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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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starrte mich an, als wäre ich von der Pest befallen, während sie den unberührten Teller wieder mitnahm, den sie schon vor Stunden hingestellt hatte. Ich fragte mich, ob meine Familie wirklich glaubte, dass ich krank sei, und fürchtete, dasssie wussten, was ich getan hatte – und dass sie deswegen genau so beschämt waren wie ich selbst. Wie könnte ich meinem Bruder wieder in die Augen sehen, wo ich doch wusste, welchen Schmerz ich ihm bereitet hatte? Wie könnte ich überhaupt wieder jemandem unter die Augen treten?
    Es war Mittwochnachmittag, als ich meinen Vater unten in seinem Arbeitszimmer hörte. Ich wunderte mich, was er zu Hause tat. Mittwoch war immer einer der lebhaftesten Tage in der Pfarrkirche, und Jude war jetzt sicher dort, um seine Studien abzuhalten. Ich stellte mir Dad umgeben von seinen Büchern vor, in denen er sich in den letzten Wochen quasi verloren hatte. Was machte er gerade?
    Doch dann wusste ich es. Plötzlich machte es Klick.
    Ich war nicht die Einzige, die für diesen ganzen Schlamassel verantwortlich war.
     
    Unten im Arbeitszimmer
     
    »Du wusstest es«, sagte ich aus dem Korridor heraus.
    Dad sah von seinem Buch auf. Ich stürzte in sein Zimmer und blieb direkt vor dem Schreibtisch stehen. »Du wusstest, was er ist, und hast ihn trotzdem hierher gebracht!« Ich griff nach einem seiner Bücher.
Loup-Garou
. »Dazu sind diese Bücher also. Du hilfst ihm.«
    Meine Eltern waren solche Heuchler. Dieser ganze Quatsch, den sie uns beigebracht hatten, keine Geheimnissezu haben – und hier saß mein Vater und hütete das größte von allen.
    Ich warf das Buch zurück auf den Schreibtisch. Es schlitterte über die Holzoberfläche und stieß die Lampe um. »Du bist derjenige, der mit allem angefangen hat. Nicht ich.«
    Dad schob seine Brille hoch auf die Nase. Dann schloss er sein Buch und legte es auf einen der Stapel. Er schien völlig ungerührt von meinem Auftritt. Das wiederum ließ in mir die Lust aufkeimen, ihn noch mehr anzuschreien.
    »Ich hab mich schon gefragt, wann du zu mir kommen würdest«, sagte er. »Ich dachte, wenn wir dich in Ruhe lassen, würdest du es irgendwann schon tun.« Er klang wie der perfekte Pastor, der sich den Problemen eines Gemeindemitglieds annahm. »Mach die Tür zu und setz dich.«
    Es reizte mich, ihn einfach zu ignorieren, doch schließlich folgte ich seiner Bitte. Als ich mich hinsetzte, nahm ich ein anderes Buch in die Hand. Die Wörter und Buchstaben waren mir völlig unbekannt, es sah arabisch aus.
    »Du willst also wissen, warum ich Daniel helfe«, sagte Dad. »Die Antwort ist ganz einfach, Grace. Er hat mich darum gebeten.«
    »Wann?«
    »Daniel hat mich vor sechs Wochen kontaktiert. Ich habe seine Rückkehr vorbereitet.«
    »Aber wieso sollte er hierher zurückkommen wollen?«
    »Hat er es dir nicht erzählt?«
    Ich blätterte durch die Buchseiten, bis ich auf eineIllustration stieß. Es war eine Radierung von einem Mann, der sich anscheinend in einen Wolf verwandelte. Im Hintergrund war der Vollmond erkennbar. »Er hat einmal irgendwas über die Kunstakademie gesagt. Er braucht Holy Trinity, um in Trenton angenommen zu werden. Aber das ist nur ein Vorwand, stimmt’s? Das Ganze hat überhaupt nichts mit der Kunstschule zu tun, nicht wahr?«
    Daniel hatte es nur benutzt, damit ich mich ihm verbunden fühlte; sodass wir ein gemeinsames Ziel hatten.
    »Das ist die Geschichte, die wir offiziell erzählt haben«, sagte Dad. »Doch das bedeutet keineswegs, dass Daniel nicht nach Trenton will. Er möchte das Leben für sich in Anspruch nehmen, das er hätte haben sollen.« Dad lehnte sich vor, seine Hände verschränkten sich auf dem Schreibtisch. »Grace, der Grund für Daniels Rückkehr ist, dass er nach einer Heilung sucht.«
    Irgendetwas wallte in meiner Brust auf. »Ist das denn überhaupt möglich?«
    Dad blickte auf seine Hände. »Während seiner Abwesenheit suchte er die Kolonie auf, aus der sein Vater stammte. Er bat um einen Platz in ihrem Rudel. Doch die Urbats, die die Verwandlung durchgemacht haben – und zu Werwölfen geworden sind –, pflanzen sich in der Regel nicht fort. Es ist gegen ihre Natur. Und aufgrund der Struktur des Rudels darf sich nur der Alpha-Wolf paaren. Daniels schiere Existenz war ein Affront gegen ihre Lebensweise.« Dad löste seine Finger und schlang sie dann wieder ineinander. »Ich glaube, dass diese altenWölfe überhaupt nicht wussten, was sie mit so einem jungen Urbat anfangen sollten. Noch dazu einem

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