Urod - Die Quelle (German Edition)
Miles und Drago hatten die Pfropfen selbst im Ohr, als wir hier ankamen. Wenn du mich fragst, sah das nicht nach einer Inszenierung aus.“
„ Die sind eben gerissener als sie aussehen.“
Thomas legte den Kopf schief. Er wägte die Worte seines Freundes ab, doch er war noch nicht überzeugt. Sebastian zwang sich zu etwas mehr Ruhe. Er kannte Thomas, der sich nicht so einfach durch Schlagworte wie Ruhm und Erfolg mitreißen lassen würde. Sein Freund war vielmehr ein Anhänger der Logik.
„ Jetzt überleg doch mal! Falls die Ausgrabungen wirklich beendet wären, warum sind Miles und Drago dann noch hier? Das Ganze ergibt nur dann einen Sinn, wenn sie hier was Wertvolles zu bewachen haben. Zum Beispiel dieses außergewöhnliche Fries und ich bin hundertprozentig sicher, dass das noch lange nicht alles ist.“
Thomas nickte langsam. Da war etwas dran. Auch Enza sah ihn neugierig an.
„ Ich schlage trotzdem vor, wir lassen uns morgen von Drago nach Plovdiv fahren und du rufst deinen Vater an, damit er die Sache klärt. So matschig, wie es da draußen ist, können wir die nächsten Tage sowieso nicht graben", sagte Viola.
Sebastian schüttelte heftig den Kopf.
„ Schatz, hier stimmt was nicht. Und ich werde diesen beiden Typen nicht die Chance geben, alles verschwinden zu lassen, während wir weg sind."
„ Hier stimmt wirklich was nicht. Und wir sollten das nicht auf eigene Faust klären", beharrte Viola auf ihrer Position.
„ Vorschlag: Wir bleiben drei Tage und versuchen herauszufinden, was los ist. Falls ich mich irre und Drago und Miles die Wahrheit sagen, fahren wir nach Hause und das war's. Falls aber nicht – werdet ihr mir für den Rest eurer Karriere dankbar sein.“
Er sah von einem zum anderen. Hilfe bekam er ausgerechnet von der Person, von der er sie am wenigsten erwartet hatte. Von Enza.
„ Ich finde auch, wir sollten nicht fahren, ohne uns die Lage wenigstens mal bei Tageslicht anzusehen. Jetzt sind wir einmal hier und ein paar Tage und Nächte mehr oder weniger werden sicherlich nicht schaden.“
Sebastian sah fragend zu Lea, die seinen Blick mit großen Augen erwiderte und einen Moment brauchte, um zu begreifen, dass er ihre Meinung hören wollte.
„ Neugierig bin ich schon, aber dieses Praktikum hier steht unter keinem guten Stern. Zuerst der arme Vogel, dann die Sache mit Harris. Nicht zu vergessen, die Dinge, die ich über Nicole Skutta gehört habe. Ich glaube, wir sollten sofort abreisen.“
Sebastian winkte genervt ab.
„ Ach, komm, du wirst doch nichts auf das Geschwätz geben, das sie an der Uni verbreiten. Ich hab mal ein Seminar bei Nicole Skutta gemacht. Immenses Fachwissen. Hut ab! Aber auch diese nervöse Art zu reden. Als kämen die Worte schneller aus ihrem Mund, als sie sie formulieren konnte. Wie bei den Leuten, die auf Koks sind. Deswegen hat die Uni ihren Selbstmord auch so schnell unter den Teppich gekehrt. Da waren ganz sicher Drogen im Spiel.“
In diesem Moment knallte Enza ihren Rucksack auf den Holztisch. Alle zuckten erschrocken zusammen ob des lauten Geräuschs. Enza hatte den Kopf gesenkt und schien ganz vertieft darin zu sein, etwas in dem Rucksack zu suchen. Die anderen drei sahen Viola an, die mit verschränkten Armen mitten im Raum stand und so ihre Haltung deutlich zum Ausdruck brachte.
Sebastians Augen wanderten zu Thomas herüber. Er schien ihm suggerieren zu wollen: Es liegt ganz an dir, also enttäusch mich nicht! Thomas räusperte sich.
„ Ich weiß nicht.“
Er suchte Violas Blick, doch sie starrte angestrengt zu dem vernagelten Fenster herüber. Sebastian ging zu ihr, legte einen Arm um ihre Schulter und presste sie an sich. Viola ließ es geschehen, steif, wie eingefroren.
Der Gedanke, dass er Viola nach diesem Praktikum nur noch selten sehen würde und sie ein paar Wochen später Sebastian heiraten sollte, gab den Ausschlag. Auch wenn er wusste, dass Viola nicht hier bleiben wollte, so konnte Thomas doch nicht über seinen Schatten springen. Wenn sie hier blieben, war er wenigstens Tag und Nacht in ihrer Nähe.
„ Ach, was soll's! Immerhin sind wir Wissenschaftler und dieses Fries ist wirklich extrem ungewöhnlich. Ich würde gerne sehen, was hier noch für Schätze auf uns warten.“
Sebastian umarmte Thomas ungestüm und rieb ihm mit den Knöcheln seiner geballten Faust über den Kopf.
„ Ich würde sagen, ihr seid überstimmt!“ rief er in Leas und Violas Richtung.
Lea nahm es gelassen auf, offenbar daran gewöhnt,
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