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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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hinein.
    Daniel atmete tief ein. Die Luft war kälter geworden, seitdem ich das letzte Mal draußen gewesen war. Wolken verdeckten das Mondlicht. Ein Sturm zog auf.
    Unten aus dem Treppenhaus hörte ich Stimmen. Daniel hob mich auf seine Arme.
    »Was machen wir jetzt?«
    »Halt dich fest!« Er hatte mich fest an sich gedrückt und raste auf die Dachkante zu, mit voller Geschwindigkeit in Richtung des freien Raums vor uns. Bevor ich aufschreien konnte, sprang er von der Kante ab, segelte über die Gasse, wo Don Pete mit dem Messer attackiert hatte, und landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Dach der Pfarrkirche. Daniel schlang seine Arme beschützend um mich, als wir beim Aufprall über das abfallende Dach zu rollen drohten. Schließlich kam er auf die Füße und zog mich mit sich über die Dachspitze. Wir duckten uns hinter dem Kirchturm.
    Ich setzte zu sprechen an. Daniel hielt seine Hand empor. Er hielt inne und lauschte. »Sie glauben, dass wir zurückgelaufen sind«, flüsterte er.
    »Kannst du sie hören?«
    Daniel warf mir einen ›Sonst-noch-Fragen?‹-Blick zu und lauschte wieder. »Jude haben sie auch verloren. Jemand hat gesehen, wie er zu Day’s gelaufen ist. Sie schicken einen Einsatzwagen rüber.«
    »Vielleicht läuft er auch nach Hause.« Mein Herz schlug so schnell, dass ich dachte, es würde gleich zerspringen. »Wir müssen ein Telefon finden und sie anrufen. Mein Dad konnte Jude schon einmal beruhigen … vielleicht … Ich weiß nicht mal, ob Dad überhaupt schon zu Hause ist. Ich hab ihn den ganzen Tag nicht gesehen.«
    »Er ist nicht zu Hause.« Daniel duckte sich und zog mich zu sich. Eine Sekunde später lief ein Polizist unter uns durch die Gasse. »Er ist jetzt wahrscheinlich irgendwo über Wyoming«, flüsterte er.
    Ich starrte Daniel an.
    »Dein Vater sitzt in einem Flugzeug.« Als der Polizist außer Sichtweite war, stand Daniel auf. »Du hattest Recht. Wir brauchen noch einen Mondstein. Dein Vater versucht, einen zu bekommen.«
    »Woher?«
    »Von Gabriel. Dein Vater hat nach Thanksgiving versucht, Kontakt zu ihm aufzunehmen. Die Kolonie ist allerdings nicht sonderlich scharf auf Kontakte zur Außenwelt. Sie haben auch keine Handys oder so was.«
    »Willkommen im Club«, murmelte ich.
    »Dein Dad hat mehrmals geschrieben, aber keine Antwort erhalten. Als er die Ergebnisse des Bluttests bekam, hat er das nächste Flugzeug genommen.«
    »Dann weiß mein Vater also über Jude Bescheid?« Dasschien logisch zu sein. »Warum hat er mir nichts gesagt? Warum hat er Jude nichts gesagt?«
    »Er wollte warten, bis wir einen weiteren Mondstein haben. Er dachte, wenn Jude wüsste, was mit ihm los sei, dann würde er sich nur noch schneller verändern. Dein Vater hat mich aufgesucht, kurz bevor ich meine Schicht im Supermarkt beendet hatte. Er hat mich gebeten aufzupassen, während er weg ist.« Daniel ließ den Kopf hängen. »Das war ein Fehler. Ich hätte selbst gehen sollen.«
    Ich nahm seine Hand. Ich brauchte ihn jetzt genau
hier
. »Jude ist vielleicht nach Hause gelaufen. Charity und James sind in Gefahr, und wenn Dad nicht da ist, weiß ich nicht, was …«
    »Wir könnten hinlaufen.«
    »Nein. Wenn ich Unrecht habe, dann locken wir ihn vielleicht nur zu ihnen.« Ich ließ meine Schultern sinken. »Ich weiß nicht, was jetzt das Richtige ist. Ich weiß nicht, wo wir jetzt hingehen sollen.«
    »Judes Geruch liegt in der Luft. Aber es ist sehr verwirrend, und ich weiß nicht, wo er ist. Ich kann nicht sagen, ob er vorhin hier gewesen oder immer noch in der Nähe ist.« Daniel drückte meine Hand. »Im Büro deines Dads gibt es ein Telefon. Wir können Charity anrufen. Sag ihr, sie soll zu irgendwelchen Nachbarn gehen. Vielleicht sollten wir auch den Flughafen informieren, damit dein Vater eine Nachricht erhält, sobald er gelandet ist.«
    Die Wolkendecke riss ein Stückchen auf, und ein Streifen des Mondlichts schien auf uns herunter. Daniel untersuchte die Verletzungen an meinen Knöcheln. Ich hattemir überall Schrammen zugezogen, als wir über die hölzernen Dachschindeln gerutscht waren. Seine Augen leuchteten fast zu hell, als er meine verletzte Hand küsste.
    Er bebte am ganzen Körper und drückte sich wieder an den Kirchturm. Seinen Mondstein drückte er gegen die Vertiefung in seiner Kehle. »Gib mir eine Minute«, sagte er sanft und schloss seine schimmernden Augen. »Es wird schon werden.«
    »Das glaubst aber auch nur du«, knurrte eine Stimme hinter ihm.

KAPITEL 27
In Ungnade

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