Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)
bleibst besser hier«, sagte ich zu Slade. »Außerdem sieht’s nicht so aus, als ob dich Katie so bald gehen lässt.«
Katie hob den Kopf und sah mich aus noch immer benebelten und verwirrten Augen an. »Grace? Bist du das? Ich dachte, du wolltest nicht zu der Party kommen.«
Ich seufzte und war erleichtert, dass sie, angesichts dieser Frage, anscheinend nicht alles mitbekommen hatte. Und vielleicht würde auch nichts von den Ereignissen in ihr Gedächtnis vordringen. »Ich hab meine Meinung geändert«, sagte ich und zuckte mit den Schultern. »Eine gute Party kann ich mir doch nicht entgehen lassen.«
»Ja, das war vielleicht ’ne Party«, erwiderte sie zögernd und bewegte ihren Kopf auf und ab. Sie wirkte ziemlich high. »Moment mal, wieso bist du mir hier hinausgefolgt? Hast du … diesen Typen … etwa umgebracht, der versucht hat, mit mir anzubändeln?«
Oh-oh.
Daniel machte sich bemerkbar. Er verbarg das Schwert hinter seinem Rücken, konnte die blutende Wunde an seiner Schulter jedoch nicht verstecken. »Ich glaube, dass dir jemand etwas in deinen Drink gekippt hat, Katie. Wir sind dir nur gefolgt, damit dir nichts passiert.«
»Daniel?« Sie beugte sich vor und schielte auf seine maskierten Augen. »Du bist auch hier? Ich dachte, du hättest eine Lungenentzündung.« Sie klopfte mit den Fingern an ihre Schläfe, so als versuchte sie, intensiv nachzudenken. »Hast du gerade jemandem den Kopf abgeschlagen?«
Brent fing an zu lachen. Ich warf ihm einen kurzen Blick zu.
»Okay«, sagte ich. »Katie hat heute Abend offenbar genug Party gehabt.« Ich machte Slade ein Zeichen, ihr aufzuhelfen. »Kümmerst du dich bitte um sie?«
Slade blickte auf Katie herunter, die noch immer seine Beine festhielt, und sah dann wieder zu mir. Er beugte sich vor und flüsterte: »Äh, nur um sicherzugehen. Soll ich sie töten und ihre Leiche verschwinden lassen?«
»Was? Um Gottes willen, nein! Wie kommst du auf diese Idee?«
Brent räusperte sich. »Für die Shadow Kings hat ›sich um jemanden kümmern‹ eine völlig andere Bedeutung.«
»Oh … Oh! « Anscheinend musste ich bei der Auswahl meines Vokabulars in Zukunft etwas vorsichtiger sein. »Nein. Ich wollte sagen, dass du sie nach Hause bringen sollst. Versuch sie davon zu überzeugen, dass ihre Erinnerungen nur die Folge irgendeiner besonders starken Party-Droge gewesen sind. Sie darf unser Geheimnis nicht ausplaudern. Das meinte ich mit ›kümmern‹. Und geh zusammen mit Brent.«
Slade nickte. Er und Brent zogen Katie hoch und legten ihr zur Unterstützung die Arme um die Schultern.
»Du hast mich gerettet, stimmt’s?«, fragte Katie und tätschelte Slades Wange. Sie kicherte und bewegte ihre Hände wie jemand, der gerade einen starken Joint geraucht hatte. »Hast du den hübschen grünen Nebel gesehen?«
»Ja, er war sehr hübsch«, erwiderte Slade, während er sie wegführte. Brent schnaubte. Slade drehte sich um und warf mir einen Blick zu, als wäre er bestraft worden.
Nachdem sie verschwunden waren, blieben Daniel, Talbot und ich zurück. Nicht unbedingt die beste Zusammenstellung.
Besonders weil wir alle Waffen hatten.
Einen Moment lang sagte niemand etwas. Die Spannung zwischen uns wurde fast fühlbar. Schließlich ging Daniel mit dem Schwert in der Hand auf Talbot zu. Sie standen einander gegenüber und blickten sich an, so als würde jeder versuchen, die Gedanken des anderen zu lesen. Wieder fiel mir auf, wie viel kräftiger Daniel inzwischen geworden war. Talbot hingegen wirkte jetzt, im Vergleich zu Daniel, weniger stark. Aber vielleicht lag das auch nur daran, wie Daniel sich neuerdings verhielt – wie ein Alpha. Ein Alpha, dessen Rudel gerade den Angriff eines Rivalen abgewehrt hatte.
Daniel richtete die Schwertklinge auf Talbot, drehte das Schwert dann aber um und hielt ihm den Griff entgegen. »Danke«, sagte er. »Du hast uns hier wirklich das Leben gerettet. Ohne dich hätten wir es womöglich nicht geschafft.«
Talbot kniff die Augen zusammen. »Gern geschehen«, sagte er zögernd. »Dann also … Frieden?«
Daniel sah zu mir, so als erwarte er meine Entscheidung. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Talbot hatte uns zwar geholfen, aber auch viel getan, um mein Vertrauen zu zerstören. Ich wusste nicht, wie ich ihm so ohne Weiteres verzeihen könnte.
»Ich will nur helfen«, sagte Talbot. »Was hier heute Abend passiert ist, war nur ein Test. Früher oder später wird Caleb mit allen Mitteln gegen dich zu Felde ziehen.
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