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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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«
    »Ich mache mir Sorgen, Maurice. Er verhält sich merkwürdig. « Nur unter vier Augen erlaubte Michener es sich, den Bischof beim Vornamen zu nennen.
    »Sie haben Recht. Auch auf meine Fragen antwortet er in Rätseln.«
    »Ich bin im letzten Monat jeder Marienerscheinung nachgegangen, die jemals untersucht wurde. Ich habe zahllose Berichte der Menschen, die die Erscheinungen hatten, sowie ihrer Zeugen gelesen. Ich wusste überhaupt nicht, dass es so viele himmlische Besuche auf Erden gegeben hat. Clemens will jedes Detail wissen, jedes Wort, das die Jungfrau gesagt hat. Aber er erklärt mir nie, warum. Stattdessen kehrt er immer wieder hierher zurück.« Er schüttelte den Kopf. »Nicht mehr lange, und Valendrea wird davon erfahren.«
    »Er und Ambrosi sind heute Abend nicht im Vatikan.«
    »Das spielt keine Rolle. Er wird es herausfinden. Manchmal frage ich mich, ob wirklich jeder ihm Bericht erstattet.«
    Drinnen in der Riserva hörte man das Zuklappen eines Deckels, dann das Scheppern einer Metalltür. Gleich darauf tauchte Clemens auf. »Wir müssen Hochwürden Tibor finden.«
    Michener trat vor. »Ich habe inzwischen von der Meldebehörde seine genaue Adresse erfahren.«
    »Wann brechen Sie auf?«
    »Morgen Abend oder übermorgen Vormittag, je nachdem wie die Flugverbindungen sind.«
    »Ich möchte, dass diese Reise unter uns bleibt. Nehmen Sie Urlaub.«
    Michener nickte. Clemens flüsterte die ganze Zeit. Das wunderte Michener. »Warum reden wir so leise?«
    »Oh, ich war mir dessen gar nicht bewusst.«
    Michener spürte Gereiztheit. Vielleicht hätte er besser geschwiegen.
    »Colin, Sie und Maurice sind die einzigen Menschen, denen ich bedingungslos vertraue. Aber der Kardinal kann keine Auslandsreise machen, ohne dass es auffällt. Dazu ist er inzwischen zu bekannt, zu wichtig. Darum sind Sie der Einzige, der für die Aufgabe in Frage kommt.«
    Michener zeigte zur Riserva hinüber. »Warum kehren Sie immer wieder dorthin zurück?«
    »Die Worte rufen mich.«
    »Seine Heiligkeit Johannes Paul II. hat das Geheimnis von Fatima zu Beginn des neuen Millenniums vor der Welt enthüllt«, bemerkte Ngovi. »Davor wurde es von einer Prieste r- und Gelehrtenkommission analysiert. Ich war selbst Mitglied dieser Kommission. Der Text wurde fotografiert und allgemein zugänglich veröffentlicht. «
    Clemens erwiderte nichts.
    »Vielleicht könnte eine Beratung mit den Kardinälen bei der Lösung des Problems helfen?«
    »Gerade die Kardinäle fürchte ich am meisten.«
    »Und was hoffen Sie von einem alten Mann in Rumänien zu erfahren?«, fragte Michener.
    »Er hat mir etwas geschickt, das meine Aufmerksamkeit verlangt.«
    »Ich kann mich an kein Schreiben von ihm erinnern«, wandte Michener ein.
    »Es war in der diplomatischen Post. Ein versiegelter Umschlag des Nuntius ’ in Bukarest. Der Absender behauptete, damals die Botschaft der Jungfrau für Papst Johannes übersetzt zu haben. «
    »Wann traf dieser Brief ein?«, fragte Michener.
    »Vor drei Monaten. «
    Das war ungefähr der Zeitpunkt, an dem Clemens ’ Besuche in der Riserva begonnen hatten.
    »Nachdem ich nun weiß, dass Tibor die Wahrheit gesagt hat, möchte ich die weitere Einbindung des Nuntius ’ vermeiden. Deshalb müssen Sie nach Rumänien reisen und sich selbst ein Urteil über Hochwürden bilden. Ihre Meinung ist mir wichtig. «
    »Heiliger Vater …«
    Clemens hob die Hand. »Ich verbitte mir weitere Nachfragen in dieser Angelegenheit.« In Clemens ’ Stimme schwang Verärgerung mit, was für den Papst recht ungewöhnlich war.
    »Schon gut«, antwortete Michener. »Ich werde Andrej Tibor finden, Euer Heiligkeit. Keine Sorge.«
    Clemens warf einen Blick auf die Riserva. »Meine Vorgänger haben schrecklich geirrt. «
    »In welcher Hinsicht?«, fragte Ngovi.
    Clemens wandte sich ihm wieder zu, die Augen abwesend und traurig. »In jeder Hinsicht, Maurice.«
    8
    V alendrea genoss den Abend. Er und Hochwürden Ambrosi hatten den Vatikan zwei Stunden zuvor in einem Dienstwagen verlassen und befanden sich nun auf dem Rückweg vom La Marcello, einem der Lieblingsbistros des Kardinals. Das Kalbsherz mit Artischocken war zweifellos das beste in Rom. Die Ribollita , eine toskanische Suppe aus Gemüse und Brot sowie einem zusätzlichen Schuss Olivenöl, erinnerte ihn an seine Kindheit. Und allein schon das Dessert – Zitronensorbet in einer gaumenumschmeichelnden Mandarinensauce – war so köstlich, dass jeder, der zum ersten Mal zu Gast war, mit

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