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schierer Körperlichkeit.
Aus meinem Halbdämmern tauchte ich erst wieder auf, als Hände behutsam meinen Kopf zur Seite drehten, um mir die Schnalle des Knebelbandes zu lösen. Erleichtert spuckte ich die Kugel aus, war aber zu erschöpft, um die Augen zu öffnen. Sanfte Hände wischten mit feuchten Tüchern über mein ausgebranntes Geschlecht, löschten die letzten Reste der Glut und entfernten die Asche. Dieselben Hände schnallten meine Beine los, hoben sie von den Fußstützen und lösten die Klettverschlüsse um meine Handgelenke. Ich ließ alles mit mir geschehen wie eine Puppe, wehrte mich auch nicht, als Markus mich auf die Arme nahm wie ein Kind und sich, mit mir auf dem Schoß, in den Sessel hinterm Schreibtisch setzte. Er zog meinen Kopf an seine Brust und begann, mir Schultern und Rücken zu streicheln.
Keiner von uns sprach. Es ist schwer, jemandem Vorwürfe ins Gesicht zu schleudern, wenn er einen so liebevoll im Arm hält. Ich sog den Geruch seines Hemdes ein, vermischt mit seinem moschuswarmen Körperduft und einem Hauch Rasierwasser.
»Warum hast du das getan?«, murmelte ich mehr fragend als anklagend in seine Haut.
»Was meinst du? Dich Dr. Medicus zugespielt, dich hierher gebracht oder sein Geld genommen zu haben?«
»Alles.«
Er seufzte.
»Zuerst dachte ich, es wäre eine interessante Erfahrung für dich, Dr. Medicus kennen zu lernen. Er ist natürlich nicht wirklich Arzt. Aber er lebt die Rolle mit Leidenschaft. Normalerweise bringe ich ihn mit Frauen zusammen, die ihren Part kennen und bloß Theater spielen. Aber in deinem Fall – wieso sollte ich da nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? So konnte ich dir ich ein echtes Abenteuer verschaffen und ihm eine Traumpartnerin Zuspielen. Es war doch nicht schlimm? Er hat dir doch nicht wehgetan?«
Die Besorgnis in seiner Stimme klang echt und so schüttelte ich den Kopf. Ich hatte scheußliche Angst ausgestanden, die Manipulationen an meinen intimsten Körperstellen waren mir peinlich gewesen. Das Beschämendste aber war, dass es mich trotz allem so erregt hatte, dass ich, kaum dass Markus mich berührt hatte – explodiert war.
Er grinste. Plötzlich schoss mir ein furchtbarer Gedanke durch den Kopf und ich rief:
»Du hast doch nicht etwa zugesehen?«
Ich erinnerte mich mit beklemmender Deutlichkeit an jeden einzelnen Übergriff in und an meinem Körper und spürte, wie sich die Hitze über meine Wangen, bis tief ins Dekolleté ausbreitete. Das Grinsen verschwand schlagartig. Er sah mich ernsthaft an.
»Das würdest du mir echt übel nehmen, was? Nein, ich habe nicht zugeschaut. Ich schwöre. Das gehörte nicht zum Deal.«
Ich rutschte von seinem Schoß, klaubte meine Sachen zusammen und zog mich an. So glatt hatte sich meine Haut zwischen den Beinen seit meiner Kindheit nicht angefühlt. Ich presste meine Oberschenkel zusammen, um meinen neuen, samtweichen Schoß zu fühlen und genoss den Kontakt der empfindsamen Hautflächen.
»Weil du gerade von Geld sprichst: Wie viel war ich dem falschen Arzt denn wert?«
Ich hatte Markus bisher noch nicht erröten gesehen. Der Anblick tat mir ausgesprochen wohl. Diesen Moment seiner Unaufmerksamkeit ausnutzend, schnellte meine Hand vor und griff das Kuvert, das immer noch auf dem Schreibtisch lag. Darinnen lagen zehn Fünfzig-Euro-Scheine. Ich pfiff anerkennend.
»Das ist ja ein Bombengeschäft für dich. Und am Schluss darfst du sogar noch die Früchte von des Doktors Arbeit ernten.«
Ich zählte mit spitzen Fingern fünf Scheine ab und blätterte sie ihm auf den Tisch.
»Du hast ja sicher nichts dagegen, wenn ich mir meinen Anteil nehme.« Mit diesen Worten steckte ich den Umschlag in meine Handtasche, verließ das merkwürdige Praxiszimmer und trat, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, in den Korridor hinaus.
Auf dem Flur herrschte immer noch gähnende Leere – wie auf einer Behörde am Freitagnachmittag.
»Sei nicht sauer, meine Schöne. Ich wollte dich wirklich nicht kränken. Bitte verzeih mir.«
Markus lief in den Krankenhausgängen hektisch neben mir her. Ich blieb abrupt stehen und packte ihn wie ein unartiges Kind bei den Ohren. Wir starrten uns ins Gesicht wie Asterix und Obelix bei einer ihrer Auseinandersetzungen.
»Das sind unsere Spielchen, verstanden? Wenn du andere Leute mit einbeziehst, dann bring mich nie wieder in eine so wehrlose Lage. Sonst ist es unser letztes Spiel gewesen. Ich will nein sagen können und erwarte, dass es von dir akzeptiert wird.
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