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Bootshaus. Dahinter, von üppig bewachsenen Bäumen und Büschen geschützt, beleuchteten eine Unmenge rauchender Fackeln ein Holzpodest, ähnlich dem Siegertreppchen bei Sportwettbewerben. Davor standen, auf einer Terrasse aus Holzplanken, einige Bänke, auf denen bereits die Ersten Platz genommen hatten. Unsichtbare Helfer stellten neue Holzbänke hinzu. Da unsere Witwe keinerlei Anstalten unternommen hatte, uns abzuschütteln, blieben wir als Trio zusammen auf einer der hinteren Bankreihen. Mit einem Gongschlag eröffnete ein Auktionator, der am Fuße des Podests Platz bezogen hatte, die Veranstaltung. Er hätte in jedem Casting für Historienschinken als Bösewicht gute Chancen gehabt. Vermutlich hatte er seinen momentanen Job genau diesem Umstand zu verdanken. Dann begann die Versteigerung auch schon.
»Der erste Kandidat heute Abend: männlich, sehr kräftig, aber einfühlsam …«
Ich reckte meinen Hals, um besser sehen zu können. Der Auktionator, ein bulliger Kerl, trug ein ähnliches Kostüm wie die anderen Männer, allerdings mit einer langen Lederweste. In der Hand hielt er eine zusammengerollte Peitsche und einen Rohrstock. Um ihn herum sprangen zahlreiche Gehilfen. Eine zierliche Frau in einem formlosen Kittel stand neben ihm. Die kleine Sekretärin trug einen Stapel Papiere, in denen sie hastig blätterte. Im Bootshaus öffnete sich eine Tür und der Angekündigte wurde von zwei Helfern ruppig auf die unterste Stufe des Podests geführt. Dort blieb er stehen und die Menge gaffte ihn an. Es handelte sich um einen baumlangen, glänzend gebauten Schwarzen im Lendenschurz. Seine Muskeln schimmerten unter der eingeölten Haut. Um den Hals trug er einen nietenverstärkten Lederstreifen und seine Hände steckten in Metallreifen, die mit einer Kette verbunden waren. Seine Gesichtszüge waren karibisch-afrikanisch geprägt, tiefschwarz seine Haut, die Lippen wulstig und die Statur mächtig. Eine geradezu überwältigende Menge Mann. Ich schluckte. Peinlich berührt wandte ich den Blick ab. Die Witwe neben mir rutschte unruhig auf der Vorderkante der Bank hin und her. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sie sich abwesend die Lippen leckte. Ihr ganzer Körper schien sich magnetisch auf den Vorgeführten auszurichten. Ich erwartete jeden Moment ihr Gebot. Doch obwohl sie nervös ihre Finger verschränkte und wieder löste, rührte sie sich nicht.
»Ein wahres Prachtexemplar, meine Damen, wie für Ihre exotischsten Fantasien geschaffen.«
Schmierig grinsend tippte die Lederweste mit dem Rohrstock an den Mundwinkel des Schwarzen. Augenblicklich öffnete der gehorsam den Mund. Wie auf dem Pferdemarkt. Perfekte, elfenbeinfarbene Zahnreihen blitzten auf. Weder den Augen noch der Mimik des Schwarzen war auch nur eine Spur Gefühlsregung anzumerken. Wie mochte er sich fühlen? Verachtung war für seine Rolle nicht vorgesehen. Hinter der Maske der Gleichgültigkeit konnte sich alles verbergen. Gelang es ihm, sich von seiner Rolle innerlich zu distanzieren, sie als Part in einem Theaterstück zu sehen? Hatte er gewusst, worauf er sich einlassen würde, als er den Vertrag Unterzeichnete? Alles lief so routiniert ab, als sei es zig-mal geprobt worden. Ich hoffte für ihn, dass seine Gage hoch genug war, um ihn für diesen Auftritt zu entschädigen.
»Ehe Sie sich um ihn reißen, meine Damen, noch eine kleine Demonstration zu Ihrer Anregung …«, kündigte der Auktionator an.
Ein Wink – und zwei kleine Gehilfen kletterten affenartig flink auf das oberste Podest. Dahinter stand ein Gerüst, an dessen Spitze eine Seilwinde befestigt war. Ein Gehilfe griff nach einem am Seil hängenden Karabinerhaken und hakte ihn in die Armfesseln des Schwarzen ein. Sein Kollege betätigte die Winde. Langsam wurden die Arme hochgezogen, bis sie ganz nach oben gestreckt waren. Jeder Quadratzentimeter auf der Haut des Schwarzen glänzte. Meine Nachbarin sog leise zischend die Luft ein und jauchzte förmlich auf, als einer der Helfer mit einem Ruck den Lendenschurz des Schwarzen entfernte. Darunter hatten wir es – wie es das Klischee verlangte – mit einem echten Prachtexemplar zu tun. Mit einem Fingerschnippen brachte der Auktionator die kleine Sekretärin dazu, vor dem Sklaven niederzuknien. Sie umfasste den Penis mit beiden Händen und senkte den Kopf. Er gab keinen Laut von sich, aber die Wangenmuskeln zitterten und über der gespannten Oberlippe und an den Schläfen bildete sich ein Schweißfilm. Als die Dame den Kopf wieder hob,
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