Urod - Die Quelle (German Edition)
paar Kerzen auf den Tisch. Dann schmiss er eine Tüte mit Watte hinterher.
„ Der Regen hört gleich auf. Also bedient euch!“
„ Ich hab' meine eigenen Ohrenstopfen“, sagte Sebastian und wedelte mit seinem Tütchen voller gelber Ohrstöpsel.
Miles schüttelte den Kopf.
„ Nehmt lieber das Wachs. Ist sicherer“, erwiderte er nüchtern.
Drago hatte die kleine Wetterstation in Augenschein genommen und stieß einen bulgarischen Fluch aus.
„ Es wird warm!“
Er fluchte erneut.
„ Was ist daran denn so schlecht. Mein Gott, hier ist alles so feucht, dass einem Pilze aus dem Arsch wachsen könnten. Und kalt ist es außerdem. Ein bisschen Wärme wird uns gut tun“, sagte Sebastian.
„ Wenn es zu heiß wird, schmilzt das Wachs irgendwann und wir müssen die Pfropfen erneuern. Das kostet uns nur wertvolle Zeit,“ erklärte Miles ihm.
„ Und wie machen wir das, wenn wir da draußen sind? Sobald wir die Pfropfen nicht mehr im Ohr haben, hören wir doch was. Sollen wir nicht lieber warten, bis es wieder regnet?“ stammelte Viola besorgt.
Das war den anderen noch gar nicht in den Sinn gekommen. Natürlich! So wie Drago es beschrieben hatte, war die Gefahr, das Geräusch auch nur zufällig zu hören, groß. Es war allgegenwärtig und man konnte sich kaum dagegen schützen. Das Ohr hörte, ob man wollte oder nicht. Es ließ sich nicht verschließen wie Augen oder Mund. Wer auch immer die Idee gehabt hatte, das, was die Metamorphose auslöste per Schallwellen zu transportieren, der war brillant, dachte Enza.
Allein Miles schüttelte den Kopf.
„ Erstens sieht es so aus, als würde das gute Wetter eine Weile anhalten und zweitens müssen wir schnell handeln. Hier herumzusitzen und zu warten, bis die Urods sich zusammenrotten, um uns anzugreifen, ist 'ne ziemlich bescheuerte Idee.“
„ Ja, aber sich das Geräusch anzuhören und sich selbst in ein Monstrum zu verwandeln, ist der absolute Spitzen-Plan, oder was?“ feixte Sebastian.
„ Es gibt eine Möglichkeit, das Geräusch zu neutralisieren. Die Glocken.“ bemerkte Miles. „Wir nehmen sie mit und falls wir die Pfropfen erneuern müssen, was ich nicht hoffe, werden sie uns dabei helfen. Drago und ich haben es ausprobiert. Es funktioniert“, fügte er hinzu, als er die skeptischen Gesichter der Studenten sah.
Obwohl es noch regnete drangen bereits die ersten Sonnenstrahlen ins Zimmer und verwandelten den Raum in einen freundlichen Ort. Die Idylle war zwar trügerisch, vermochte es aber dennoch die Stimmung anzuheben. Die Sonne gab ihnen neue Kraft.
„ Wir müssen uns beeilen!“ sagte Drago.
Er stapfte zum Tisch und schnappte sich die Tüte mit der Watte, die er zerfaserte, mit dem weichen Wachs der Kerzen mischte und dann zwischen Daumen und Zeigefinger zwei Kugeln daraus formte. Danach stopfte er sich die Masse in die Ohren und hielt eine Weile seinen Finger darauf, sodass sie auch wirklich versiegelt waren. Er sah die anderen auffordernd an.
Miles tat es ihm nach. Auch Enza und Thomas brachten die Sache schnell hinter sich. Miles und Drago kontrollierten anschließend, ob sie auch alles richtig gemacht hatten. Viola, die von der schmutzigen Watte angewidert war, drückte sich mit spitzen Fingern die Knäuel ins Ohr. Miles half ein bisschen nach, um die Ohren auch fest zu versiegeln. Als Letzter folgte Sebastian. Als Drago überprüfen wollte, ob auch bei ihm alles fest saß, schlug Sebastian ihm die Hände weg.
„ Finger weg, du Perverser!“
Einem Reflex folgend zückte Drago blitzschnell seinen Speer mit der geschliffenen Spitzkelle. Keiner der anderen hatte überhaupt gesehen, wie er danach gegriffen hatte. Er hielt ihn Sebastian vor das Gesicht, der gar nicht wusste, wie ihm geschah. Thomas stellte sich zwischen die beiden.
„ Ganz ruhig, ok! Wir ziehen hier alle an einem Strang!“
Drago atmete hörbar aus und ließ die Waffe sinken. Thomas' Hände, die er instinktiv zu Fäusten geballt hatte, entspannten sich ebenfalls. Aber Sebastian war wütend.
„ Wofür hält der sich? Sind wir hier im Wilden Westen, oder was?!“
Sebastians Ärger konnte die anderen jedoch nicht täuschen. Sie konnten nicht hören, was genau er gesagt hatte, aber die Angst, die er empfunden hatte, war ihm deutlich anzusehen.
„ Lass ihn einfach nachsehen, ob alles richtig sitzt. Das ist wichtig, Schatz!“ bat Viola mit sehr lauter Stimme, da sie sich selber kaum verstehen konnte.
Sebastian hörte sie allerdings und lenkte daraufhin ein, ließ sich
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