Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)
Körper brütende Hitze mit Eiseskälte abwechselte. Ich hielt ihn fest, als er vor Schmerzen aufschrie und auch, als ein leises wolfsähnliches Winseln ertönte, das nur schwach über seine blau gefrorenen Lippen drang. Dann irgendwann, gegen drei Uhr nachts, gab er einen tiefen Seufzer von sich und löste sich ein wenig aus meiner Umarmung. Seine Haut fühlte sich wieder normal an, und seine Atemzüge hatten einen gleichmäßigen Rhythmus angenommen. Die Anspannung war aus seinen straffen Muskeln gewichen, und der Schlaf hatte sich wie eine schwere Bettdecke über ihn gesenkt.
Ich saß da und betrachtete ihn. Strich das blonde Haar aus seinem Gesicht und streichelte mit den Fingern über seine perfekten Kinnbacken. Ich drückte zarte Küsse auf seine Stirn und passte auf, dass er davon nicht wach wurde. Ich konnte mir nicht helfen. Ich hätte ihn am liebsten in mich aufgesogen. Diese Woche, in der er nicht bei mir gewesen war, kam mir eher wie ein ganzes Jahrhundert vor, und die ganze Zeit hatte ich in einer Art Vorhölle zugebracht.
Aber jetzt war er hier bei mir, und nur darauf kam es an.
Irgendwann musste ich in seinen Armen eingeschlafen sein, denn ein paar Stunden später erwachte ich davon, dass mir jemand die Haare aus der Stirn strich und mich sanft auf den Mund küsste.
Langsam öffnete ich die Augen und entdeckte Daniel, der neben mir im Bett saß und mich ansah. Ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen, aber immerhin – es war ein Lächeln.
»Hey«, sagte ich und stützte mich auf die Ellbogen. »Wie fühlst du dich?«
»Besser als letzte Nacht.« Seine tiefgründigen dunklen Augen blickten mich so intensiv an, als hätte er mich seit Jahren nicht mehr angesehen. »Danke dass du bei mir geblieben bist.« Er beugte sich zu mir und küsste mich sanft. Ich legte die Hand in seinen Nacken, zog ihn zu mir und erwiderte seinen Kuss.
»Das ist doch wohl kein Traum, oder?« Ich lächelte ihn an. »Aber kaum zu glauben, dass du jetzt wirklich hier bist.«
»Dann sollten wir uns vielleicht etwas genauer davon überzeugen.«
Wir küssten uns noch einmal, länger und intensiver als zuvor. Es verging einige Zeit, bis sich unsere Lippen wieder trennten.
»Erinnere mich daran, dass ich öfter in deinem Bett aufwachen sollte«, sagte Daniel, jetzt mit einem verschlagenen Lächeln.
»Das ist nicht erlaubt. Auf keinen Fall.« Ich schob ihn weg und versetzte ihm einen spielerischen Schlag auf den Arm.
»Au«, sagte er und fasste sich gleich unterhalb der roten Wunde an die Schulter.
»Oh, tut mir leid«, sagte ich. »Glaubst du, dass du es heilen kannst?«
Er schüttelte den Kopf. »Hab’s schon probiert. Aber die Wunde muss von einer reinen Silberkugel verursacht worden sein«, sagte er. »Da kann ich nur abwarten und hoffen, dass es von selbst heilt. Es tut höllisch weh, aber zumindest kann ich meinen Arm benutzen. Weißt du, wie es passiert ist?«, fragte er.
Besorgt runzelte ich die Stirn. »Du kannst dich nicht erinnern?«
Er schüttelte den Kopf.
»Du wurdest im Wald von ein paar Jägern angeschossen. Eine ganze Truppe war da unterwegs, um nach dir zu suchen. Und sie hatten Silberkugeln – dank Mr Day.« Vorsichtig berührte ich die gerötete Haut unterhalb der Verletzung. »Gott sei Dank ist sie glatt durchgegangen. Ich weiß nicht, ob ich die Nerven gehabt hätte, die Kugel rauszuholen. Erinnerst du dich wirklich nicht daran, dass du angeschossen wurdest?«
»Alles ist ziemlich verworren. Ich habe nur ein paar vage Erinnerungen … Hast du jemanden mit einem Gewehr niedergeschlagen?«
»Ja, aber es war einer der Jäger, die dich erschießen wollten. War also völlig berechtigt.«
»Ganz und gar«, sagte er mit einem Grinsen.
»Erinnerst du dich daran, wie wir aus dem Lagerhaus gekommen sind?«, fragte ich, um zu testen, wie stark seine Erinnerung getrübt war.
»Teilweise. Ich erinnere mich, dass ich gesehen habe, wie du gegen diese Wölfe gekämpft hast. Und dann weiß ich noch, dass ich von der Galerie gesprungen bin und zum Superwolf wurde. Aber alles davor und danach ist wie vernebelt. Irgendwie kann ich mich eher an Gefühle als an Ereignisse erinnern. Ich weiß zum Beispiel noch, dass ich fühlte, dich unter allen Umständen retten zu müssen …« Er sah mich an und ich spürte, dass er gerade an den Augenblick dachte, in dem er fast gestorben wäre. »Und als ich dann der Wolf war, konnte ich so eine starke Kraft spüren, die mich wegzerrte. Mich dazu trieb, irgendetwas zu
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