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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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eine normale Familie. Mit einer Mutter, die zuallererst ihr Kind im Sinn hatte, und einem Vater, der ausgeglichen und freundlich war und mich nachts in meinem Bett nicht vor lauter Angst zittern ließ. Ich wollte eine Familie wie eure. Ich wollte Daniel Divine sein.« Seine Stimme stockte; ich hörte, wie er sich auf seinem Stuhl hin und her bewegte. »Ich hasste meinen Vater, und ich hasste das Monster, das in mir selbst wütete. Jedes Mal, wenn ich mich ärgerte oder eifersüchtig war oder so … schwoll etwas in mir heran, wuchs immer weiter und fraß mich bei lebendigem Leib auf. Es brachte mich dazu, anderen weh zu tun und auf die Jagd zu gehen. Erst dachte ich, ich würde verrückt. Ich schob es weg von mir. Doch irgendwie wusste ich immer, dass mein Vater verantwortlich für das war, was mit mir geschah.Einmal folgte ich ihm. Ich sah, wozu er wurde – und was er tat. Ich wusste, dass meine Zukunft auch so aussehen würde. Ich dachte, dass ich das Monster vielleicht loswerden könne, wenn ich meinen Vater aus dem Weg schaffte – irgendjemandem erzählte, was ich gesehen hatte. Ich wollte es erzählen, und ich tat es auch beinahe. Doch dann dachte ich, dass ich ihm vergeben müsse. Dass ich auch die andere Wange hinhalten müsse, egal wie sehr er mich oder andere auch verletzte. Du warst es, die mir das beigebracht hat und mir sagte, dass mein Vater mich verletzte, weil er verzweifelt war.«
    Meine Knie wurden plötzlich taub. Ich stützte mich an der Arbeitsplatte ab. Ich hatte nicht verstanden, was ich damals gesagt hatte, verstand es eigentlich immer noch nicht. Doch so hatte ich es nicht gemeint. Überhaupt nicht.
    »Also hielt ich meinen Mund«, fuhr Daniel fort. »Manchmal versuchte ich die Dinge zu zeichnen, die ich gesehen hatte, doch das machte meinen Vater nur noch wütender. Eines Tages entschied ich mich schließlich, Jude von den Urbats – oder dem Wenigen, was ich über sie wusste – zu erzählen, doch er dachte, ich hätte das Ganze erfunden. Also erzählte ich ihm, was mein Vater mir antat. Ich glaubte, wenn ich es nur einem Menschen erzählte und ihn bat, es als Geheimnis zu bewahren, würde es den Schmerz vielleicht etwas lindern, und außerdem hätte ich dann meinen Vater nicht verraten. Ich nahm Jude das Versprechen ab, es niemandem zu erzählen. Doch er hat das Versprechen nicht gehalten. Er hat alles ruiniert.«
    »Aber du hattest bekommen, was du wolltest.« Das taube Gefühl in meinen Knien breitete sich weiter aus. »Du wurdest zu unserem Bruder.«
    »Ja, aber nicht für lange. Vorher hatte ich nur davon geträumt, wie es wohl wäre, in einer richtigen Familie zu sein, doch wenn dein Bruder sein Versprechen nicht gebrochen hätte, dann hätte ich niemals
erlebt
, wie es sich wirklich anfühlte. Ich hätte niemals erlebt, erst gewollt zu werden und dann wieder aus dem einzigen liebevollen und warmen Nest herausgerissen zu werden, das ich je hatte. Die Dinge wären einfach so weitergegangen wie in der Vergangenheit, und meine Mutter hätte nicht zwischen diesem Monster und mir wählen müssen.« Daniel räusperte sich und hustete. »Es war leichter, den Wolf zu beherrschen, als ich in deiner Familie lebte. Doch als ich ging, fing er wieder an in mir zu wüten. Damals bekämpfte ich ihn nicht länger. Ich suchte mir andere Menschen, die einen Dämon in sich trugen, andere Kreaturen der Nacht.« Daniel lachte verächtlich und fügte hinzu: »Wobei allerdings die meisten dieser inneren Dämonen nicht ganz so ernst zu nehmen waren.« Er schluckte so heftig, dass ich es quer durch den Raum hörte. Ich wusste, dass er jetzt keine Witze mehr machen würde.
    »Der Wolf wurde stärker«, sagte er nach einer Weile. »Er beeinflusste alles, was ich tat. Und als dann in jener Nacht dein Bruder in der Pfarrkirche stand, und ich sah, dass er alles hatte, was auch ich gerne gehabt hätte, brach sich das Monster schließlich freie Bahn.«
    Es lief mir kalt über den Rücken, als ich mir Jude vorstellte – allein und verängstigt.
    »Ich wütete und heulte Jude an, so wie mein Vater mich immer angeheult hatte. Ich wollte ihn all den Schmerz spüren lassen, den ich in mir hatte. Er versuchte nicht einmal, sich zu wehren. Er nahm es einfach hin, so als wäre er eine Art Märtyrer, und das machte den Wolf rasend. Ich wollte ihm alles wegnehmen, was er hatte.« Daniel atmete tief ein. »Als ich Jude sagte, dass ich das Geld
und
seine neue Jacke mitnähme, weißt du, was er da tat? Er ging vor diesem

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