Urod - Die Quelle (German Edition)
Besonderen Fund gestoßen waren. Nächtelang haben wir gestritten, wie es zu interpretieren sei. Wir waren so aufgeregt. Es war fantastisch. Und dann haben wir gesprengt und alles hat sich verändert. Und mit einem Mal wusste ich, was das Fries uns wirklich erzählen will..."
„ Und was? Was erzählt es denn?" fragte Sebastian angriffslustig.
„ Ich kann natürlich nur mutmaßen, aber ich habe mich wochenlang immer wieder damit beschäftigt und glaube, dass die Quelle vor etwa dreitausend Jahren schon einmal aktiv war. Die Thraker haben hier eine heilige Stätte errichtet. Sie dachten, dass ihre beiden Gottheiten ihnen ein Zeichen gesandt haben. Und dann kam der Regen. Die üppigen Bäume hier auf diesem Bild. Seht ihr? Genau wie heute. Damals begannen die Veränderungen. Hier!" Er wies auf das Bild, das einen Mann zeigte, der sein Pferd trug. „Die Menschen wurden stärker. Doch dann veränderten sie sich weiter. Immer mehr. Sie wurden zu Urods." Er zeigte auf das Bild, von dem die Studenten dachten, es ein Bild Pans. „Und der Künstler, der das Fries gestaltet hat, ist nicht mehr dazu gekommen, es zu beenden."
Sebastian schlug mit der Faust durch die Luft und fiel Drago ins Wort.
„ Und jetzt erleben wir so was wie die Rache der Thraker? Kommt schon! Das kann doch nicht euer Ernst sein?“
Er blickte zu Thomas, Enza und Viola, doch sie schienen seine Zweifel nicht zu teilen.
„ Das entbehrt doch jeder logischen Grundlage.“
Thomas stellte sich ihm gegenüber und stemmte die Hände in die Hüften.
„ Dann erklär' mir doch bitte mal, wie die beiden es geschafft haben sollen, alle Mitarbeiter, inklusive Harris, von hier wegzuschaffen, den Torso zu verunstalten und Drago so zu präparieren, dass er aussieht, wie… Wie er eben aussieht. CGI – oder was? Ich kann es ja auch kaum glauben, aber eine andere Erklärung gibt es nicht! Und dann das Fries. Dragos Erklärung klingt für mich absolut einleuchtend. Es muss schon einmal passiert sein. Vor tausenden von Jahren.“
„ Ich gebe zu, dass ich daran noch arbeite, aber das Ganze ist einfach zu verrückt“, ließ Sebastian verlauten.
„ Ich glaube ihnen.“ Enza war immer noch sehr blass, aber sie wirkte gefasst und entschlossen. „Das würde auf jeden Fall erklären, warum Nicole mich nicht sehen wollte und diesen… Ausweg gewählt hat.“
Drago und Miles hatten ihre Köpfe erhoben.
„ Du kennst Nicole? Was… was ist aus ihr geworden?“ fragte Miles begierig.
„ Sie ist tot. Selbstmord“, sagte Enza kurz angebunden.
Drago und Miles atmeten erleichtert aus. Enza wirkte befremdet, dann zornig.
„ Wieso, was wisst ihr darüber?“
Drago zögerte, zu antworten. Ihm war nicht entgangen, dass Enza offensichtlich eine enge Beziehung zu der Dozentin gehabt hatte.
„ Unmittelbar nach der Sprengung konnten wir es noch gar nicht hören, aber das Geräusch muss bereits da gewesen sein. Das erste Anzeichen waren die Fledermäuse. Wenn es dunkel wurde kamen sie zu Hunderten aus den Felsen, auf der Suche nach Nahrung. Aber an jenem Abend verflogen sie sich. Sie stießen überall an, fielen zu Boden und hatten vollkommen die Orientierung verloren. Der Schall, nach dem sie sich normalerweise ausrichteten, schien irgendwie gestört zu sein. Wir waren ratlos und wussten überhaupt nicht, was das zu bedeuten hatte. Am nächsten Tag dann hörten wir es. Zuerst ganz leise. Einige von uns reagierten sehr stark auf dieses Geräusch. Miles' Vater zum Beispiel. Er war regelrecht besessen davon, herauszufinden, woher es kam. Und so hat er die Quelle entdeckt, von der er sich gar nicht mehr trennen wollte. Ich wusste sofort intuitiv, dass damit etwas nicht stimmte. Dann fand ich jede Menge toter Insekten. Sie schienen das Geräusch nicht überleben zu können. Es tötete sie. Ich versiegelte mir die Ohren und flehte die anderen an, es ebenfalls zu tun, doch sie hörten nicht auf mich. Außer Nicole. Bei mir und ihr wirkte das Geräusch nicht so stark. Wieso kann ich nicht sagen. Gemeinsam versuchten wir herauszufinden, was vor sich ging. Und so analysierten wir das Fries und konnten uns in etwa denken, was passieren würde. Die physischen Veränderungen waren nun nicht mehr zu übersehen. Einige verließen die Quelle gar nicht mehr. Wie unter Zwang hielten sie sich ständig in deren Nähe auf. Diese Leute haben sich am schnellsten und heftigsten verändert. Dann setzte der Regen ein. Er schien die Urods zu verwirren, weil sie das Geräusch dann nicht mehr
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