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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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Turnhalle kamen. Die Party schien der logischste Ort zu sein, um Jude zu suchen. Ich wusste nicht, wer die Polizei gerufen hatte – Pete? Don? – oder wen genau sie eigentlich suchten; ich wusste nur: Wenn sie erst einmal die Party aufmischten, hätten wir keine Chance mehr, Jude von den anderen fortzubringen.
    Daniel öffnete die Tür zur Turnhalle. Rote und grüne Girlanden ragten kreuz und quer durch den Saal. Ballons schwebten in der Luft. Ein Stroboskop befeuerte die Tanzenden, die sich zur Musik drehten und wiegten, völlig losgelöst von allem, was um sie herum geschah. Es schien unmöglich, in diesem Getöse eine bestimmte Person auszumachen.
    Wir schlüpften in die Turnhalle. Ich drückte Daniel an mich und legte ihm die Arme um den Nacken, sodass es aussah, als ob wir sehr eng miteinander tanzten. Daniel sah an mir herunter und zog eine Augenbraue in die Höhe.
    »Mein Kleid ist ruiniert.«
    Daniel, der eine Jeans und ein weißes T-Shirt trug, war in diesem Raum voller Jacketts und Stoffhosen ohnehin schon auffällig genug, doch wir hätten mit Sicherheit nicht inkognito nach meinem Bruder suchen können, wennirgendwer meine blauen Flecken oder das auf meinem weißen Rock verschmierte Blut von Pete bemerkt hätte.
    Daniel legte mir die Arme um die Taille. Für einen flüchtigen Moment fühlte ich mich in seiner starken Umarmung ganz sicher aufgehoben – so als ob sie das Versprechen in sich barg, dass alles schon irgendwie gut ausgehen werde.
    Daniel ließ sein Kinn auf meiner Schulter ruhen. Ich hörte, wie er tief einatmete, die Luft anhielt und sie einer genauen Prüfung unterzog. Der Raum war so sehr mit Schweiß- und Parfumduft durchsetzt – konnte er wirklich den Geruch eines bestimmten Menschen herausfiltern?
    Daniel hob mich von meinen Füßen, wirbelte uns herum und manövrierte uns in die Mitte der Tanzfläche. Seine Bewegungen waren elegant und geschmeidig; ohne jemanden zu stören, bahnte er uns den Weg an den anderen Tänzern vorbei. Eine Sekunde lang vergaß ich zu atmen, vergaß sogar, weswegen wir hergekommen waren.
    »Da vorn«, flüsterte Daniel mir ins Ohr.
    Ich folgte seinem Blick. Ich konnte die Spitze eines dunklen, zerzausten Kopfes sehen, der sich an den Tänzern vorbeibewegte und Daniel und mir folgte, als wir in Richtung der Umkleideräume durch den Saal glitten.
    »Wir müssen nur darauf achten, dass er uns folgt«, sagte Daniel. »Ihn hier rausbugsieren, bevor …«
    Die Musik verstummte plötzlich und die Deckenbeleuchtung wurde angeschaltet. Zusammen mit den restlichen Tänzern kamen wir zum Stillstand.
    »Darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten?« Direktor Conway stand an einem Mikrofon neben dem DJ. »Bitte bleiben Sie, wo Sie sind. Verhalten Sie sich ruhig. Nahe unserer Schule hat ein Verbrechen stattgefunden. Die Polizei wird uns hier festhalten, bis die Situation unter Kontrolle ist. Niemand darf den Saal verlassen.«
    Aufgebrachte Rufe erschallten in der Menge, als uniformierte Beamte sämtliche Türen besetzten. Ein Mädchen schrie auf und stürzte, so als würde es zur Seite gestoßen. Sein Aufschrei wurde vom klappernden Geräusch einer Metalltür begleitet, die aufging und wieder zufiel. Drei Beamte liefen zu der Tür und riefen. Der dunkle Kopf, der uns gefolgt war, befand sich nicht länger in der Menge.
    Daniel fluchte. »Die Tür führt nach draußen.«
    Er sah zur Tür der Männerumkleide. Der Aufpasser dort war durch die Geschehnisse abgelenkt. Daniel riss mich an sich, fegte auf die Tür zu und schlug den Beamten bewusstlos, bevor der uns überhaupt bemerkt hatte. Daniel stieß die Tür auf und stürzte in den Umkleideraum.
    »Stopp!«, rief jemand hinter uns. »Stehen bleiben!«
    Daniel sprang auf eine Bank. Er packte eine offene Schranktür, zog sich daran mit mir zusammen oben auf die Schrankreihe hinauf, glitt hinüber und landete auf einer Bank auf der anderen Seite. Er stürzte an ihr vorbei und auf einen Ausgang zu, der uns in einen langen Flur führte. Er rannte und hielt mich dabei an seine Brust gedrückt. Hinter uns im Flur ertönten Rufe, dann auch ausdem Korridor vor uns. Ich hörte das summende Geräusch der Polizeifunkgeräte. Daniel glitt durch eine Tür, die in ein Treppenhaus führte, und rannte die Stufen hinauf. Immer weiter hinauf liefen wir, bis wir zu einer solide wirkenden Tür kamen, auf der ›Zugang zum Dach‹ geschrieben stand. Daniel trat vor die Tür, das Schloss zersprang, und wir stürzten durch die Türöffnung in die Nacht

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