums. Angesichts des geglückten Kunststücks überkam mich ein Gefühl stolzen Triumphs. Fast wünschte ich, dass mich jemand dabei gesehen hätte.
    Glücklicherweise stand der Corolla in der Einfahrt. Um Viertel nach neun rollte ich rückwärts auf die Straße. Der Wagen bockte und klapperte auf dem gesamten Weg in die Innenstadt. Ich betete an jeder Ampel, dass er nicht ausging. Tatsächlich schaffte ich es, um kurz vor zehn am Depot zu sein. Ich blieb im Auto sitzen, bis Talbot in einem Pick-up auftauchte und neben mir parkte – ein blauer Wagen mit Rostflecken, der aussah, als hätte er in den letzten Jahrzehnten jede Menge Transporte für eine Farm erledigt.
    Wir stiegen beide aus und standen uns auf dem Bürgersteig gegenüber. Talbot trug ein weißgraues Flanellhemd, das sogar gebügelt schien. Die Hemdzipfel hatte er in seine Jeans gestopft. Zum ersten Mal, seit ich ihn kennengelernt hatte, war er ohne Cap unterwegs. Er hatte das wellige schokoladenbraune Haar hinter die Ohren geschoben. Seine Finger steckten in den Schlaufen neben der großen bronzefarbenen Sheriffstern-Gürtelschnalle.
    Ich wippte auf meinen Absätzen nach hinten. »Und … hast du Süßigkeiten mitgebracht?«
    Talbot zog die Augenbrauen hoch. »Wozu?«
    »Ist das nicht typisch für eine Observation? Sitzen wir nicht im Auto, essen jede Menge ungesundes Zeug und kippen Kaffee in uns rein?«
    »Du guckst viel zu viel Fernsehen«, erwiderte er

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