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v204640

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Titel: v204640 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Calaverno
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– bald, aber nicht jetzt.

Kapitel 8:
Angst vorm Fliegen
    Am späten Vormittag ging ich auf die Knie. Um meinen leider recht mickrigen Bishop of Llandaff herum rodete ich mit Genuss die geradezu ordinär stinkenden Tagetes in giftigem Gelb, die ich im Frühjahr von Frau Stegmaier großzügig über den Zaun gereicht bekommen hatte. Weil sie doch so schön zu meiner roten Dahlie passten. Ich würde die Schnecken als Schuldige vorschieben, sollte sie sich nach ihrem Verbleib erkundigen. Das Pflanzergebnis wirkte bedeutend distinguierter, vielleicht eine Spur zu düster. Ich würde es mit Schleierkraut oder ein paar kleinblütigen, weißen Pelargonien aufhellen. Heute aber nicht mehr. Wie immer war mir im Garten die Zeit davongelaufen.
    Markus hatte sich für den Nachmittag mit mir verabredet, recht geheimnisvoll. Auch bohrendes Nachfragen führte zu keinem Ergebnis und so beschloss ich, mich trotz leiser Bedenken überraschen zu lassen. Ich sollte Jeans und Sportschuhe anziehen. Alles andere als ein Sportfan hoffte ich inständig, dass er nicht etwas Schweißtreibendes geplant hatte. Ich suchte meine leichteste Sommerjeans aus der noch nicht gebügelten Wäsche. Ein Paar Sportschuhe fand ich bei meiner Tochter. Sie hatte sich strikt geweigert, »die alten Treter« in die Ferien mitzunehmen. Auch bei der Unterwäsche verzichtete ich auf Frivolität und suchte aus den hinteren Schubladenbereichen mein belastbarstes Modell heraus. Der Wetterbericht hatte einen traumhaften Tag versprochen. Trotzdem nahm ich ein Flanellhemd für den Abend mit.
    Markus holte mich direkt vor der Haustür ab. Diesmal nicht mit dem geliehenen Angeberschlitten, sondern mit seinem alten VW. Wir fuhren in die gestrige Richtung.
    »Fahren wir wieder zu Wanda?«, wollte ich wissen.
    Er lachte. »Hast du noch nicht genug? Nein, zweimal das Gleiche hintereinander wäre doch langweilig.«
    Er blinzelte mir verschwörerisch zu und tätschelte meinen Schenkel. Ohne Vorwarnung bremste er plötzlich und fuhr auf einen durch ein blaues Schild ausgewiesenen Wanderparkplatz. Wenn Markus jetzt tatsächlich spießig-sportliche Aktivitäten im Sinn hatte, schoss es mir durch den Kopf, konnte er sich alleine die Seele aus dem Leib rennen. Darauf hatte ich keine Lust. Er machte keine Anstalten auszusteigen, sondern kramte hinter seinem Sitz herum. Er zog ein Päckchen hervor und wandte sich damit mir zu. Im ersten Moment erwartete ich eine Spielart von Autosex am helllichten Tag. Er umfing mein Gesicht mit beiden Händen und ich schloss die Augen in der Erwartung, geküsst zu werden. Er strich leicht und zärtlich mit geschlossenen Lippen über meinen Mund und schüttelte mich dann leicht.
    »Dafür haben wir jetzt keine Zeit, meine Schöne. Vertraust du mir?«
    Sein Tonfall beunruhigte mich. Ich riss die Augen auf und starrte ihm ins Gesicht. Es verriet keine Gefahr. Die grauen Augen waren gegen die Sonnenstrahlen leicht zusammengekniffen, der Mund entspannt. Auf dem Nasenrücken schälte sich ein kleiner Sonnenbrand. Er hatte sich frisch rasiert, die Haut war noch leicht gerötet. Er strich sich eine dunkle Haarsträhne aus der Stirn und hob in stummer Wiederholung seiner Frage die Brauen. Ich nickte, strich ihm mit zwei Fingern über die Wange. Er fing sie ein, küsste sie flüchtig und drückte dann einen Kuss in meine Handfläche.
    »Danke, Amanda. Setz die Maske auf und atme tief ein.«
    Er zog eine Atemmaske hervor und hielt sie mir über Nase und Mund. Er wollte mich betäuben! Unwillkürlich versuchte ich, das Gerät wegzuschlagen, doch er war stärker. Es ging unvorstellbar schnell. Es ging schneller, als ich es verstehen konnte. Da war nur noch Schwärze und Nichts. Es war nicht wie Einschlafen. Ich glitt nicht etwa langsam hinüber, wie auf einem Segelboot auf einer ruhigen Wasserfläche. Die Betäubung war mehr wie ein freier Fall, abrupt, schlagartig. In einem Moment war ich noch voll da – im nächsten war ich ausgelöscht.
    Das Schockierende der Situation wurde mir erst bewusst, als ich wieder wach war. Mein Bewusstsein kehrte genauso schlagartig wieder, wie es sich aufgelöst hatte. Ich lag auf dem Rücken, mein trüber Blick fiel auf eine Metallkuppel über mir. Der Boden unter mir vibrierte, schüttelte mich kräftig durch. Träumte ich, halluzinierte ich? Wo war ich? Vorsichtig drehte ich den Kopf zur Seite. Das ging gut. Die Umgebung schien real zu sein. Ich konnte sie bloß nicht einordnen. Wie bei diesen Rätselbildern, auf denen ein

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