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Urod - Die Quelle (German Edition)

Urod - Die Quelle (German Edition)

Titel: Urod - Die Quelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Levine
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können, aber dieses stumme Leiden fand er unerträglich. Er suchte nach Worten, ihr alles zu erklären. Allein er fand keine. Sie ging zur Tür, immer noch schweigend. Er drehte sich nach ihr um.
    „ Lea…“
    Sie hielt inne, sah ihn fragend, ja hoffnungsvoll an. Das brachte ihn aus dem Konzept. Was immer er eben noch hatte sagen wollen, es hatte sich unter ihrem Blick in Nichts aufgelöst. Sie wartete. Er breitete in einer hilflosen Geste die Arme aus. Sie senkte den Kopf.
    „ Ist schon gut. Ist ok“, murmelte sie mit erstickter Stimme, verließ die Baracke und schloss leise die Tür hinter sich.
    In dem Moment war alles, was Thomas fühlte, Erleichterung. Er ließ sich auf den Rücken fallen und schloss die Augen. Doch das beständige Klopfen des Regens auf das Blechdach der Baracke nervte ihn und ließ den Schlaf einfach nicht kommen. Kurzerhand riss er die Filter von zwei Zigaretten ab und stopfte sie sich in die Ohren. Das war besser. Viel besser.
     

     

     

    Als Lea zurück kam, lag Enza auf dem Rücken ihres Bettlagers und schlief bereits. Die Ohrhörer ihres iPods hatte sie sich fest in die Ohren gestopft und ihre Füße lagen auf dem Rucksack. Lea rollte sich auf ihrem Bett zusammen und ließ den Tränen freien Lauf, die sie bis jetzt hatte zurückhalten können. Ihr ganzer Brustkorb bebte vor Schluchzern. Das war’s. Sie war benutzt und dann weggeworfen worden. Mit einem Mal versiegten die Tränen jedoch. Trotzig setzte sie sich auf. Enza hatte recht. Sie musste aufhören, sich wie ein Opferlamm zu benehmen, dann würden andere sie auch nicht länger so behandeln. Ab heute war Schluss damit. Energisch wischte sie sich die Tränen ab. Wer war dieser Thomas schon. Welche Art Mann tut so etwas? Doch nur die ganz großen Arschlöcher. Die ohne Selbstbewusstsein. Sie hatte ihn gevögelt. Immerhin. Morgen würde sie so tun, als sei nichts geschehen. Sie würde ihm zeigen, dass es für sie nichts weiter als ein Fick war. Genau wie für ihn.
    Enza stöhnte im Schlaf und wälzte sich unruhig auf ihrer Matratze herum. Offensichtlich plagten sie Alpträume. Was war nur los mit ihr? Lea durchschaute die Frau nicht. Sie gab sich so hart und unnachgiebig und dennoch schien da ein romantischer Kern in ihr zu stecken. Nein, romantisch war das falsche Wort. Leidenschaftlich. Das war es. Aber eine düstere, ungesunde Leidenschaft, die einen verzehrt. Irgendwas hatte Enza zu verbergen, das spürte Lea ganz genau, in so etwas war sie gut. Sie konnte Menschen fühlen. Es war wie eine Art Aura, die sie umgab. Eine Aura, die sie nicht sah, sondern die Lea berührte, sobald sie sich einem Menschen physisch näherte. Lea konnte diese Aura nicht immer spüren. Meistens nur dann, wenn sie dem Menschen nicht selbst emotional besonders verbunden war und ihn aus der Distanz begreifen konnte. Sobald ihre eigenen Gefühle ins Spiel kamen, trübte sich das Bild und sie verstrickte sich zu sehr in den eigenen Empfindungen. Plötzlich wimmerte Enza und strampelte mit den Beinen. Dabei stieß sie den Rucksack auf den Boden. Leas erster Impuls war es, ihn aufzuheben und wieder unter Enzas Füße zu schieben, doch als sie ihn in Händen hielt, siegte die Neugierde. Heute Nacht war sie bereit, unartig sein zu sein. Sie wollte wissen, welches Geheimnis sich in diesem Rucksack verbarg, dass Enza so darauf bedacht war, ihn zu hüten wie ein kostbares Kleinod. Sie versicherte sich, dass Enza auch wirklich schlief und schlich dann mit dem Rucksack nach draußen.
    Der Regen ließ langsam nach und war zu einem Nieseln übergegangen. Lea ließ sich auf den Boden sinken und durchstöberte den Rucksack vorsichtig nach dem, was Enza vor ihr zu verbergen versucht hatte. Mehrere Paar Socken, einige Schokoriegel und ein Taschenspiegel hatte sie bereits hervorgeholt, als ihr ein Umschlag mit Fotos in die Hände fiel.
    Sie öffnete den Umschlag und betrachtete die Fotografien. Was sie sah, ging über ihren Verstand. Sie konnte es einfach nicht begreifen, zu monströs waren die Abbildungen, die sie zu Gesicht bekam. Da es zu dunkel war, um Details zu erkennen, glaubte Lea ihre Augen spielten ihr einen Streich. Der Regen hatte gänzlich aufgehört und einen Augenblick lang herrschte absolute Stille. Die Regenwolken waren verschwunden und gaben nun den Blick auf einen klaren, sternenübersäten Himmel frei. Große Pfützen hatten sich überall im Camp gebildet, die wie kleine Seen im fahlen Mondlicht der Nacht glitzerten. Doch plötzlich passierte etwas

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