Urgum der Barbar
doch.«
Divina zog einen Stapel getrockneter Tierhäute aus einem Regal. Urgum erkannte, dass sie mit Zeichnungen und Gekritzel übersät waren.
»Was ist das denn?«, fragte er.
» Wilde Heute «, sagte Molly. »Das Magazin liest sie immer.«
»Darin steht, wie wir unseren barbarischen Lebensstil verbessern können«, erklärte Divina.
»Aber der ist toll, so wie er ist!«, sagte Urgum. »Warum sollte den irgendwer verbessern wollen?«
»Wegen Molly«, sagte Divina. »Wir haben jetzt eine Tochter, und ich will, dass sie all die Dinge bekommt, die junge Mädchen haben sollten.«
»Zum Beispiel?«
»Nun, um irgendwo anzufangen«, sagte Divina. »Ich will, dass sie einen Vater hat, der sich nicht die Hose im Salon auszieht.«
»Pah!«, schnaubte Urgum. »Du kannst in deinem Saah-Loh rumsitzen und dein Mah-gah-ziehn lesen so viel du willst, aber ich ändere meinen Lebensstil für niemanden.«
Aber gerade da kam Robbin, der älteste Sohn, aus der Wand hinter Divina und hatte eine Gabel in der Hand.
»Oh nein!«, heulte Urgum. »Jetzt hat’s Robbin auch erwischt. Wie habt ihr das denn geschafft?«
»Mama, das Öl kocht«, sagte Robbin. »Ist es jetzt so weit für die Pfeffersoße?«
»Rate mal, was wir machen?«, sagte Molly.
»Das ist einfach!«, sagte Urgum, wieder auf sicherem Boden. Endlich kapierte er, was Robbin tat. »Ihr wollt jemanden zum Reden bringen. Ihr habt ihn in kochendes Öl getunkt und jetzt wollt ihr ihm Pfeffersoße in die Augen sprühen und dann vielleicht sein Gehirn mit der Gabel rausholen. Siehst du, Divina? Ich hab dir doch gesagt, wir sind barbarische Wilde.«
»Äh... eigentlich, Papa, helfe ich nur dabei, das Abendessen zuzubereiten!«, sagte Robbin. »Was hältst du von dem Geruch?«
Der Geruch! Als Urgum angefangen hatte, sich auszuziehen, hatte seine Nase sich klugerweise eine kleine Auszeit gegönnt, darum hatte er den Geruch ganz vergessen. Aber jetzt atmete Urgum gaaaanz tief ein... Der Geruch war so unfassbar fantastisch, dass Urgum gar nicht mehr aufhören konnte zu schnüffeln und dabei anschwoll wie ein Ballon.
»Natürlich will er nichts davon haben«, sagte Divina zu Robbin. »Weil er unseren neuen Lebensstil nicht mag.«
»Sei nicht so gemein, Mama!«, sagte Molly. »Hey, Papa, willst du sehen, was wir machen, oder nicht?«
Urgum nickte so heftig, dass seine Spucke durch den Raum flog. Schließlich atmete er aus und pustete dabei fast Molly um.
»Nun gut«, sagte Divina. »Wenn du dich anständig benimmst, dann zeigen wir es dir.«
Also legte Urgum seine Axt weg und bemühte sich, erst mal nicht seine Hose auszuziehen oder zu brüllen oder jemanden umzubringen. Divina und Robbin gingen zurück zum dunklen Ende der Höhle und verschwanden. Molly folgte ihnen erst, bemerkte dann aber, dass Urgum unsicher zögerte, also nahm sie seine große, verschorfte alte Hand und zog ihn mit sich in die Dunkelheit. Mit seiner freien Hand zog er die Fackel aus der Halterung in der Wand und folgte ihr misstrauisch. Im flackernden Licht sah er im Felsen drei Torbogen.
»Ach!«, sagte er und klang erleichtert. »So seid ihr durch die Wand gegangen. Jemand hat drei große Löcher reingemacht, aber wie?«
»Mama hat einen Baumeister kommen lassen«, sagte Molly.
»Einen Baumeister?«, fragte Urgum.
»Während du weg warst und deinen Spaß hattest, hat Mama hier ihren Spaß gehabt.« Molly kicherte. »Komm mit, ich will wissen, was du von der Küche hältst.«
Sie traten durch den ersten Torbogen und Urgum war im Himmel für hungrige Barbaren. Mitten in dem Felsenraum hing eine tote Giraffe über einem Haufen brennender Scheite. Das Vieh war an einen Metallpfahl gebunden, der von einem wundersamen System von Gewichten und Gegengewichten und Zahnrädern langsam gedreht wurde. Dicke hölzerne Rauchpolster zogen durch ein Loch in der Decke ab, während die zischenden Säfte ins Feuer tropften und Flammen und Funken in alle Richtungen spritzten.
Robbin machte sich daran, den Inhalt eines kleinen gusseisernen Topfes umzurühren, der auf einem Herd stand. »Das ist besser als Foltern, oder, Dad?«
»Schlndww blobbel dllahb«, sagte Urgum, der nicht merkte, dass sein Mund weit offen stand und seine Zunge auf seiner Brust baumelte. Gegrillte Giraffe war sein sehr absolut bestestes Lieblingsessen. Mit Freudentränen in den Augen sprang er auf das Vieh zu, ohne sich um die Flammen zu kümmern, die an seinen Beinen hochloderten.
Urgums Gesicht knallte frontal mit einem schweren
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